kommt wie gerufen
Stricken und bedeutete Mrs. Pollifax und Farrell mit Gesten, aufzusteigen.
Im gleichen Augenblick vernahm Mrs. Pollifax aus dem Hintergrund einen Schuß und erstarrte. »Sie sind hinter uns her!«
»Nicht die Nerven verlieren, vielleicht signalisieren sie damit bloß zum Hauptgebäude um Hilfe. So steigen Sie doch auf, damit wir fortkommen!«
Mrs. Pollifax raffte sich zusammen und hörte sich gefaßt sagen: »Nein, mich bekommen Sie nicht noch einmal auf diese gräßlichen Tiere. Ich glaube, daß der Weg, oder was es auch ist, rechts von uns verläuft, und diesen Weg dürfen wir nicht benützen, aber wie soll ich das dem Dschinn denn klarmachen? Er muß aufsitzen, ich übernehme die Führung. Wir müssen den Grat finden und daran entlang gehen – er ist unsere einzige Hoffnung.« Sie zerrte bereits an den Stricken und setzte dem Dschinn mit überstürzter Zeichensprache auseinander, was geschehen sollte. Schließlich stieg er auf, und mit beiden Leitseilen in der Hand, machte Mrs. Pollifax sich auf die Suche nach dem Felsgrat. Sie hatten keine Zeit zu verlieren. Die Rufe erklangen schon dicht hinter ihnen. Die Esel zockelten mit aufreizender Langsamkeit dahin. Ohne Taschenlampe vermochte Mrs. Pollifax nur die größeren Felsblöcke zu erkennen und sie stolperte ständig über Steine, die aus dem Erdreich ragten. Kein Mond stand am Himmel. Das Sternenlicht reichte knapp aus, daß sie zwischen einem Felsblock und einem Baum unterscheiden konnte.
Mrs. Pollifax war darüber um so verzweifelter, als die Suche nach ihnen bestimmt bestens organisiert war. Der Felsabbruch, an dem sie mittlerweile längst hätten anlangen müssen, zeigte sich nirgends, und die Felsblöcke lagen so unselig verstreut, daß sich Mrs. Pollifax bald fragte, ob sie nicht durch das ständige Ausweichen einen Kreis beschrieben hatte und sich jetzt wieder dem Ausgangspunkt näherte.
Es war kein beflügelnder Gedanke.
Unbarmherzig zerrte sie an den Leitseilen und beschleunigte ihre Schritte. Es zeigte sich, daß sie den Zeitpunkt dafür nicht glücklich gewählt hatte. Ihr rechter Fuß tastete ins Leere, suchte nach einem Halt, senkte sich in Erwartung festen Bodens und fand keinen. Mit erschrecktem Aufschrei fiel sie nach vorn. Die Leitseile hielt sie noch immer fest. Da sie nirgends auf Widerstand stieß, der sie abfangen konnte, schoß sie kopfüber ins Leere und zog Männer und Esel nach.
Es war kein tiefer Sturz. Eben als sie glaubte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen, verfing sich ihre Jacke an etwas Spitzem, das ihren Sturz jählings unterbrach, und sie entdeckte, daß sie kläglich an einem knirschenden, ächzenden Ast hing, der jeden Augenblick zu brechen drohte. Mrs. Pollifax hatte endlich den Grat gefunden und war darüber hinausgeschritten. Zum Glück hatte sie auch einen verkümmerten Ast gefunden, der im rechten Winkel zur Steilwand wuchs. Wohin sie sich allerdings von hier aus wenden sollte und wo Farrell, der Dschinn und die Esel waren, das wußte sie nicht. »Teufel!« stieß jemand neben ihr aus.
»F-F-Farrell?« stotterte Mrs. Pollifax überrascht.
»Du lieber Himmel, Sie sind auch da?«
Im gleichen Augenblick hörten sie beide die etwas vorwurfsvolle, aber melodiöse Stimme des Dschinn, und das leise, verängstigte Schreien der Esel. »Aber wo sind wir?« rief Mrs. Pollifax.
»Besser, wir wissen das nicht zu genau«, sagte Farrell mit Nachdruck.
»Ich glaube. Sie sollten vorerst einmal zu uns kommen. Unter mir ist Felsboden und was ist unter Ihnen?«
Nervös antwortete Mrs. Pollifax. »Ein Ast und – ich glaube, sonst gar nichts. Nur Luft.«
»Nicht aufhören zu reden, damit ich Sie finden kann. Diese verdammte Finsternis.«
Mrs. Pollifax begann, Gedichte aus ihrer Schulzeit aufzusagen und versuchte nicht daran zu denken, was geschehen mußte, wenn dieser Ast nachgab, oder Farrell sie nicht retten konnte. Als eine Hand sie am Knöchel packte, entschlüpfte ihr ein erleichtertes Schluchzen.
»Sie liegen auf einem Ast«, sagte er ihr, als ob sie das nicht längst wüßte. »Kriechen Sie äußerst vorsichtig, ganz behutsam in die Richtung, aus der ich spreche. Versuchen Sie nicht, sich aufzusetzen und machen Sie keine jähen Bewegungen. Ich halte Sie mit beiden Händen an den Knöcheln fest und werde ganz sanft anziehen. Ich glaube, ich kann Sie halten, falls der Zweig nachgibt.«
»Sie glauben?« wiederholte Mrs. Pollifax und hätte gern hysterisch gelacht, denn wenn der Ast samt ihr nachgab, mußte ihr Kopf
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