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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Stromlinienform bewegten sie nur ein wenig die verschiedenen Flossen und schössen sofort ihre siebzig bis achtzig Kilogramm mit vollkommenster Beherrschung durchs Wasser.
    Je enger wir in Kontakt mit dem Meer und all seinen Geschöpfen kamen, desto weniger fremd wurde es uns, und desto mehr fühlten wir uns selbst zu Hause. So lernten wir die alten Naturvölker respektieren, die Hand in Hand mit dem Stillen Ozean lebten und ihn deshalb aus einem ganz anderen Gesichtswinkel kannten als wir selbst. Uns ist es vielleicht gelungen, seinen Salzgehalt zu errechnen und lateinische Bezeichnungen für Thunfisch und Dolfin auszudenken, sie hatten das natürlich nicht. Aber ich fürchte, daß das Bild, das diese Naturmenschen vom Meer hatten, doch viel richtiger war als unser eigenes.
    Es waren nicht viele feste Punkte, auf denen das Auge hier draußen im Meer ruhen konnte. Wogen und Fische, Sonne und Sterne kamen und gingen. Wir konnten kein Land in der Seestrecke von achttausend Kilometern, die die Südseeinseln von Peru trennt, finden. Deshalb waren wir höchst überrascht, als wir uns 100 Grad West näherten und bemerkten, daß genau vor uns in unserer Fahrtrichtung ein Riff in der Karte des Stillen Ozeans angemerkt war. Es war als kleiner Kreis hingetüpfelt, und da die Karte in dem gleichen Jahr herausgegeben war, schlugen wir in den »Sailing Directions for South America« nach und lasen hier:
    »Es wurde zuerst 1906 und später auch 1926 berichtet, daß es etwa 600 Meilen südwestlich der Galapagos Brandungswellen auf 6 Grad 42 Minuten südlicher Breite und 99 Grad 43 Minuten westlicher Länge gibt. 1927 passierte ein Schiff eine Seemeile westlich dieser Position, ohne solche Brandung zu sehen, und 1934 kam ein anderes Schiff eine Seemeile südlich daran vorbei, gleichfalls ohne etwas zu beobachten. Das Motorfahrzeug >Cowrie< fand 1935 bei 160 Faden keinen Boden an dieser Stelle.«
    Den Karten zufolge war die Stelle ersichtlich weiterhin als ein unsicheres Gefahrenmoment für Fahrzeuge angesehen, und da ein tiefgehendes Schiff ein weit größeres Risiko läuft, wenn es sich einer Untiefe nähert, als wir auf unserem Floß, beschlossen wir, genau auf den Punkt der Karte zuzusteuern und nachzusehen, was es hier zu finden gab. Das Riff war etwas weiter nach Norden angezeichnet als dort, wohin wir voraussichtlich treiben würden. So legten wir das Ruder hinüber gegen Steuerbord und drehten das Rahsegel so, daß der Bug nach Norden zeigte und wir See und Wind von Steuerbord hereinbekamen. Jetzt geschah es wohl, daß etwas mehr vom Stillen Ozean in unsere Schlafsäcke schäumte, als wir es gewohnt waren, besonders als der Wind gleichzeitig beträchtlich aufzufrischen begann. Aber wir sahen, daß die »Kon-Tiki« scharf und sicher in einem verblüffend großen Winkel zur Windrichtung steuerbar war, wenn nur der Wind weiterhin schräg von achtern kam. Sonst schlug das Segel herum, und wir hatten den alten wahnwitzigen Zirkus, um das Floß wieder in unsere Kontrolle zu bekommen. Zwei Tage lang zwangen wir das Floß so nach Nordnordwest. Sturzseen wühlten sich auf und wurden unberechenbar, als der Passat begann, zwischen Südost und Ost zu schwanken, aber was immer gegen uns anbrauste, wir schaukelten darüber hinweg. Wir hatten ständig einen Posten auf der Mastspitze, und wenn wir über die Kämme ritten, weitete sich der Horizont beträchtlich aus. Die Kämme der Seen reichten zwei Meter über die Höhe des Hüttendaches, und wenn zwei energische Seen zusammenwuchsen, dann türmten sie sich im Zweikampf noch höher und hoben eine zischende Schaumkrone in die Luft, die sich in ungeahnter Richtung herunterwälzen konnte.
    Als die Nacht hereinbrach, verbarrikadierten wir die Hüttenöffnung mit Proviantkisten, aber es wurde ein nasses Lager. Wir waren kaum eingeschlafen, als es das erste Mal durch die Bambuswand wie durch ein Sieb in tausend Fontänen hereinbrach. Ein schäumender Wasserfall ergoß sich über uns und den Proviant.
    »Telefoniert um den Installateur!« hörte ich eine verschlafene Stimme bemerken, als wir zusammenkrochen, damit die See wenigstens durch den Fußboden ablaufen konnte. Der Installateur blieb jedoch aus, und wir bekamen viel Badewasser ins Bett diese Nacht. Sogar ein großer Dolfin landete während Hermanns Wache unverschuldet an Bord.
    Am nächsten Tag waren die Seen weniger verwirrt, nachdem der Passat beschlossen hatte, eine Zeitlang genau von Osten zu blasen. Wir lösten einander in der

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