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Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich

Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich

Titel: Kommissar Stefan Meissner 01 - Eine schoene Leich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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das Gespür für Geschichte abhandengekommen war. Der Hauptkommissar ging wieder zurück in die Küche und wartete dort auf Marlu.
    Eigentlich waren diese kleinen, zweckmäßigen Singlewohnungen ja deprimierend. Schon für einen einzelnen Gast, der länger als eine Nacht blieb, waren sie zu eng. Jeder pendelte sich in ihnen auf seine eigene kleine Welt ein. Man gewöhnte sich an die eigene Ordnung oder Unordnung und gab dem Ganzen damit einen Sinn. Der Gedanke, dass hier eine zweite Person länger als fünf Tage wohnen würde, verursachte nichts als Panik. Es war eine perfekte kleine, abgezirkelte Welt. Hier gab es keinen Raum für Austausch, dies hier war eher ein Ort für den Rückzug, und die breiten Betten blieben meist uneingelöste Versprechen.
    Aus dem Augenwinkel sah er Marlu vom Schlafzimmer ins Badezimmer gehen. Sie hatte die Tür offen gelassen, und er warf einen kurzen Blick auf ihr circa ein Meter vierzig breites Singlebett. Es war ungemacht, was ihn schon nicht mehr überraschte.
    Er hätte sich jetzt einbilden können, dass er heute Abend mit dieser jungen attraktiven Frau ins Theater ging. Der Gedanke gefiel ihm. Er war jahrhundertelang nicht mehr im Theater gewesen, und das gar nicht einmal absichtlich. Es war einfach so passiert. Wie so vieles im Leben geschieht oder nicht geschieht, ganz ohne eigenes Zutun. Wenn man jung war, dachte man, man wäre der Steuermann auf der Brücke, der immer als Erster das Land am Horizont entdeckt. Später beschlich einen dann gelegentlich das Gefühl, als sei man in den Maschinenraum abgestiegen, um dort unten mehr oder weniger freudlos seine Arbeit zu verrichten. Gott sei Dank hatte er einen immer wieder spannenden Beruf, tolle Kollegen und noch sympathischere Kolleginnen.
    Er merkte, dass Marlu wieder ins Zimmer getreten war, und starrte sie an wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.
    Sie trug ein ärmelloses rotes Kleid mit einem Volantsaum, der ihre Knie berührte und vorne in einem Schlitz bis zur Mitte der Oberschenkel hinaufwanderte. Auch am tiefen Ausschnitt flatterten kokett Volantrüschen, die auf jeden Fall mehr herzeigten als versteckten. Marlu streckte die Arme zur Seite und drehte sich auf den hohen Absätzen ihrer schwarzen Pumps einmal um die eigene Achse.
    »Wow! Du siehst fantastisch aus.« Meißner räusperte sich.
    »Hab ich mir mal für eine Tango-Milonga gekauft, zu der ich dann nie hingegangen bin.«
    »Warum nicht?«
    »Weil mir kurz vorher mein Partner verlorengegangen ist. Kannst du Tango tanzen?« Sie streckte die Arme nach ihm aus.
    »Nicht einmal im Traum«, sagte er. »Leider.«
    »Ja, genau das ist das Problem«, sagte Marlu. »Es gibt einfach zu wenige Männer, die Tango tanzen können. Zumindest bei uns.«
    »Die Finnen sollen ja gute Tangotänzer sein.«
    »Das hilft mir im Moment auch nicht weiter.«
    Marlu ging noch einmal ins Schlafzimmer und kam mit einer dunklen Lockenpracht zurück.
    »Ist das nicht ein bisschen zu üppig?«, fragte er.
    »Ich kann die Haare ja hochstecken, dann tragen sie auch nicht so auf.«
    »Und ich sehe neben dir aus wie dein Chauffeur«, sagte Meißner, der eine schwarze Jeans, ein beiges Hemd und eine Wildlederjacke trug. »Oder wie dein Vater.«
    »Nein«, lachte sie, »mein Papa sieht ganz anders aus als du. Er hat ungefähr meine Größe, dafür aber zwanzig Kilo mehr auf den Rippen. Und er würde sich freuen, wenn er noch so viele Haare auf dem Kopf hätte wie du. Färbst du die eigentlich?«
    Er fand die Frage indiskret.
    »Mein Spezialshampoo heißt ›Renature‹. Die Wirkungsweise ist ein bisschen kompliziert. Ich kann dir das gern mal genauer erklären, aber als Färben würde ich das auf keinen Fall bezeichnen«, behauptete er.
    Sie lachte.
    Er konnte nicht anders, als sie anzustarren. Sie bemerkte seinen Blick, der auf ihren Brüsten lag.
    »Genau das ist das Problem bei diesem Kleid«, sagte sie. »Ich kann keinen BH darunter anziehen, die Träger würden rausschauen, und der Ausschnitt ist zu weit.«
    »Und wo ist das Problem dabei?«, hörte Meißner sich mit einer fremd klingenden Stimme fragen, während in seinem Kopf gleichzeitig ein paar Alarmsirenen ansprangen. Doch als er die Hand hob und mit der Spitze des rechten Zeigefingers die Rundung ihrer Brust nachzeichnete, wurden die Sirenen leiser und leiser, und irgendwann vernahm er nur noch ein leises, fast zärtliches Geheul wie von sehr weit her. Sie beugte sich ein wenig vor und kam ihm mit ihrem Oberkörper entgegen. Als er

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