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Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
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das Meer überstanden, es würde ihm wohl auch gelingen, uns lebend an Land zu bringen.
    Im Inneren der Hütte war ein einziges Chaos von Proviantkartons und festgezurrter Last. Torstein hatte halbwegs in seinem Radiowinkel Platz behalten, wo er den Kurzwellensender glücklich in Gang gesetzt hatte. Wir waren jetzt 8000 Kilometer von unserer alten Basis in Callao, wo die Seekriegsschule ständig Verbindung mit uns aufrechterhielt, und noch weiter waren wir von den Amateuren in den Vereinigten Staaten entfernt. Der Zufall wollte aber, daß wir am Tag vorher Verbindung mit einem tüchtigen Radioamateur bekommen hatten, der mit seiner Station auf Rarotonga in den Cookinseln saß. Mit ihm hatten die Funker ganz im Gegensatz zu aller gewöhnlichen Praxis eine Sonderverbindung im Morgengrauen verabredet. Und während wir nun näher und näher herein gegen das Riff trieben, saß Torstein unverdrossen und hämmerte auf seine Taste, um Rarotonga zu rufen.
    Um 8.15 Uhr steht im »Kon-Tiki« Logbuch:
    »Wir nähern uns langsam dem Land. Wir können jetzt mit bloßem Auge die einzelnen Palmen vor uns auf der Steuerbordseite unterscheiden.«
    8.45 Uhr:
    »Der Wind hat sich in eine für uns noch ungünstigere Richtung gedreht, wir haben keine Hoffnung mehr, vorbeizutreiben. Keine Nervosität an Bord, aber fieberhafte Vorbereitungen auf Deck. Innen am Riff vor uns liegt etwas, was aussieht wie das Wrack eines Segelkutters, aber vielleicht ist es nur ein Bündel Treibholz.«
    9.45 Uhr:
    »Der Wind treibt uns gerade auf die vorletzte Insel, die wir hinter dem Riff sehen. Wir können jetzt deutlich das ganze Korallenriff unterscheiden. Wie eine weiß und rot gesprenkelte Ringmauer ragt es etwas aus dem Wasser wie ein Gürtel um die Inseln. Das ganze Riff entlang brüllen schaumweiße Brandungswellen. Bengt serviert uns eben eine kräftige warme Mahlzeit, die letzte vor dem großen Turnier. Was da drinnen am Riff liegt, ist ein Wrack. Wir sind jetzt so nahe, daß wir quer über die ganze blanke Lagune hinter dem Riff sehen können. So können wir die Konturen von anderen Inseln auf der anderen Seite der Lagune unterscheiden.«
    Jetzt näherte sich das dumpfe Dröhnen der Brandung wieder. Es kam von dem ganzen Riff vor uns und lag in der Luft wie aufwühlende Trommelwirbel vor dem spannenden Finale der »Kon-Tiki«.
    9.50 Uhr:
    »Wir sind sehr nahe. Treiben quer zum Riff. Nur noch wenige hundert Meter. Torstein sitzt soeben und unterhält sich mit dem Mann auf Rarotonga. Alles ist klar. Muß jetzt das Logbuch fortpacken. Wir sind alle guten Muts. Es sieht übel aus, aber es muß gehen!«
    Einige wenige Minuten später raste der Anker über Bord und faßte Boden, so daß die »Kon-Tiki« herumschwenkte und den Achtersteven der Brandung zuwendete. Dies hielt uns einige kostbare Minuten, in denen Torstein wie rasend auf die Taste hämmerte. Jetzt hatte er Rarotonga. Die Brandung donnerte in der Luft, und die See ging wütend auf und nieder. Alle Mann waren auf Deck in Bewegung, und jetzt bekam Torstein seine Meldung durch. Er meldete, daß wir gegen das Raroiariff trieben. Er bat Rarotonga, auf derselben Frequenz jede volle Stunde zu horchen. Blieben wir mehr als 36 Stunden stumm, sollte man die norwegische Gesandtschaft in Washington verständigen. Torsteins letzte Worte waren: »O. K. 50 yards left. Here we go. Good bye.« Damit schloß er seinen Laden. Knut versiegelte die Papiere, und beide krochen in höchster Eile heraus auf Deck zu uns anderen, denn jetzt war keine Täuschung mehr möglich, der Anker gab nach.
    Die Wellen wurden wilder und wilder, immer tiefer höhlten sich die Täler, wir fühlten, wie das Floß sich auf- und niederschwang, auf und nieder, höher und höher.
    Von neuem lautete die Devise: Halte dich fest, vergiß alle Ladung, halte dich bloß fest!
    Wir waren jetzt dem Wasserfall vor uns so nahe, daß wir nicht mehr das gleichmäßige Getöse von dem ganzen Riff daneben hörten. Wir vernahmen nur jedesmal das Dröhnen, wenn sich die Brandung vor uns überschlug.
    Alle Mann standen bereit und klammerten sich fest an das Tau, das sie selbst für das sicherste hielten. Nur Erich kroch im letzten Augenblick in die Hütte. Es stand ein Punkt im Programm, den er noch nicht erledigt hatte - er hatte bisher seine Schuhe noch nicht gefunden!
    Achteraus stand keiner, denn von hier würde der Stoß des Riffs kommen. Auch die zwei soliden Stagen von der Mastspitze nach dem Heck waren nicht sicher. Denn wenn der Mast fiel,

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