Kommissar Steen 01 - Unruhe
setzten sich unter dem Vordach auf eine Kiste.
»Er erinnert ein bisschen an dich, ganz schöner Brocken, gehörte nicht hierher, hatte sich aber ein bisschen so als ob zurechtgemacht. Journalist, ha!«, sagte Arne.
»Was soll das heißen?«
»Ja, Journalisten, das seid ihr immer alle, dass ich nicht lache. Vielleicht seid ihr auch nur Bullen in Verkleidung.«
Der schwarze Arne schien jetzt völlig nüchtern. Es war ihm sicherlich völlig egal, was Axel eigentlich war, solange es Bier und obendrauf noch einen Joint gab und kein Risiko bestand, Ärger zu kriegen.
»Du bekommst mehr mit, als man meint. Was hat er zu dir gesagt?«
»Er sagte, ich solle mich verpissen, also bin ich abgezogen. Er war nicht besonders nett, er hat mich auf eine Art angesehen, dass ich mich lieber gleich aus dem Staub gemacht habe.
»Wie meinst du das?«
»Er sah aus, als würde es sehr wehtun, wenn ich nicht das tat, worum er mich so höflich gebeten hatte.«
»Wie sah er aus?«
Der schwarze Arne beschrieb einen Mann in Axels Größe mit Kapuzensweater, schwarzen Militärstiefeln, Bartstoppeln. Es war unmöglich zu sagen, ob er lange oder kurze Haare hatte, aber Arne war sich jedenfalls sicher, dass er schon Haare hatte.
»Ich habe einen Namen gehört, als ich auf dem Rückzug war. Der junge Kerl fragte, ob er Martin heißt.«
Auf dem Weg in die Stadt klingelte sein Handy. Es war Frank Jensen, sein alter Kollege aus Skopje.
»Deine Nachricht ist angekommen. Ich habe tatsächlich etwas für dich, aber das darf auf keinen Fall weitergegeben werden.«
»Klar.«
»Letzten Herbst tauchten hier zwei PET -Leute auf, für die ich Unterkunft und Auto besorgen und die ich zur Gesamtlage hier unten briefen musste. Beim ersten Mal blieben sie vier Tage lang, beim zweiten Mal einen, das war im Januar.«
»Lass mich raten! Kettler und Henriette Nielsen.«
»Stimmt auffallend, das heißt, beim zweiten Mal waren sie zu dritt. Da war noch so ein gelackter Juristentyp, der die ganze Zeit über zwinkerte, als hätte er etwas im Auge.«
»Er heißt Jens Jessen. Das sind nur Tics.«
»Ja, genau. Über den Grund ihres Besuchs haben sie sich ausgeschwiegen, aber sie wohnten im Eurohotel außerhalb von Skopje, und sie haben den Wagen intensiv genutzt – jeden Tag nach Tetovo hin und zurück, würde ich mal sagen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil die örtliche Polizei da oben ein paar Mal ihre Papiere kontrolliert und mich in diesem Zusammenhang kontaktiert hat, ohne dass sie es wussten.«
»Was ist mit Enver Davidi, haben sie nach ihm gefragt?«
»Nein, sie waren sehr auf Geheimhaltung bedacht.«
»Wie haben sich die PET -Leute so verhalten?«
»Verhalten? So, wie sich diese Leute eben verhalten, selbstsicher auf eine etwas unfreiwillig komische Art, ohne jedes Gespür dafür, wo sie sich befinden. Aber diese Henriette Nielsen …«
»Was ist mit ihr?«
»Sie hat mich seitdem viele Male besucht.«
»Was?«
»In meinen Träumen. Feuchten Träumen. Ich liebe groß gewachsene Frauen. Und sie war ganz entschieden die sympathischste von den dreien.«
»Du hast dich nicht verändert. Was glaubst du, was sie bei euch wollten?«
»Ich glaube, sie haben versucht, einen Agenten oder so was anzuwerben, um den Drogenhandel in Dänemark zu infiltrieren. Und nach dem, was du erzählst, kann es durchaus Enver Davidi gewesen sein.«
Das Puzzle setzte sich zusammen.
36
Es war schon dunkel, als er Richtung Rentemestervej fuhr. Eigentlich ging es über den Åboulevarden am schnellsten, aber Axel musste noch sein Auto holen, und außerdem genoss er es jedes Mal, über die Dronning Louises Bro nach Nørrebro zu kommen. Die acht großen Glaskuppeln erleuchteten die Brücke, die Wimpel gaben im Wind scharfe Schnalzlaute von sich. Er blickte hinauf zu den Leuchtreklamen. Über der Gebäudefassade auf der rechten Seite, am Sortedams Sø, legte das Irmahühnchen seine nostalgischen Neoneier. Grüne, rote, weiße.
Vor ihm lag die Nørrebrogade wie eine Schlucht in der Häuserreihe, eine Öffnung in einem massiven Körper aus Stein und Stahl, Asphalt und Häusern, Hinterhöfen und Verstecken. Seine Stadt. Leben und Licht.
Er trat in die Pedale und ließ sich in den funkelnden Korridor saugen, blendende Autoscheinwerfer, erleuchtete Busse, Blaulicht und Hunderte kleine Blinklichter von den Diodenleuchten der Fahrräder, umgeben von den grellen Schildern der 24-Stunden-Kioske, Bars und Kneipen. Benzingestank vermischte sich mit dem Duft nach Zimt,
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