kommt wie gerufen
einem Blick auf den Dschinn fort. »Uns war bekannt, daß sie versuchten, ihn zu entführen, aber wir hatten angenommen, daß er sich gewehrt hat und dabei ums Leben gekommen ist.«
»Glauben Sie, man hat ihn gefoltert?«
»Zu Beginn vermutlich, aber tot hätte er ihnen nichts genützt. Wahrscheinlich haben sie dann die Einzelhaft oder langsames Verhungern für ihn beschlossen.« Er schüttelte den Kopf. »Großartig, daß Sie ihn mitgebracht haben! Die Zeitungen werden Schlagzeilen darüber bringen.«
»Über uns auch?« erkundigte Mrs. Pollifax sich.
Beide Männer drehten sich zu ihr. »Aber, wo denken Sie hin«, sagte Farrell. »Dem Dschinn – wollte sagen, Dr. Howell – wird aus eigener Kraft die tollkühne Flucht gelungen sein. Und was Emily Pollifax aus New Jersey anbelangt, wer ist die überhaupt?«
»Und ich komme mir so heldenhaft vor«, gestand Mrs. Pollifax betrübt.
»Das sind Sie auch, Herzogin, das sind Sie. Aber vergessen Sie nicht, daß Sie Mexico-City niemals verlassen haben. Und Sie wissen überhaupt nicht, wo Albanien liegt.«
»Oh«, seufzte Mrs. Pollifax.
Farrell grinste. »Trösten Sie sich, Herzogin. Erinnern Sie sich, daß ich den Dschinn für geistig unterentwickelt gehalten habe?«
Sie erwiderte sein Lächeln. »Ja, und ich glaube, ich habe gesagt, daß ich ihn für intelligenter halte, als er tut.«
Halstead lachte. Zwei Träger brachten eine Tragbahre, und schweigend sahen sie zu, wie der Dschinn behutsam hochgehoben wurde. Als er abtransportiert wurde, fragte Mrs. Pollifax plötzlich:
»Könnte ich nicht den Namen des hiesigen Spitals erfahren? Ich würde ihm so gern schriftlich baldige Besserung wünschen.«
»Den Spitalnamen können Sie morgen früh in Washington, D.C. in Ihrer Zeitung lesen«, sagte Halstead.
»Washington!« schrie Mrs. Pollifax auf.
»Ich habe Befehl, Sie unverzüglich im Nonstopflug nach Washington zu bringen.« Als er ihre betroffenen Gesichter sah, sagte er: »Tut mir leid. Essen und schlafen können Sie im Flugzeug, aber Carstairs muß sich mit eigenen Augen davon überzeugen, daß Sie am Leben sind. Offenbar kann er es nicht glauben. Wir brechen auf, sobald Bill sich den Arm angesehen und Farrell mit schmerzstillenden und desinfizierenden Mitteln vollgepumpt hat.«
»Aber ich stecke noch immer in den Kleidern der Frau des Ziegenhirten«, ächzte Mrs. Pollifax, »und ich konnte nicht baden, sondern mir nur das Gesicht waschen, und meine Läuse haben sich vervielfacht. Ist denn den Erschöpften niemals Ruhe vergönnt?«
»Nie, zumindest nicht in diesem Beruf.« Grinsend ergänzte er: »Vielleicht werden Sie nie in der Zeitung stehen, aber nicht jeder kann sich rühmen, daß eigens für ihn ein Düsenflugzeug abkommandiert wird.« Er blickte auf seine Uhr. »Jetzt ist es sieben Uhr, europäische Zeit. Das Auto wartet. Innerhalb einer Stunde sitzen Sie im Flugzeug und werden knapp vor Mittemacht in Amerika landen.
Und Ihre nächste Adresse dürfte Walter Reed Hospital heißen, alter Freund.«
Farrell nickte. »Das fürchte ich auch.«
»Amerika«, wiederholte Mrs. Pollifax sehnsüchtig.
23
Sie saßen Carstairs in seinem Büro gegenüber. Die Lampen waren abgeblendet, und es gab Zigaretten für Farrell und heiße Suppe und Kaffee für beide. Farrells Arm ruhte in einer Schlinge, er hatte vier Spritzen und sieben Stunden Schlaf im Flugzeug hinter sich, aber er sah noch immer sehr blaß und durchsichtig aus. Nach einem Blick auf ihn sagte Carstairs: »Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Es geht mir nur darum. Ihre Erlebnisse in kurzen Umrissen auf Tonband festzuhalten. Sie werden staunen, wie rasch Ihnen Ihre eigenen Abenteuer unglaublich erscheinen werden, sobald Sie sich erst etwas erholt haben. Im Augenblick sind sie ihnen noch frisch im Gedächtnis, und das brauchen wir. Sie haben General Perdido gesehen – der ist uns wichtig. Sie waren in Albanien und haben Erfahrungen in einem Lande gesammelt, über das wir nur wenig wissen.« Sein Gesicht wurde weicher. »Und darf ich Ihnen beiden gratulieren, daß Sie Dr. Lee Tsung Howell befreit haben?«
»Sie dürfen«, grinste Farrell.
»Und zu Ihrer eigenen Rettung. Ich will Ihnen nicht verhehlen, daß ich Sie beide längst aufgegeben hatte.«
»Was Sie nicht sagen!« rief Mrs. Pollifax geschmeichelt.
»Jetzt werde ich Bishop rufen«, fuhr Carstairs fort. »Er wird sich einige Notizen machen, aber das meiste wird heute auf Band aufgenommen werden, die Einzelheiten können wir morgen
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