Komoedie des Alterns
anstrengend. Es liege aber auch am Altern. Dem sei das Leben nicht gewachsen. Sonst hätte ein Geschehen, das, von außen betrachtet, sich komisch ausnehme, Freudensprung nicht an den Rand des Todes getrieben. Zacharias und sein Sohn hätten ein Komplott geschmiedet, um Heinrich die Freundin wegzunehmen. In jungen Jahren hätte er um die Geliebte gekämpft, nun, im Alter, versinke er in Resignation.
Sarani dachte nach. David, sagte er feierlich, liebe Heinrich so sehr, daß er eher den Vater kränkte als Heinrich. Doch Zacharias gefalle der Gedanke, Heinrich sei eine Frau weggenommen worden. Heinrich habe zu viele Frauen gehabt. Eine davon dürfe er ihm wohl stehlen. Darauf sagte Heinrich, es scheine tatsächlich besser zu sein, sie würden nicht darüber sprechen.
Die Gabeln der beiden stießen auf der Suche nach einer Muschel gegeneinander, da die Platte leer, die Meeresfrüchte aufgegessen waren, und Sarani, über diese Art der Auseinandersetzung mit dem Freund belustigt, sagte, während er nach dem Kellner winkte, man wolle sie hier verhungern lassen.
Freudensprung lächelte, ihn freute die Fröhlichkeit des Freundes, er bewunderte Zacharias ob der Fähigkeit, aus der körperlichen und seelischen Erstarrung zu jenem Übermut und Unernst zu finden, die den Umgang der beiden durch Jahrzehnte bestimmt hatten, wohingegen er selbst meinte, noch nicht auf den Boden der alten Freundschaft zurückgefunden zu haben.
Sarani bat Maher, Spaghetti zu bringen, die bisherigen Vorspeisen seien nicht schlecht, die Portionen aber zu klein gewesen. Sein Freund und er seien ausgehungert, sie seien in den vergangenen Wochen auf einer Expedition gewesen, zuerst durch die Wüste, dann hinauf auf viertausend Meter, der Proviant sei jedoch in der Wüstenhitze verdorben, was sie erst bemerkt hätten, als sie in Schnee und Eis waren, so daß ihnen bis zum Ende der Expedition nur Traubenzucker als Nahrung geblieben sei, sie hätten einiges nachzuholen.
Er werde zu einem anderen Tisch gerufen, sagte Maher. Dorthin, erwiderte Sarani, solle der Kollege gehen.Maher möge in der Küche Spaghetti ordern und dann zurückkommen. So geschah es. Er habe, sagte Sarani zu Maher, eine Bitte. Sie beide würden sich über die Speisekarte beugen und so tun, als führten sie ein Gespräch über die aufgelisteten Köstlichkeiten. Wenn sie das gut spielten, könne niemand Maher vorwerfen, mit einem Gast zu plaudern.
Sarani zeigte auf die Speisekarte und zwang so den Kellner, ebenfalls dorthin zu schauen. Dann fragte er ihn, ob er mit seiner Arbeit zufrieden sei. Er frage das deshalb, weil er, ehe er die Farm verlasse, die Probleme, die es dort bei der Organisation der Arbeit gebe, wenn er sie schon nicht lösen könne, wenigstens verstehen wolle, wobei, und deshalb solle das Gespräch jetzt stattfinden, sein österreichischer Freund zuhören müsse, um Sarani helfen zu können.
Die Bedingungen auf der Farm, sagte Sarani, seien, er würde es am liebsten nicht aussprechen, zu gut. Die Leute könnten alles, Arbeitszeit ebenso wie Intensität der Arbeit, selbst bestimmen. Die Farm sei wirtschaftlich so etabliert, daß man beschließen könnte, die Arbeitszeit zu reduzieren und neue Mitstreiter zu suchen. Das werde mehrheitlich abgelehnt. Statt dessen wolle man Arbeitszeit und Arbeitsdruck erhöhen, jedoch nicht aus dem verständlichen Grund, den eigenen Anteil am Gewinn zu steigern, sondern aus dem erschreckenden, es nicht besser haben zu wollen als die anderen in den Dörfern, um von den Nachbarn nicht geschnitten zu werden. Man werde weiterhin zeitig zur Arbeit gehen und spät nach Haus kommen wie die anderen, die Taglöhner, die morgens für ein paar Stunden Arbeit haben, mittags schon wieder welche suchenund abends so tun, als kämen sie von der Arbeit nach Hause.
Es sei ihm in früheren Gesprächen aufgefallen, sagte Sarani zu Maher, daß der die Fähigkeit habe, seine eigene Situation wie ein Außenstehender zu betrachten. Der Kellner schien zu überlegen, ob Sarani ihm eine Falle stelle, vielleicht sogar im Auftrag des Pächters der Lounge; zögernd sagte er, er sei über die Maßen zufrieden, es sei bekanntlich nicht leicht, in Kairo Arbeit zu finden, selbst wenn man wie er hochqualifiziert sei, er spreche vier Fremdsprachen. Er habe aber nicht nur an der hiesigen Universität studiert, dieser Arbeitslosenbildungsanstalt, sondern auch den Beruf des Kellners erlernt, im besten Hotel Kairos, da jedoch in Ägypten jeder sein Heil in der
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