Kommissar Steen 01 - Unruhe
Straßenschlachten direkt auf der anderen Seite der Mauer gerade ihren Höhepunkt erreicht haben.«
»Und als deine Kollegen den Friedhof bewacht haben?«
»Ja. So kenne ich dich. Es ist eine ziemlich komplizierte Geschichte, aber ich verspreche dir, dass du sie bekommst, wenn ich die Bilder aus eurem Hubschrauber bekomme, oder was ihr sonst noch aus dem Umfeld des Tatorts habt.«
»Warte mal kurz, nicht so hastig. Wen habt ihr in Verdacht?«
»Mehr bekommst du erst, wenn wir einen Deal haben.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann. Ich weiß gar nicht, ob wir zu dem Zeitpunkt überhaupt in der Luft waren.«
»Ihr wart verdammt noch mal die ganze Nacht in der Luft.«
»Ja, aber es gab ja auch Krawalle am Christianshavn. Es kann gut sein, dass wir da draußen waren. Da brannte alles Mögliche.«
»Scheiß drauf, sieh zu, dass du diese Aufnahmen und ich eine Möglichkeit bekomme, sie mir anzusehen, dann füttere ich dich durch.«
»Darf ich verwenden, was du mir eben gesagt hast?«
»Ja. Ohne Quellenangabe.«
»Auch, dass die Leiche dort hingeschafft wurde, während die Polizei den ganzen Friedhof abgesperrt hatte?«
»Mach, was du willst. Ich kann dir das selbstständige Denken ja nicht verbieten.«
»Ich versuche, diese Bänder zu bekommen. Wann brauchst du sie ?«
»Vor fünf Minuten.«
»Du kannst sie dir nicht hier ansehen, das weißt du.«
»Ich habe meine Tochter am Wochenende, deshalb wäre es sowieso schwierig für mich, zu euch rauszukommen. Aber vielleicht kannst du ja heute Abend bei mir vorbeikommen, wenn sie im Bett ist?«
»Das klingt nach einer guten Idee.«
»Dann können wir sie uns zusammen ansehen.«
»Das klingt nach einer noch besseren Idee.«
Dorte Neergaard, burschikoses Mädchen, Adoptivkind aus Korea, ein paar Köpfe kleiner als er, voller rastloser Energie, immer extrem gut informiert. Sie hatte Quellen überall bei der Polizei, kannte Haschisch-Dealer im Freistaat und verurteilte Großkriminelle ebenso wie Sozialarbeiter. Sie wusste, wie man sich lieb Kind machte, bei jedem, auch bei ihm.
Axel öffnete die Heckklappe seines Wagens und nahm den Koffer heraus. Handschuhe und Asservatenbeutel. Die Hundestaffel der Spurensicherung war noch nicht eingetroffen. Der Vordersitz lockte, obwohl er wusste, dass der Schlaf hinter der nächsten Ecke lauerte. Er ließ sich hinter das Lenkrad sinken und schaltete das Radio ein.
»Vierundzwanzig Stunden nach der Räumung des Jugendzentrums ist in Nørrebro und Christianshavn alles ruhig … nach letzten offiziellen Zahlen der Polizei kam es zu zweihundertneunzehn Festnahmen. Die ersten sechsunddreißig Festgenommenen wurden bereits am Donnerstagabend und im Laufe der Nacht einem Richter zur Vernehmung vorgeführt, weitere fünfundzwanzig bis vierzig Vernehmungen werden heute Vormittag durchgeführt … Justizministerin Lene Espersen dazu: Es schadet dem Anliegen der jungen Menschen, dass sie weiterhin auf Gewalt und Zerstörung setzen. Dialog und friedliche Demonstrationen …«
Das vertraute Gefühl von Eiseskälte an der linken Seite des Kopfes oberhalb der Haargrenze stellte sich ein, wie eine Kühlflüssigkeit, die ins Gehirn sickerte und alles lähmte. Er saß da und beobachtete, wie die Dinge um ihn herum erstarrten und sich zurückzogen, das Armaturenbrett vor ihm, die Windschutzscheibe, der Kühler, der Weg und der Friedhof mit den laubnackten Bäumen und Büschen. Er schaffte es noch, zum Himmel hinauf zu sehen, bevor ihm schwindelig wurde und die Augen zufielen.
»… wurde das Foto einer Leiche veröffentlicht … die Polizei wollte keinen Kommentar … eine Pressekonferenz im Laufe des Tages … drei verletzte Aktivisten …«
Er sah seine Exfrau vor sich, aber diesmal saß sie an eine Mauer gelehnt auf dem Nørrebro-Friedhof und lächelte ihn an, während das Blut da, wo eigentlich ihr Mund hätte sein sollen, aus einem Loch sprudelte wie aus einer Quelle. Sie grinste hässlich – oder weinte sie? – und schlug mit den Händen auf die aufgeweichte Erde. Das Geräusch hörte nicht auf, bis Axel feststellte, dass es von John Darling kam, der an die Seitenscheibe klopfte. Er rieb sich über das Gesicht und öffnete die Tür.
»Dann mal raus aus den Federn.«
Axel blinzelte und rieb sich die Augen.
»Kannst du nachts nicht schlafen?«
»Doch, doch, nur nicht besonders gut. Ich leide an Schlaflosigkeit. Aber es hilft, hier und da mal kurz die Augen zuzumachen«, lachte er.
»Wenn das hier mal kurz die Augen
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