Komplott
untersucht hatte, dachte er angestrengt nach. Wer hatte Tweed einen Mord in die Schuhe schieben wollen? Und weshalb? Bis das zweifelsfrei geklärt war, musste die Aktentasche an einem sicheren Ort deponiert werden, wo weder Tweeds unbekannte Gegner noch die Polizei sie finden konnten. Newman hatte vor, sie in ein geheimes Versteck in Tolhaven an der Südküste zu bringen, das der SIS für solche Zwecke eingerichtet hatte.
Das sichere Haus in Tolhaven lag nicht weit von der Autobahn entfernt, aber Newman, der sich nicht sicher war, ob die Männer in den schwarzen Uniformen ihn nicht doch verfolgten, fuhr erst einmal daran vorbei und stellte den Range Rover auf einer Wiese ab, wo dichtes Gebüsch ihn vor neugierigen Augen verbarg. Auf einem schmalen, von Unkraut überwucherten Pfad erreichte er das Haus von hinten her. Es war ein einzeln stehendes ebenerdiges Gebäude mit Reetdach, das er zuerst mehrfach umkreiste, bevor er vor die Haustür trat und einen Schlüssel aus der Manteltasche nahm. Auf der Autobahn, die nahe am Haus entlangführte, rollte eine schier endlose Kette von Lastwagen in Richtung London.
Mit dem Revolver in der Hand schloss Newman die schäbig aussehende Haustür auf, die sich mit einem lauten Knarzen öffnete.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass das Haus leer war, ging Newman rasch in die Küche, zog einen Stuhl unter dem massiven Holztisch hervor und stellte ihn in die Mitte des Raumes, bevor er darauf stieg und sich zwischen den alten Deckenbalken an einem bestimmten Brett der Holztäfelung zu schaffen machte. Staub rieselte herab, als er das Brett beiseiteschob und die Aktentasche in den Raum dahinter zwängte. Als er das Brett wieder in seine Ausgangslage zurückgeschoben hatte, wischte er sich mit seinem Taschentuch die Hände ab, die voller Staub und Spinnweben waren.
Er schob den Stuhl wieder unter den Tisch, ging zurück zur Haustür und lauschte. Bis auf das Brummen der Autobahn war alles still. Während Newman die Tür mit dem rostigen Schlüssel wieder zusperrte, fing es zu regnen an.
Newman zog sich die Kapuze seines Regenmantels über den Kopf und machte sich auf den Rückweg zu seinem Wagen. Da er schon einmal hier war, wollte er in dieser Gegend noch etwas anderes erledigen.
In Tweeds Wohnung hatte Paula gerade ihre zweite Suche nach weiteren belastenden Gegenständen abgeschlossen und zum Glück nichts gefunden. Währenddessen hatte Tweed ausgiebig geduscht, sich rasiert und angezogen. Danach fühlte er sich erheblich besser. Als er ins Schlafzimmer zurückkam, stand Paula am Fenster und blickte hinab auf die Straße.
»Da kommt schon wieder Besuch«, sagte Paula. »Eine Limousine, aus der gerade Professor Saafeld steigt. Ich gehe nach unten und lasse ihn herein.«
Kurze Zeit später kam Paula mit Tweeds Freund Professor Saafeld die Treppe herauf.
Tweed war erstaunt, dass der beste Gerichtsmediziner in ganz Großbritannien ihm zu so früher Stunde einen Besuch abstattete.
Die Augen des klein gewachsenen Professors blitzten hellwach unter seinem schlohweißen Haarschopf hervor. Mit einer Tüte in der Hand betrat er Tweeds Schlafzimmer.
»Hinlegen«, kommandierte er anstelle eines Grußes. »Sofort.«
»Wozu soll das gut sein?«, protestierte Tweed.
»Tun Sie, was ich Ihnen sage. Paula hat mir erzählt, was Ihnen gestern Abend zugestoßen ist. Man hat Sie unter Drogen gesetzt, die vermutlich in der Margarita waren. Ich nehme Ihnen jetzt etwas Blut ab, damit ich herausfinden kann, was man Ihnen verabreicht hat.«
Mit diesen Worten nahm er eine Kanüle aus seiner Arzttasche und wartete, bis Tweed sich auf das Bett gelegt hatte. Paula holte rasch ein Handtuch aus dem Bad und breitete es auf dem Bett aus, damit Tweed seine Schuhe nicht ausziehen musste. Tweed ließ sich von Saafeld einen Hemdsärmel hochrollen und ergab sich der Prozedur. Eine Minute später hatte der Professor seine Blutprobe entnommen und klebte Tweed ein Pflaster auf die Einstichstelle.
»Heute Abend wissen wir, womit man Sie schachmatt gesetzt hat«, sagte er in seiner eigenartigen hastigen Sprechweise. »Ich muss jetzt auch gleich weiter, denn ich werde am Tatort eines grässlichen Mordes erwartet, zu dem mich Ihr Freund Commander Roy Buchanan gerufen hat.«
»Wer ist denn ermordet worden?«, fragte Tweed.
»Eine in gewissen Kreisen der besseren Gesellschaft nicht unbekannte Frau namens Viola Vander-Browne, und zwar in ihrer Wohnung in Covent Garden. Klingt nach der Tat eines Wahnsinnigen. Der
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