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KON-TIKI

KON-TIKI

Titel: KON-TIKI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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alten Spanier behaupteten, daß die Indianer in großem Umfange auch ihre Balsaflöße auf dem Meer zu steuern wußten mit Hilfe gewisser versenkbarer Bretter, die sie in die Zwischenräume zwischen den Stämmen hinuntersteckten, hörte sich ganz unbegreiflich an für uns alle, die sich jemals mit diesem Problem beschäftigten. Da diese Bretter in einer schmalen Spalte festsaßen, konnten sie ja nicht nach der Seite verdreht werden und daher auch nicht als Ruder wirken.
    Wir kamen auf die Lösung dieses Geheimnisses auf folgende Art: Der Wind war stetig und die See wieder ruhig geworden, so daß die »KonTiki« seit ein paar Tagen einen scharfen Kurs lief, ohne daß wir an dem festgebundenen Steuerruder rührten. So steckten wir den wiedergefundenen Senkkiel in einen Zwischenraum im Achterdeck, und momentan schwenkte die »Kon-Tiki« ab, und zwar um viele Grade von Westen gegen Nordwesten und setzte sicher und ruhig ihren neuen Kurs fort. Zogen wir dieses Brett wieder herauf, schwenkte das Floß wieder in seine alte Richtung zurück, zogen wir es bloß halb heraus, so ging es auch wieder halb auf den alten Kurs. Durch einfaches Heben und Senken dieser Schwerter konnten wir neue stabile Kurse ausstekken, ohne das Steuerruder zu verändern. Das war das geniale Geheimnis der Inkas: sie arbeiteten ein einfaches Gleichgewichtssystem aus, bei dem Mast und Segel den festen Punkt bildeten, auf den der Druck des Windes wirkte. Die zwei Hebelarme waren das Floß vor und hinter dem Mast. Wurde die gesamte Senkkielfläche achtern übermächtig, dann schwang der Vordersteven mit dem Winde herüber, wurde aber die Senkkielfläche vorne stärker, so drehte das Achterende mit dem Winde. Die Senkkiele, die dem Mast am nächsten waren, waren selbstverständlich am wenigsten wirksam auf Grund des Verhältnisses zwischen Gewichtsarm und Kraft. Kam der Wind genau von achtern, so hörte die Wirkung dieser Bretter auf. Aber da war es auch unangenehm, das Floß ruhig zu halten, ohne ständig mit dem Steuerruder zu arbeiten. Und fuhr das Floß so ganz seiner Länge nach, wurde es auch ein wenig zu lang, um frei über die Seen zu gleiten. Und nachdem die Hüttentür und der Speiseplatz auf der Steuerbordseite waren, nahmen wir auch deshalb immer den Wind schräg von Backbord achtern. Wir hatten es nun leicht, unseren Weg über das Meer fortzusetzen, indem der Steuermann diese Senkkiele in einer Spalte auf- und niederhob, anstatt am Tauwerk beim Steuerruder zu ziehen, aber wir hatten uns so an das Steuerruder gewöhnt, daß wir nur den groben Kurs mit den Senkkielen setzten, während wir es vorzogen, mit dem Ruder zu steuern.
    Der nächste Markstein der Reise war gleich unsichtbar für das Auge wie jene Schäre, die nur auf der Karte existierte. Es war der fünfundvierzigste Tag auf See. Wir waren hier vom 78. Längengrad bis zum 108. Grad gekommen und waren nun genau auf halbem Wege zu den ersten Inseln vor uns. Es waren viertausend Kilometer hinter uns nach Südamerika im Osten und gleich weit vorwärts nach Polynesien im Westen. Der nächste feste Punkt in irgendeiner Himmelsrichtung waren die Galapagosinseln im Nordnordosten und die Osterinsel genau im Süden. Beide sind über tausend Kilometer weit durch ein endloses Weltmeer getrennt. Schiffe hatten wir keine gesehen, und wir bekamen auch überhaupt keine zu Gesicht, denn wir befanden uns außerhalb der Routen für allen gewöhnlichen Schiffsverkehr im Ozean. Aber wir bekamen nie ein genaues Gefühl für diese enormen Entfernungen, denn der Horizont glitt unmerklich mit uns, da wir selbst trieben, und unsere fließende oder schwimmende Welt blieb immer die gleiche. Das Floß war das Zentrum, um das sich der weite Himmel wölbte. Und dieselben Sterne drehten sich über uns Nacht für Nacht.

6 Polynesien kommt näher
    Ein lächerliches Fahrzeug. Ausflug im Gummiboot. Gnadenlose Trift hinaus ins Unendliche. In einer Bambushütte mitten auf dem Ozean. Auf dem Längengrad der Osterinsel. Das Geheimnis der Insel. Riesengötter und Steinkolosse. Perücken aus rotem Fels. Die Technik der »Langohren«. Verbindungen mit Amerika. Sprechende Ortsnamen. Tauziehen mit Haifischen. Haifang mit der Faust. Der Papagei. LI2B ruft. Der Sternenkompaß. Drei rätselhafte Wogen. Sturm. Blutbad in der See. Blutbad an Deck. Mann über Bord. Noch ein Sturm.»Kon-Tiki« wird schlotterig. Erste Botschaft aus Polynesien.
    Wenn die See nicht allzu wild war, paddelten wir oft mit dem winzigen Gummifloß hinaus, um

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