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Kommt Schnee

Kommt Schnee

Titel: Kommt Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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so?«, fragte er treuherzig.
    Regazzoni musterte den Blick-Journalisten. Dann nickte er, ein wenig steif.
    Danner setzte die Brille wieder auf.
    Ali kam aus der Buvette und nahm die Bestellungen auf. Vier mal Kaffee. Einmal zusätzlich Cola light.
    »Ohne Eis!«, sagte Danner.
    »Ali scho weiß«, sagte der Türke, der zu Hause in Anatolien, wenn er einmal im Jahr dort zu Besuch war, nur »der Schweizer« genannt wurde. Er verschwand, um die Getränke zu holen.
    »Also dann«, legte Baumer los.
    Die anderen Teilnehmer am Tisch versuchten, möglichst uninteressiert zu tun, obwohl die Spannung förmlich greifbar war. Regazzoni musterte die Fingernägel seiner linken Hand, Danner zog die Brille doch nochmals von seiner Nase ab, untersuchte die Gläser auf Staub. Heinzmann saß einfach still da und schaute geradeaus, doch der goldene Ehering, den er am Ringfinger seiner rechten Hand trug und der tief in seine Haut furchte, klapperte unablässig auf den Plastiktisch.
    Dann endlich rückte Baumer mit der Sprache heraus. Er sagte: »Wir haben es mit Mord zu tun. Ganz sicher.«
    Heinzmann entspannte sich, er frohlockte. Nur ein bisschen, aber er frohlockte. Jetzt war gewiss, dass sein Bauchgefühl etwas wert war. Danner setzte die Brille wieder auf, aber Baumer hatte zuvor das Interesse in seinen Augen deutlich aufblitzen gesehen. Regazzoni schnaufte tief, blies dann die Luft aus und sagte: »Hat hier jemand eine Zigarette?«
    Danner zog eine Packung aus der Jackentasche und reichte sie gedankenverloren dem Gerichtsmediziner.
    »Danke. – Feuer?«
    Danner ruckte aus seinen Gedanken hoch, zog auch das Feuerzeug hervor, beugte sich damit zu Regazzoni. Dieser hatte sich von seinem Stuhl leicht erhoben und sich ihm weit über den Tisch entgegengestreckt. Weil es zugig war, erlosch die Flamme am Feuerzeug. Regazzoni umfasste Danners Hand sanft mit seinen Händen und ließ sich Feuer geben. Beide schauten sich lange in die Augen.
    »Danke«, nuschelte Regazzoni, blies den Rauch des ersten Zuges genüsslich aus und sagte endlich: »Also Mord.«
    Baumer nickte.
    »Welcher der beiden?«, fragte der Professor
    »Alle beide«, antwortete Baumer. »Der erste sowieso. Stankovic, das war ein Mord im Affekt. Toni hatte einen Affen und drehte durch. Der zweite Mord …«
    Heinzmann zuckte mit dem Zeigefinger und deutete mit einer leichten Kopfbewegung in Richtung der Buvette. Deren Seitentür war aufgegangen und Ali kam heraus. Als der Türke sich ins Zelt bewegte und der Gruppe die Getränke hinstellte, hörte er Heinzmann plappern. »So eine Weihnachtsfeier muss natürlich gut geplant sein. Sonst ist die Überraschung für unsere Kollegen dahin. Also einen Weihnachtsbaum kann ich selbst organisieren. Wer von euch könnte denn für eine angemessene Dekoration ...«
    Ali war wieder in seiner Buvette verschwunden. Baumer fuhr fort. »Der zweite Mord ist der an Toni.«
    »Das ist erst eine Vermutung von Ihnen, oder?«, schaltete sich Danner ein, der Baumer in Anwesenheit des Professors siezte.
    »Keine Vermutung«, bemerkte Baumer bestimmt.
    Danner schürzte die Lippen und stieß einen Pfiff aus, der mit hohem Ton begann und dann langsam leiser werdend in eine tiefere Tonlage glitt.
    »Beweise?«, fragte Regazzoni abgeklärt. Ein Schauder durchzuckte ihn. Er fröstelte in seinem Anzug. Darüber trug er nur einen dünnen Regenmantel von Joop. Er fasste sich mit der freien Hand an die Aufschläge und verengte sie.
    »Keine Beweise«, erwiderte Baumer ausdruckslos.
    Heinzmann, der bisher ganz aufgestellt war, fiel ein klein wenig zusammen, hatte er doch gehofft, dass Baumer die Morde bereits hieb- und stichfest nachweisen könnte.
    Baumer sah die Enttäuschung im Gesicht seines Freundes. »Keine verwertbaren Beweise bisher«, wiederholte er. »Leider.«
    Dann erzählte er von seinem Nachbarn, Franz Heberlein. Wie dieser autistische Mann ihm vom Schnee erzählt hatte, der kommen würde. Wie Heberlein der Motorradbande im Migros-Restaurant zugehört hatte, als diese Kriminellen zu unvorsichtig gequatscht hatten.
    »Ja, Autisten können das, die nehmen alles ungefiltert ...«, begann der Professor zu dozieren.
    »Weiter, weiter«, unterbrach ihn Danner und erntete einen bösen Seitenblick von Regazzoni. Jetzt wurde es Regazzoni warm.
    Baumer fuhr fort in seinem Bericht und erzählte, wie Heberlein ihm heute gesagt habe, es komme kein Schnee. Kein Schnee, wo doch intensive Schneefälle angesagt waren. Da erst habe er begriffen, dass Heberlein

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