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Kommissar Steen 01 - Unruhe

Kommissar Steen 01 - Unruhe

Titel: Kommissar Steen 01 - Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Stein
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Piver hatte das Gesicht erst eine Stunde zuvor gesehen, als er das Starkbier gekauft hatte. Das war nicht Lindberg, so viel wusste er. Der Typ war einer der bekannten Zecher, die regelmäßig drüben beim Einkaufsladen anzutreffen waren.
    Mit einem dämlichen Ausdruck im Gesicht kam er auf Piver zu.
    »Wie sieht’s aus? Bist du my man?«, fragte er. Seine Stimme raspelte von zu vielen Zigaretten und Joints.
    Piver verstärkte den Griff um den Rucksack mit der Kamera.
    »Wovon redest du, Mann?«
    »Haste mal ’ne Kippe für mich?«, hustete der Trinker.
    Piver fasste in die Gesäßtasche. Er wollte das Päckchen gerade herausziehen, als er ein Paar großer Kampfstiefel hinter dem Säufer bemerkte.
    »Schieb ab«, sagte eine harte Stimme.

    »He, Meister, ich will nur schnell …«
    Mehr brachte der arme Teufel nicht heraus, bevor er sanft, aber unmissverständlich von einem Mann zur Seite geschoben wurde. Ein hochgewachsener Kerl mit schwarzem Kapuzenpulli, aber zu alt, um zum Milieu zu gehören. Er trug eine zerschlissene Armeehose, und unter dem schwarzen Kapuzenpulli stach der Kragen eines Sweaters hervor.
    »Peter?«
    »Ja, und du bist Martin?«
    »Nein, Martin konnte nicht kommen. Ich bin für ihn hier.« Sein Blick ruhte auf Piver, gelassen und vertrauenerweckend. Und bestimmt. Er sah nicht aus wie ein Journalist. Er glich einem alten Mann, der sich in einen Kapuzenpulli verirrt hatte. Piver lachte innerlich bei dem Gedanken, aber er musste auf der Hut sein.
    »Mir gefällt das nicht. Kann ich dir trauen?« Piver kniff die Augen zusammen und erwiderte den Blick des Mannes. Etwas an der Stimme kam ihm bekannt vor. Er hatte große Lust, sich einfach treiben zu lassen und das zu tun, was der andere von ihm verlangte. Er sehnte sich danach, dass jemand die Verantwortung übernahm, denn der Tag war einfach zu krass gewesen.
    »Lindberg wurde aufgehalten. Die Polizei ist bei Modpress, Hausdurchsuchung, aber ich war zum Glück draußen in der Stadt, als sie auftauchten. Und ich kann dir ebenso gut helfen wie Martin. Wir haben das gleiche Ziel.«
    Haben wir das tatsächlich?, fragte sich Piver und versuchte, sein Misstrauen aufrechtzuerhalten. Der Mann blickte auf den Rucksack.
    »Hast du die Aufnahme?«, fragte er.
    Piver nickte.
    »Brauchst du was? Bier, Stoff?«
    »Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Vielleicht eine Pizza oder so.«
    »Mein Wagen steht drüben in der Kronprinsessegade. Wirholen eine Pizza und bringen dich an einen sicheren Ort, dann kann ich mir in Ruhe ansehen, was für ein Schatz das ist, den du für uns hast.«
    Für uns? Es war nicht ihr Schatz, es war seine Story.
    »Das ist mein Film. Wenn du dir gedacht hast, dass ich ihn dir einfach übergebe, dann ist das Gespräch hier zu Ende.«
    »Ganz ruhig. Du bist die Hauptperson. Ich wollte damit sagen, dass es für unsere Bewegung Gold wert sein kann, nachdem, was Martin mir erzählt hat. Wenn die Bullenschweine einen von uns umgebracht haben, dann muss das ans Licht. Erst recht, wenn die es unter den Teppich kehren wollen. Das kann die ganze Stimmung kippen. Aber wenn die Bullen die Aufnahme in die Finger kriegen, kannst du todsicher davon ausgehen, dass sie sie verschwinden lassen. Sie werden alle Spuren verwischen. Und du wanderst ohne viel Federlesens in den Knast.«
    Sie hatten die Kronprinsessegade erreicht.
    Piver tat alles weh, der Rausch war auf dem Rückzug, ihm war übel vor Hunger, und er war so müde, dass er einschlafen würde, sobald er die Augen zumachte. Er tastete nach der Videokamera, hörte das zweimalige scharfe Pfeifen einer Zentralverriegelung und sah die Scheinwerfer eines Toyota Hiace mit getönten Scheiben kurz aufleuchten. Sein Begleiter hielt den Schlüssel in der Hand.
    »Wollen wir?«
    Sie gingen zu dem Auto. Piver öffnete die Tür zum Beifahrersitz und warf einen flüchtigen Blick auf die Rückbank, bevor er einstieg. Dort lagen nur eine Jacke und eine Laptoptasche.

15
    Der Geruch war eindeutig.
    Während sich die Augen an den Anblick von toten, sezierten und verstümmelten Körpern gewöhnten, würden die Nasenlöcher niemals eine schützende Hornhaut aus Gewohnheit entwickeln. Im Sommer war es am schlimmsten, wenn die Hitze den Geruch des Leichenschauhauses verdichtet, der nie ganz derselbe ist, aber aus den immer gleichen Komponenten besteht: Desinfektionsmittel, Blut und Verwesung. Süßlich, chemisch und schwer.
    Axel war die Jahreszeit gleichgültig. Sie konnten ihm übel zugerichtete Verkehrstote

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