Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Pascha

Kommissar Pascha

Titel: Kommissar Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Su Turhan
Vom Netzwerk:
geschwungenen Beinen plaziert. Darauf thronte ein auf Hochglanz polierter vergoldeter Samowar. Demirbilek vermutete, dass das Exemplar russischen Ursprungs war. Die goldverzierten Teegläser dagegen waren eindeutig türkischer Herkunft. Wäre er an einem Tatort in Istanbul, hätte er jetzt ebenso ein Glas, gefüllt mit heißem
çay,
in der Hand, dachte er und nahm auf der Ottomane Platz, um sich in Ruhe umzusehen. Erotische Wandbilder aus dem 19 . Jahrhundert mit halbverhüllten Schönheiten in saalgroßen Kachelbädern hingen an der Wand. Das Bett versprühte mit herrlichen Ornamenten im Holzrahmen orientalisches Flair. Den Baldachin und die vielen Kissen fand Demirbilek übertrieben. Stefan Tavuks Körper lugte dazwischen hervor. Wüsste der Kommissar nicht, dass der nackte Mann tot war, hätte er glauben können, er habe sich postkoitaler Müdigkeit hingegeben. Dann fielen ihm die aufgezogenen Gardinen an den Fenstern auf. Sie nahmen der Suite die gewünschte Wirkung. Es war zu hell. Demirbilek stand auf und probierte einige Konstellationen auf der Lichtschalterleiste aus, bis die Stimmung passte. Indirekte Beleuchtung durch zwei Stehlampen. Im Boden eingelassene Spots sorgten für das Gefühl, in einem Meer aus Licht zu schwimmen. Demirbilek setzte sich wieder und ließ den Raum auf sich wirken.
    Ohne anzuklopfen, betrat nach einer kurzen Weile eine etwa dreißigjährige Frau mit einem verbeulten Alukoffer den Raum. Gerichtsmedizinerin Dr. Sybille Ferner hatte blondes Haar, ein bezauberndes Gesicht mit engstehenden Augen und trug unter ihrem leichten Sommermantel eine geblümte Schlafanzughose. Verschlafen, wie sie wohl war, bemerkte sie den Kommissar nicht sofort.
    »Hallo, Sybille«, sprach Demirbilek sie an. »Gibst du mir noch ein paar Minuten?« Mit Blick auf die Schlafanzughose fragte er: »Haben wir dich aus einer Pyjamaparty geholt?«
    Erschrocken sah Dr. Ferner ihn an. »Du bist wirklich witzig, Zeki! Mach schnell. Ich will wieder ins Bett«, erwiderte sie todmüde und verließ den Raum, nicht ohne die Tür hinter sich zuzuknallen.
    Während er aufstand, murmelte Demirbilek ein
»bismillahirrahmanirrahim«
und säuberte mit den Händen symbolisch das Gesicht. Die Leiche bot einen grausamen Anblick. Die Reißnägel hingen in Stefan Tavuks leblosem Fleisch. Blut war über den Körper geflossen und hatte das Bettlaken durchtränkt.
    Er überflog die Anzahl der Stiche, die Anordnung der Zeichen kontrollierte er anhand der Skizze, die er bei sich hatte. Eindeutig. Es war dieselbe Botschaft –
Teufel.
Noch ein Teufel?, wunderte er sich. An einen Serientäter aber wollte er nicht glauben. Irgendetwas in ihm sträubte sich gegen diese Annahme.
    Da klopfte es leise. Demirbilek ignorierte die Störung und besah sich das Gesicht des Toten. Seine Augen waren geschlossen. Er wirkte erschöpft, nicht tot. Der Täter muss mit einer unglaublichen Kraft zugedrückt haben. Abdrücke am Hals waren zu erkennen. Der Kehlkopf, vermutete Demirbilek, war zerquetscht worden.
    Es klopfte erneut. Diesmal etwas lauter. Nach einem weiteren Moment wurde die Tür geöffnet. Im Türrahmen erschien Leipold, dahinter Cengiz, die versuchte, ihn zurückzuhalten. Demirbilek gab ihr ein Zeichen, ihn eintreten zu lassen.
    »Servus, Pius«, begrüßte ihn Demirbilek ein zweites Mal in derselben Nacht. »Komm, setz dich. Die Leiche stört dich nicht, oder?«
    Leipold nahm auf der Ottomane Platz und kramte einen Zigarillo aus einem Alu-Etui hervor.
    »Du warst hier, stimmt’s?«, konfrontierte ihn Demirbilek in gelassenem Ton mit seiner Vermutung.
    Leipold nestelte wieder nervös an seinem goldenen Ohrring, bis er schließlich fragte: »Wie kommst du auf so einen Blödsinn?«
    »Wäre mir neu, dass du als Familienoberhaupt den Großeinkauf alleine machst. Ihr Bayern seid im Grunde nicht viel anders als wir Türken. Emanzipation hin oder her. Ein türkischer Mann denkt gar nicht ans Einkaufen. Höchstens, wenn es um die Anschaffung elektronischer Geräte oder eines Autos geht.«
    »Der Türke an sich ist also wie der Bayer? Du musst es ja wissen, Zeki. Du bist ja halb Türke, halb Münchner, stimmt’s?«, kommentierte Leipold mit einem ironischen Lächeln.
    Demirbilek grinste zurück. Nein, du provozierst mich nicht, sagte er sich und fuhr in ruhigem Ton fort. »Bedenkt man, dass es in der Gegend außer dem Puff nicht viele Möglichkeiten gibt, wo man nachts hingehen kann … Pass auf, Pius. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du mit dem

Weitere Kostenlose Bücher