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kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Farrell. Und was Sie anbelangt, Mrs. Pollifax – ja, was gibt es, Lulasch?«
    Lulasch erschien im Flur und erwiderte verstört Mrs. Pollifax’ Blick.
    »Ich kann nicht hinein«, sagte er. »Die Zellentüren sind abgesperrt.«
    Der General fluchte leise vor sich hin und riß gereizt eine Lade nach der anderen auf. »Hier sind sie nicht, einer von den dreien muß sie bei sich haben. Visitieren Sie sie.«
    Mrs. Pollifax erschrak zutiefst, denn eine Leibesvisitation hätte zwei Pistolen ans Tageslicht gebracht. Trotzig sagte sie: »Ich habe die Schlüssel bei mir gehabt, aber ich habe sie weggeworfen. Draußen, in der Dunkelheit.«
    Der General stand auf, ging um den Schreibtisch herum, hob langsam einen Arm und schlug Mrs. Pollifax mit aller Kraft ins Gesicht.
    Lulasch machte ein verzweifeltes Gesicht. Farrell rief wütend: »He!«
    Taumelnd und leicht benommen hörte Mrs. Pollifax den General versprechen, daß dies nur der Anfang dessen sei, was sie noch zu erwarten hatten. Jetzt machte auch der Dschinn den Mund auf.
    Seine Augen liefen hurtig und gespannt von Mrs. Pollifax zum General. Der General antwortete ihm in fließendem Chinesisch, und der Dschinn nickte zufrieden.
    »Los, Soldat Lulasch – untersuchen Sie sie«, befahl General Perdido barsch.
    Lulasch tauschte einen langen Blick mit Mrs. Pollifax, aber sie wußte nicht, ob sie eine Entschuldigung oder eine Bitte in seinen Augen sah. Bedächtig ging er auf Farrell zu und stand vor ihm.
    »Drehen Sie sich, bitte, um und legen Sie beide Hände an die Wand.«
    Es dauerte eine volle Sekunde, ehe Mrs. Pollifax begriff, daß Lulasch breit vor Farrell stand und ihn damit sowohl vor General Perdido verbarg als auch vor dessen Pistole deckte. Ein sonderbares Lächeln spielte um Lulaschs Lippen, als er Farrell in die Augen sah. »Schneller«, sagte er, »oder ich erschieße Sie.«
    Farrell begriff. Eine Hand zuckte rasch zu seiner Rocktasche, mit der anderen hielt er Lulasch fest. Über Lulaschs Schulter schoß er auf den General und versetzte Lulasch dann einen leichten Schlag mit dem Knauf über den Kopf. Der Schuß hallte ohrenbetäubend in dem kleinen Zimmer wider. Lulasch und der General stürzten zu Boden.
    »Gehen wir«, sagte Farrell und humpelte an seinem Krückstock zur Tür. Der Dschinn aber war als erster dort, und die drei flohen in die Nacht hinaus. Oder vielleicht war fliehen nicht das passende Wort, dachte Mrs. Pollifax, als Farrell stolpernd über das Geröll humpelte und pausenlos seine Ungeschicklichkeit verfluchte. Sie kehrte um, nahm seinen Arm und sie arbeiteten sich zu den Bäumen empor. »Ich fürchte, ich habe ihn nur verletzt«, zischte Farrell wütend zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich wollte ihn töten, aber bestimmt habe ich ihn nur in die Schulter oder in den Arm getroffen.«
    »Jedenfalls ist er zu Boden gestürzt«, erinnerte Mrs. Pollifax ihn.
    »Er ist hinter dem Schreibtisch verschwunden.«
    »Nichts als instinktiver Selbsterhaltungstrieb. In wenigen Minuten wird er die Wunde verbunden haben und wieder zu Atem gekommen sein, und dann ist er uns auf den Fersen.«
    »Ja«, sagte Mrs. Pollifax grimmig und überlegte unwillkürlich, daß sie ohne den gehbehinderten Farrell schon den Schutz der Bäume erreicht hätten. Sie überlegte diesen Gedanken mit großer Gründlichkeit und ohne jede Selbsttäuschung, erwog den Unterschied, der sich für beide in ihren geringeren Chancen ergeben würde und gestattete sich flüchtige Gewissensbisse über ihre menschliche Schwäche. Dann schob sie diesen Gedanken ein für allemal von sich. »Da sind wir«, sagte sie erleichtert, als sie im Schutz der ersten Föhren anlangten.
    »Mein Gott, die Esel!« keuchte Farrell. »Sehen Sie nur!«
    Jetzt, da ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte Mrs. Pollifax, worauf er zeigte. Zwei Esel waren an einen Baum angebunden und knabberten an der dünnen Grasnarbe, die sich zwischen Schutthalden und Felsblöcke schob. »Glück«, flüsterte sie.
    »Wenn das kein Wunder ist!« knurrte Farrell und humpelte zu den Tieren hin. »Aber natürlich mußten die Esel irgendwo stecken, nachdem der General erst angekommen ist.«
    »Und wir haben kein Messer, um sie loszuschneiden«, jammerte Mrs. Pollifax.
    »Fühlt sich wie ein doppelter Knoten an«, murmelte Farrell und zerrte daran. »Packen Sie in der Mitte an.«
    Der Dschinn stand abwartend daneben, ohne ihnen zu helfen. Als die Tiere losgebunden waren, trat er vor, griff nach den beiden

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