Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik

Titel: Kon Tiki - Ein Floss treibt über den Pazifik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Hayerdhal
Vom Netzwerk:
würden sie außenbords über das Riff hängen. Hermann, Bengt und Torstein waren auf einige Kisten gekrochen, die vor der Hüttenwand festgezurrt waren, Hermann hängte sich in die Pardunen des Hüttendaches, und die beiden anderen ergriffen die Taue zur Mastspitze, an denen sonst das Segel gehißt wurde. Knut und ich wählten die Taue vom Bug hinauf in die Mastspitze, denn wenn der Mast und die Hütte und alles andere über Bord brachen, so meinten wir, daß das Tau vom Bug trotzdem über dem Floß liegen würde, nachdem die Wellen jetzt von vorne hereinschlugen.
    Da es uns klar wurde, daß uns die Wellen ergriffen hatten, wurde das Ankertau gekappt, und damit ging es los. Eine See wälzte sich unter uns in die Höhe, und wir fühlten, wie sich die »Kon-Tiki« in die Luft hob. Der große Augenblick war da. Jetzt ritten wir mit den Wellenrücken hinein in rasender Fahrt, so daß es knackte und schrie in dem schlottrigen Fahrzeug. Wir fühlten, wie es sich unter uns verschob und bewegte. Die Spannung ließ das Blut kochen. Ich erinnere mich, daß ich mangels eines anderen Einfalls mit den Armen um mich schlug und mit aller Kraft meiner Lungen Hurra! brüllte. Das gab mir eine gewisse Erleichterung und konnte jedenfalls nicht schaden. Die anderen glaubten sicher, daß ich verückt geworden war, aber die Gesichter erhellten sich, und sie lachten in ihrer Erregung, alle Mann. Jetzt ging es brausend dahin, es war »Kon-Tikis« Feuertaufe, es würde und mußte gut gehen.
    Aber der helle Siegesrausch bekam bald einen Dämpfer. Hinter uns erhob sich hoch eine neue See wie eine glänzende grüne Glaswand, und als wir herabsanken, wälzte sie sich hinter uns her. Im selben Augenblick sah ich sie hoch über mir, als ich schon einen furchtbaren Schlag spürte und in den Wassermassen verschwand. Ich fühlte den Zug im ganzen Körper mit einer so ungeheuerlichen Kraft, daß ich jeden einzelnen Muskel im Körper anspannen mußte und nur an eines denken konnte: Festhalten! Ich glaube, Arme und Beine können in einer solchen Situation, wenn das Resultat so sicher ist, selbständig werden, denn das Hirn hätte sich dazu verstanden, die Taue fahrenzulassen. Auf einmal spürte ich, daß der Wasserberg vorbeitrieb und seinen teuflischen Griff um den Körper lockerte. Während der Kamm mit ohrenbetäubendem Brausen und Krachen weiterraste, sah ich Knut wieder, zusammengerollt wie einen Ball, an meiner Seite hängen. Von hinten sah die große See fast flach und grau aus. Sie raste über den Dachfirst. Als sie ihn freigab,  hingen hier die drei anderen gegen den Hüttengiebel gepreßt.
    Noch schwammen wir frei in den Wellen.
    In höchster Eile klammerte ich mich wieder fest, Arme und Beine um das solide Tau geschlungen. Knut ließ sich hinuntergleiten. Mit einem Tigersprung war er drüben auf den Kisten bei den anderen, wo die Hütte den Stoß auffing. Ich hörte beruhigende Ausrufe von drüben, sah aber gleichzeitig, wie eine neue grüne Wand sich emporhob und donnernd auf uns zukam. Ich schrie einen Warnungsruf und hängte mich wieder so klein und fest wie möglich in mein Tau. Und plötzlich war die Hölle wieder über uns losgebrochen, und die ganze »Kon-Tiki« verschwand unter den Wassermassen. Das Meer riß und zog mit aller Kraft, die es gegen einen kleinen Menschenkörper aufbieten konnte. Diese zweite See jagte über uns hinweg und noch eine dritte. Da hörte ich einen triumphierenden Ruf von Knut, der jetzt in der Strickleiter hing:
    »Schaut euch das Floß an, es hält! Es hält!«
    Nach drei Wellen waren nur der Doppelmast und die Hütte ein wenig schiefgeschlagen worden. Aufs neue fühlten wir den Triumph über die Elemente. Und der Siegesrausch verlieh uns neue Kräfte.
    Da sah ich die nächste Woge donnernd heraufkommen, höher als alle, und ich brüllte aufs neue eine Warnung zurück zu den anderen, während ich, so hoch ich konnte, das Tau heraufkletterte und mich festkrallte. Da verschwand ich bereits mitten in der grünen Wasserwand, die sich hoch über uns auftürmte. Die anderen, die weiter rückwärts standen und mich als ersten verschwinden sahen, veranschlagten die Wasserwand mit acht Meter Höhe, während der schäumende Kamm fünf Meter über dem Teil der Wand passierte, von dem ich verschluckt wurde. Da aber erreichte die Wogenwand sie, und alle hatten nur mehr den Gedanken: Halten! Halten! Und noch mal halten!
    Diesmal müssen wir wohl gegen das Riff gestoßen sein. Selbst spürte ich bloß den Druck gegen

Weitere Kostenlose Bücher