Kommissar Pascha
aus den Untiefen seiner Seele und schleuderte die Satellitenschüssel von sich.
Der Kommissar vergewisserte sich, dass niemand zu Schaden gekommen war. Nach dem Ausbruch schien sich der Mann wohler zu fühlen. Gefasst setzte er sich auf den Plastikstuhl an den Campingtisch, Demirbilek nahm ihm gegenüber Platz.
Bereits das zweite Mal in zwei Tagen kondolierte er in seiner Muttersprache. Ali Karaboncuk nickte dankend und zündete eine Zigarette an. Der Mann nahm einen tiefen Zug und sagte dann: »Diese Frau ist am Tod meines Bruders schuld,
Komiser Bey.
« Ohne dass er einen Namen nannte, wusste Demirbilek, dass abermals Gül Güzeloğlu in den Ermittlungen auftauchte. Es wurde allerhöchste Zeit, die Frau kennenzulernen, beschloss er und hörte aufmerksam zu.
Nach dem Gespräch rannte Demirbilek die Treppen zu Fuß hinunter. Er verließ das Haus und spurtete los, um die Trambahn Richtung Grünwald zu erwischen.
Vierkant war derart in ihre Aufzeichnungen vertieft, dass sie ihren Chef erst bemerkte, als dieser schon ein Stück die Straße entlanggelaufen war. Sie sprang auf und rief nach ihm. Doch Demirbilek hörte seine Kollegin nicht. Er stieg in den hinteren Waggon und starrte aus dem rückwärtigen Fenster hinaus. Beim rhythmischen Tuckern der Trambahn ließ er sich Ali Karaboncuks aufschlussreiche Aussage durch den Kopf gehen. Dann holte er das Handy heraus und rief Vierkant an. Es klingelte mehrfach. Doch sie hob nicht ab. Mit dem Handy noch am Ohr sah er durch das Fenster, wie ein Wagen auf der Grünwalder Straße nach einem gewagten Überholmanöver parallel neben der Trambahn weiterfuhr. Vierkant winkte aus dem Wagen. Demirbilek legte auf und schüttelte den Kopf.
An der nächsten Haltestelle stieg Demirbilek aus und setzte sich neben Vierkant ins Auto.
»Die Telefonnummer, die Ali … also der Bruder, angerufen hat …«, begann sie.
»… gehört Süleyman Güzeloğlus Tochter Gül«, vollendete er ihren Satz.
»Ja, genau«, erwiderte sie erstaunt.
Während sie am Trainingsgelände von 1860 München vorbeifuhren, beobachtete Demirbilek die Mannschaft, die sich gerade aufwärmte. Wird Zeit, dass die 60 er endlich wieder in die erste Bundesliga aufsteigen, dachte er. Seit Jahren gab es kein anständiges Lokalderby mehr.
»Dann sollten wir die Frau kennenlernen.«
»Waren Sie auf dem Weg zu ihr?«
»Ja.«
»Oh«, meinte Vierkant überrascht und konzentrierte sich auf die Straße, während Demirbilek ihr die Neuigkeit mitteilte, dass der Tote aus dem Eisbach ein Verhältnis mit Gül Güzeloğlu gehabt haben soll.
[home]
31
D emirbilek ließ Vierkant an dem Haus der Güzeloğlus vorbeifahren und einige Meter entfernt parken. Er wollte sich umschauen, bevor sie klingelten. Cengiz hatte recht, dachte er, als er das Haus der Unternehmerfamilie in der Nähe der Großhesseloher Brücke sah. Es war wirklich schön in seiner Einfachheit. Zweistöckig, in hellen Farben gehalten, mit Giebeldach und einer geräumigen Terrasse, die von einem Rosenbeet umgeben war. Zwei Garagen befanden sich seitlich direkt neben dem Gartenhäuschen. Die Güzeloğlus wohnten alles andere als protzig, auch wenn Größe und Anmutung das repräsentative Heim einer wohlhabenden Familie darstellten. In Istanbul wäre es mit einem derart bescheidenen Anwesen nicht getan. Da hätte der Unternehmer wegen seines Ansehens mindestens eine vierstöckige Villa sein Eigen nennen müssen, am besten in teuerster Lage am Goldenen Horn.
In diesem Moment kam Demirbilek ein Gedanke. Im Auto wählte er Wenigers Nummer und bat ihn, sein Kommen bei dem Unternehmer anzukündigen. In einer halben Stunde, log er seinen Chef an, könnten sie bei ihm sein. Weniger wunderte sich, warum er nicht selbst anrief. Demirbilek erklärte, dass es ein Zeichen des Respekts sei, wenn er als sein Chef ihn, also seinen Untergebenen, ankündigte. Der Kommissariatsleiter bemerkte erfreut, dass der Sonderdezernatsleiter sein türkisches Wesen mit in die Ermittlung einfließen ließ. Nach drei Minuten rief er zurück und verkündete, dass der Arzt von Herrn Güzeloğlu zwar gerade da sei, er sich aber dennoch freue, ihn in seinem Haus begrüßen zu dürfen.
Vierkant verzog skeptisch das Gesicht, aber Demirbilek kontrollierte die Uhrzeit auf der digitalen Anzeige im Auto und sagte dann: »Wir gehen ein wenig spazieren.«
Es war früher Nachmittag. Sie wurden von sommerlich gekleideten Frauen und Männern auf dem Weg zum Biergarten überholt. Die Menterschwaige
Weitere Kostenlose Bücher