Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
kommt wie gerufen

kommt wie gerufen

Titel: kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
Besucherin zu den Fahrstühlen. Sobald sie eingestiegen waren, begann sie, in ihrer Handtasche zu kramen. Schließlich entnahm sie ihr ein kleines, weißes Kärtchen und hielt es ihm hin. »Ich glaube, Sie wissen nicht, wer ich bin«, sagte sie. »Ich habe meine Visitenkarte immer bei mir.«
    Carstairs war belustigt, steckte aber die Karte in seine Rocktasche.
    Sie waren in seiner Etage angelangt, die Lifttüren glitten auseinander, und er griff nach dem Arm der Frau, um sie den Korridor entlang zu begleiten. »Da sind wir. Bishop? Ah, hier stecken Sie. Habe ich morgen zwischen neun und zehn Uhr Zeit?«
    Bishop seufzte. »Wann haben Sie schon Zeit! Doch, theoretisch sind Sie frei.«
    »Gut, also dann neun Uhr.« Er streckte ihr die Hand entgegen. »Tut mir schrecklich leid, Sie nochmals herbemühen zu müssen, aber ich lege größten Wert auf gründliche Unterweisung.«
    »Da haben Sie ganz recht«, sagte sie anerkennend. »Und Sie waren wirklich ganz reizend. Ganz unerwartet reizend. Vielen Dank.«
    »Reizend«, wiederholte Carstairs, nachdem sie verschwunden war. »Sie ist nicht nur ein Geschenk des Himmels, sie weiß sogar meine menschlichen Tugenden zu schätzen. Na, Bishop, was sagen Sie? Habe ich eine unverfängliche Touristin gefunden? Die ist von so umwerfender Harmlosigkeit, daß sie selbst Mao Tsetung aus der Fassung bringen würde.«
    Bishops Gesicht wurde lang. Mit dumpfer Stimme sagte er: »Sir – .«
    »Was ist. Bishop, ist Ihnen übel?«
    »Das war Ihre Touristin?«
    »Ja, ist sie nicht wie nach Maß?«
    Bishop schluckte. »Während Sie eintraten, Sir, habe ich eben den Telefonhörer niedergelegt. Es war Mason, der mir mitteilen wollte, daß Miß Webster diesen Augenblick gekommen ist.«
    Carstairs runzelte die Stirn. »Webster? Webster?«
    »Er hat schon früher durchgeben lassen, daß Miß Webster sich verspäten würde. Ich habe die Nachricht im Restaurant hinterlassen.«
    »Ich habe bei der Selbstbedienung gegessen.«
    »Jetzt ist Miß Webster hier.«
    »Unsinn! Miß Webster ist soeben gegangen.«
    »Nein, Sir, Miß Webster ist soeben gekommen.«
    Carstairs begann leise und hingebungsvoll zu fluchen. »Dann tun Sie mir einen Gefallen, Bishop, und fragen Sie Mason, wer, zum Teufel, um zwei Uhr unten in seinem Besuchszimmer auf mich gewartet hat und wen, zum Kuckuck, ich eigentlich mit diesem Auftrag betraut habe? Aber etwas plötzlich, Bishop. Ich bin in meinem Büro.«
    Mit langen Schritten ging er in sein Büro und setzte sich. Zögernd zog er die Visitenkarte aus seiner Tasche und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Na?« brummte er, als Bishop zurückkehrte.
    »Sie heißt Politick oder Politflack. Mason weiß es nicht mehr genau, aber beim Pförtner wird es vermerkt sein.«
    »Pollifax«, berichtigte Carstairs. »Was wollte sie hier?«
    Behutsam, und ohne eine Miene zu verziehen, sagte Bishop: »Mason sagt, daß sie sich als Spionin einstellen lassen wollte.«
    Carstairs tat den Mund auf, schloß ihn wieder und starrte Bishop ungläubig an. »Unmöglich«, entschied er schließlich. »Kein Mensch verfällt auf eine derart verrückte Idee.«
    »Das waren Masons Worte. Er hat sich von seinem Schock noch nicht erholt.«
    Eine volle Minute verstrich, dann begannen Carstairs’ Mundwinkel zu zucken und er warf den Kopf zurück und brach in haltloses Gelächter aus. Sobald sein Lachen zum Kichern verebbte, schnaufte er: »Unglaublich! Irrsinnig!« Aber er hatte schon seine Entscheidung getroffen. »Bishop, ordnen Sie augenblicklich eine Erhebung über« – er sah auf der Visitenkarte nach – »Mrs. Virgil Pollifax in New Brunswick, New Jersey, an.
    Ich wünsche die Ergebnisse morgen früh vor acht Uhr auf meinem Schreibtisch vorzufinden. Und dann beten Sie, Bishop.«
    »Weshalb, Sir?«
    »Daß sie niemals unüberlegt staatsfeindliche Organisationen unterstützt, sozialistisch gewählt oder einen roten Bischof zum Abendessen eingeladen hat. Und dann können Sie Mason bestellen, er soll Miß Webster heimschicken.«

 
    3
    »Flug Nummer 51, Passagiere bitte Eingang vier benützen… Flug Nummer 51… Nach Mexico-City…«
    Mrs. Pollifax fand ihren Sitzplatz im Flugzeug und setzte sich. Eine beinahe unerträgliche Erregung hatte sich ihrer bemächtigt. Tagelang hatte sie die undurchdringliche Miene eines Geheimagenten geübt, aber jetzt gelang es ihr nicht. Die Vorstellung, zum erstenmal in ihrem Leben in einer Düsenmaschine zu sitzen und nach Mexiko zu fliegen, raubte ihr die kühle

Weitere Kostenlose Bücher