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Komoedie des Alterns

Komoedie des Alterns

Titel: Komoedie des Alterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scharang
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gewesen sei, etwas herstellen und verkaufen zu müssen, immer und immer wieder, zur größten Lebensanstrengung geworden. Er möge mit seinen Einwänden warten, bat Sarani den Freund, trank ein Glas Merlot in einem Zug leer, winkte nach einem Kellner, seine Bewegung war fordernd, Sarani schien rasch zu Kräften zu kommen, Maher eilte herbei, Sarani bestellte eine Platte mit Meeresfrüchten für vier Personen und weiteren Wein.
    Der Kellner schmunzelte und sagte, es gebe tatsächlich einen Grund zu feiern. Mustafa habe, so laut, daß es jedermann hier hätte hören können, doch selbstverständlich habe niemand etwas gehört, telefonisch Befehl erteilt, Sarani in Stücke zu reißen. Sarani dürfte den Staatssekretär sehr beleidigt haben. Als Sarani jedoch in die Lounge gekommen sei, scheinbar dem Tod näher als dem Leben, habe Mustafa den Befehl zurückgenommen. Wozu jemanden ermorden, der bereits halbtot sei,meinte der Kellner. Mustafas Assistent sei hiergeblieben, um Sarani zu beobachten, für den Fall, daß der die Leute zum Narren halte, doch nachdem Sarani sich zur Toilette habe führen lassen, sei auch der Assistent weggegangen. Eine gute Idee dieser Trick, meinte der Kellner.
    Sarani sagte zu Maher, er sei mit dessen Diensten außerordentlich zufrieden. Er würde sich gerne erkenntlich zeigen und ihm einen Geldbetrag als Extrazahlung zukommen lassen, diesmal aber nicht im Kuvert, sondern per Banküberweisung, wofür er die Kontonummer brauche. Verdutzt stand der Kellner da, erfreut, aber auch verunsichert durch Saranis Worte, er verneigte sich hastig und ging in die Küche.
    Wie Heinrich wisse, sagte Sarani, arbeite Maher seit Jahren als Informant für ihn. Es spreche einiges dafür, daß er auch in Mustafas Diensten stehe, davon habe Zacharias dem Freund nichts gesagt. Er habe ihm darüber erst berichten wollen, sobald er für die merkwürdigen Fakten eine Erklärung habe.
    Sarani skizzierte mit groben Strichen den Fall: Er hatte sich, wo immer er sich aufhielt, zuerst beobachtet gefühlt, dann beobachtet gewußt. Er engagierte Leute, unter ihnen Maher, die herausfinden sollten, wer, warum, in wessen Auftrag ihn bespitzelte. Er hatte es geahnt: Der Auftraggeber war Mustafa. Das habe er nicht dulden können, fuhr Zacharias fort, nicht nur weil es nicht angenehm sei, ständig belauert zu werden, sondern weil es für ihn von Anfang an klar gewesen sei, daß er, der Maschinenbauer, die Maschinen, die er für die Farm brauche, eines Tages in Ägypten herstellen und nicht vom Importeur Mustafa beziehen werde. Er habe also viel früher gewußt, als Mustafa es habe wissen können,daß es einen Wirtschaftskrieg geben werde, für den er, selbst wenn die Auseinandersetzung ins Gewalttätige ausarte, nicht schlecht gerüstet sei.
    Parallel dazu, sagte Zacharias, habe er, da der Konflikt letztlich nur politisch und ökonomisch zu lösen sei, auf den Sturz Mustafas hingearbeitet. Er hatte ein Gespräch mit dem Staatspräsidenten geführt, das schon vor dem Treffen insofern gut begann, als Sarani, der damit gerechnet hatte, frühestens in einem Jahr einen Termin zu bekommen, bereits nach einer Woche in den Präsidentenpalast bestellt worden war. Der Regierungschef holte Sarani zu dessen größtem Erstaunen von der Empfangshalle ab, geleitete ihn nicht in die Repräsentationsräume, sondern durchschritt mit ihm den Palast bis zu einem kleinen Garten, wo er Sarani bat, an einem verwitterten Teakholztisch, Erbstück des englischen Kolonialismus, Platz zu nehmen.
    Der Präsident bedauerte, daß Saranis Onkel – von den Brüdern spreche er gar nicht – in jungen Jahren umgekommen sei. Der Onkel könnte noch leben, wäre wohl über achtzig und gewiß der engste Berater des Präsidenten. Der Onkel wäre in der Lage gewesen, Politik zu machen, Wirtschaftspolitik, wozu der Präsident, sagte er, nicht die Zeit und auch nicht die Kraft habe. Er sei damit beschäftigt, den Status quo aufrechtzuerhalten – Ägypten als Dienstleistungsstaat. Die meisten Länder machten Außenpolitik, Ägypten lebe von der Außenpolitik; von dem Frieden mit Israel. Das Land, ohnedies nicht in der Lage, einen Krieg erfolgreich zu führen, werde von einigen Ländern dafür bezahlt, daß es Frieden halte. Eine absurde Dienstleistung, von der das Land existiere; woran es aber auch kranke. Eine Gefahrauch der Tourismus. Jeder Ausländer, der die Altertümer sehen wolle, komme, um das, was der Totenkult an Tempeln und Gräbern hinterlassen habe, wie ein

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