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Kommt ein Löwe geflogen

Kommt ein Löwe geflogen

Titel: Kommt ein Löwe geflogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Frau Wißtihrschon fragen.«
    Er flog durch die helle Mondnacht zu Frau Wißtihrschons Haus und setzte sich auf das Brett des fest verschlossenen Fensters.
    Er hörte mit seinen feinen Rabenohren durch die Scheiben Frau Wißtihrschon im Traum flüstern: »Das Krokodil ist los das Krokodil ist los.«
    »Frau Wißtihrschon weiß auch nichts!« erkannte er. »Ich sehe am besten selbst im Zoo nach, ob dort ein neuer Löwe ist.«
    Er flog in den Zoo bis dicht heran an das Gitter des Löwenkäfigs und versteckte sich hinter einem Busch. Von dort aus äugte er vorsichtig nach dem großen Tier.
    »He!« rief er. »Wer bist du?«
    »Löwe«, brummte Löwe. »Und wer bist du?«
    »Ich bin Ra!« sagte Ra und machte sich bereit, rasch davonzufliegen. »Kennst du vielleicht ein Mädchen namens Pips?«
    »Hurra«, sagte Löwe. »Komm her!«
    »Bist du auch ganz sicher?« fragte Ra.
    »Komm bloß schnell her!« sagte Löwe. »Ich zeige dir ihr Taschentuch, das ich immer bei mir habe. Du kommst mir wie gerufen. Sind die andern auch alle da — Kim, Pips, Wu und Dok?«

    Als Ra die Namen all seiner Freunde hörte, wußte er, daß es der richtige Löwe war, flog ans Gitter und kroch durch die Stäbe.
    »Ich würde dich am liebsten vor Freude fressen!« sagte Löwe.
    »Alter Löwe...«, sagte Ra gerührt. »Laß das lieber. Wie bist du nur hierhergekommen?«
    Im Zoo vor dem Löwengehege standen zwei Tannen, ungefähr zwei Meter voneinander entfernt. Hinter der einen Tannenspitze glänzte der Mond. Ra und Löwe hatten sich viel zu erzählen. Als sie damit fertig waren, war der Mond von der einen Tannenspitze zur anderen gewandert.
    Und genau in diesem Augenblick flog Ra davon, um den Sultan, Totokatapi und das Kamel auf der Rundum-Rummelfestwiese zu suchen.
    Das wußten aber die drei noch nicht, als sie traurig neben ihrem Teppich saßen und sich überlegten, wo Löwe wohl sein könnte.
    »Ich bin sicher, er hat sich einen Rausch angetrunken und liegt nun in irgendeinem weichen Bett, um ihn auszuschlafen«, maulte das Kamel, denn es war müde und wollte endlich auch schlafen gehen.
    »Nein, nein«, murmelte der Sultan. »Es ist etwas geschehen!«
    »Wir können ja mit dem fliegenden Teppich überall rumfliegen und laut nach Löwe rufen«, schlug Totokatapi vor.
    »Ach — und alle Leute aufwecken!« brummte das Kamel. »Wirklich ein eigenartiger und hübscher Scherz.«
    »Ich weiß, was wir machen!« sagte der Sultan. »Wir fliegen mit dem Teppich über die Wiese, die Stadt und überall herum. Aber wir rufen nicht >Löwe, Löwe!<, weil das auch die Leute hören und verstehen würden, die Löwe vielleicht gefangen haben, sondern Totokatapi spielt laut auf dem Cello. Nur Löwe weiß, daß wir in der Luft herumfliegen können und Cello spielen. Wenn er uns hört, wird er brüllen.«
    »Gott sei mir gnädig!« jammerte das Kamel. »Statt ins weiche Bett zu dürfen, muß ich noch mal auf diesen schrecklich wackeligen, unsicheren Teppich! Mitten in der Nacht? — Das überlebe ich nicht!«
    »Sei nicht so zimperlich!« sagte der Sultan.
    Sie holten ihr Gepäck, bestiegen den Teppich und erhoben sich in die Luft.
    Totokatapi saß auf dem Koffer des Sultans und spielte auf seinem Cello. Er spielte recht laut, damit Löwe es auch ganz bestimmt hörte. Sie strichen ganz dicht über die ausgestorbenen Buden dahin, dann über die Dächer der Stadt, über die Straßen, in die sich Löwe vielleicht verlaufen haben könnte... — »Er wird in den Mülleimern nach etwas zu essen suchen«, meinte das Kamel, »denn im Grunde ist er doch gräßlich gefräßig.«
    ...über einsame Parks mit verschwiegenen Seen und träumenden Bäumen, wo sich die Gänse und Tauben im Schlaf aufplusterten und über die merkwürdige Musik aus der Luft wunderten.

    Die Menschen in ihren Betten wunderten sich auch — sie konnten sich nicht erklären, wo diese schönen Klänge herkamen, denn der Teppich war von unten gegen den nächtlichen Himmel nur wie eine rasch dahintreibende Wolke zu sehen.
    »Ich will euch mal was sagen«, murrte das Kamel, »der Gedanke mit dem Cellospiel ist ganz schön, und es kann ja auch sein, daß Löwe uns hört, aber wir können Löwe nicht hören, denn wir sitzen genau neben diesem großen brummenden und tönenden Cellokasten. Und wer weiß, wie weit entfernt von uns Löwe nach uns ruft — vielleicht aus irgendeinem finsteren, tiefen Keller heraus.«
    »Das ist wahr!« sagte Totokatapi und legte den Bogen aus der Hand.
    »Hm«, machte der

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