Kommissar Steen 01 - Unruhe
zurück, einer Softgun-Version seiner Heckler & Koch USP Compact.
»Hast du so eine … in echt?«, fragte der Junge.
»Ja.«
»Darf ich die sehen?«
»Ich habe sie nicht dabei.«
»Hast du schon mal damit auf jemanden geschossen?«
»Ja.«
»Hast du ihn erschossen?«
Axel log.
»Nein.«
»Ein Freund von mir hat ein AK 47, das ist total cool.«
Laila folgte dem Jungen in den Flur.
Axel sah ihr nach.
Sie drehte sich auf der ersten Treppenstufe um.
»Bleibst du noch?«
»Ja. Ich bleibe.«
Axel sah aus dem Wohnzimmerfenster in den Vorgarten. Die Straßenlaternen beleuchteten einen schwachen Abendnebel, die Straße lag ruhig da. Bewegungen und Schatten von brennenden Kerzenlichtern waren nur in den gelben Fenstern der Villa gegenüber zu sehen. Wusste sie, wie anziehend sie auf ihn wirkte? Sie war schön auf eine einfache und sinnliche, unaffektierte Art, nahm kein Blatt vor den Mund und sah ihm auf eine Weise in die Augen, die Lust in ihm weckte. In ihr erkannte er etwas von seinem eigenen Kummer, erkannte den Schmerz wieder, die Sehnsucht danach, zu jemandem zu gehören. Gleichzeitig trug sie den gesamten Fall in sich. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie auf die eine oder andere Weise den Schlüssel in der Hand hielt, ob sie es nun wusste oder nicht. Er musste versuchen, sich ihr gegenüber zurückzuhalten, bis er alle Zusammenhänge kannte. Dieses Versprechen gab er sich.
Als sie die Treppe herunter und in den Flur kam, stand er noch immer am Fenster und sah auf die Straße, die im schummrigen, gelben Licht dalag. Sie hatte den Sweater ausgezogen, obwohl es kühl war. Ein weißes Baumwoll-T-Shirt, ein hellbrauner Ledergürtel mit kleinen Nieten und Löchern, darüber ein kleiner Bauch.
»Passt du also jetzt auf mich auf?«, sagte sie ein wenig nachdenklich.
»Ja. Bist du damit nicht zufrieden?«
»Doch. Sehr.«
Ihr Gesicht öffnete sich wie eine Hand, die blauen Augen waren so dunkel, dass er ihren Blick beinahe nicht ertragen konnte. Das konnte sie offenbar auch nicht, denn sie griff sich an die Stirn und gab einen Laut von sich, der wie eine Mischung aus Seufzer und Kichern klang. Axel spürte die Müdigkeit plötzlich bis in die Beine, als würde alles in seinem Körper nach unten sacken, weil er einen Augenblick losließ und sich etwas anderem als der Ermittlung hingab.
Sie rettete ihn, indem sie in Richtung Straße nickte.
»Ist jemand hinter mir her?«
»Jetzt gerade nicht. Hier ist keine Menschenseele. Aber bei Moussas Jungs wäre ich mir nicht zu sicher. Die sind unberechenbar.«
»Schon komisch, ich kenne sie von Kindesbeinen an, ich habe ja viele Jahre im selben Viertel gewohnt. Und David und sein Bruder haben sicher mit ihnen gespielt.«
»Ja, eben. Deshalb glauben sie ja, du könntest etwas mit der Lieferung zu tun haben, die David angeblich bei sich hatte.«
»Das ist doch Blödsinn. Er war fertig mit diesem Mist.«
»Um ehrlich zu sein, glaube ich auch nicht wirklich daran.«
»Was meinst du damit?«
»Ich glaube nicht, dass er mit fünfzehn Kilo Kokain durch den Zoll gekommen wäre, aber es kann durchaus sein, dass die Typen vom Blågårds Plads das glauben. Und wenn sie glauben, dass es sich noch irgendwo hier befindet, werden sie Himmelund Hölle in Bewegung setzen, um es in die Finger zu bekommen.«
»Muss ich Angst haben?«
Sie sah nicht die Spur ängstlich aus, dennoch fragte sie, und Axel hatte das Gefühl, das Gespräch biege nun auf ein uraltes Gleis ein, das nur zu einer einzigen Endstation führte, und deshalb musste er versuchen, es wieder auf den richtigen Kurs zu bringen.
»Nicht jetzt. Nicht, wenn ich hier bin.«
»Aber was machst du eigentlich hier? Ich dachte, du leitest die Ermittlungen.«
»Das tue ich auch. Jedenfalls so weit, dass ich unsere beiden Leute nach Hause schicken und übernehmen konnte.«
»Es ist also keine Strafe für dich, hier zu sein?«
»Ich sehe es nicht als Strafe an.«
»Das ist gut. Ich werde tun, was ich kann, damit es sich auch nicht so anfühlt.«
Sie lächelte und blickte ihm fest in die Augen, und in seinem Magen öffnete sich ein Krater aus Begierde. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, jetzt waren keine zehn Zentimeter mehr zwischen ihnen. Es war falsch, aber es war zu gut, um wahr zu sein. Was hatte sein alter Chef immer gesagt? »Die Verdächtigen schnappen wir, die Hinterbliebenen trösten wir, die Zeugen bumsen wir.« Laila Hansen gehörte auf jeden Fall in zwei der drei Kategorien, aber Axel war
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