KON-TIKI
von draußen zu fotografieren. Niemals werde ich den ersten von unseren Schlauchbootausflügen vergessen. Das Meer war so ruhig, daß zwei Mann Lust bekamen, das ballonartige kleine Ding aufs Wasser zu setzen und damit ein Stück hinaus in die Wogen zu rudern. Sie waren kaum vom Floß abgestoßen, als sie die kleinen Ruder schon ausließen und brüllend zu lachen begannen. Und als die Wellen sie davontrugen, so daß sie, auf und nieder geschaukelt, immer wieder hinter den Kämmen verschwanden, da platzten sie erst richtig los, sooft sie einen Blick von uns erhäschen konnten, und lachten so, daß es weit hinaus über den offenen Pazifik schallte. Wir auf dem Floß blickten mit gemischten Gefühlen um uns und konnten nichts Komisches entdecken außer unseren eigenen zerzausten und bärtigen Gesichtern. Die aber mußten die zwei da draußen eigentlich schon gewohnt sein, so daß uns der schleichende Verdacht befiel, sie hätten am Ende wohl den Verstand verloren. Vielleicht ein Sonnenstich? Vor Lachen hatten die beiden erkleckliche Mühe, zurück zur »Kon-Tiki« zu rudern. Sie blieben uns jede Erklärung schuldig. Sich schier verschluckend und mit Tränen in den Augen forderten sie uns kurzerhand auf, erst einmal selber das Floß von draußen zu begucken.
Zwei von uns anderen sprangen in das tanzende Schlauchboot und wurden sofort von einer Woge ergriffen, die uns davontrug. Bums, setzten auch wir uns nieder und lachten schallend los. Nun mußten wir so rasch wie möglich zurück zum Floß paddeln, um auch die beiden letzten zu beruhigen, die noch nicht draußen gewesen waren. Sie meinten schon allen Ernstes, wir wären alle miteinander vollständig übergeschnappt.
Wir selber waren es und unser eigenes stolzes Fahrzeug, das uns einen so vollständig hoffnungslosen und blödsinnigen Anblick bot, als wir das Ganze zum ersten Mal aus größerem Abstand sahen. Wir hatten uns auf offener See bisher noch nie von »außerhalb« betrachtet. Die Stämme verschwanden bereits unter den kleinsten Wellen. Zu sehen war eigentlich nur die niedrige Hütte mit der breiten Türöffnung und dem zerzausten Blätterdach, die immer wieder aus den Wogen auftauchte. Das sah genauso aus, als würde eine alte norwegische Scheuer hoffnungslos und verloren auf dem offenen Meer herumtreiben, eine windschiefe Heuhütte, voll von sonnverbrannten und bärtigen Lazzaronis. Wenn jemand in einer Badewanne dahergepaddelt wäre, so hätte uns das nicht weniger spontan zum Lachen gereizt. Schon ganz gewöhnliche Wellen stiegen bis zur halben Höhe der Hüttenwand empor, und es sah aus, als müßten sie sich ungehindert in das weit offene Scheunentor hineinwälzen, wo die bärtigen Brüder lagen und glotzten. Aber da schwamm der gebrechliche Bau schon wieder oben auf dem Wasser, und die vier Landstreicher lagen noch immer so trocken, ruppig und unbeteiligt da wie zuvor. Kam eine größere Welle vorbeigerauscht, konnte es geschehen, daß Hütte, Segel und der ganze Mast hinter dem Wasserberg verschwanden. Aber mit unbeirrbarer Sicherheit war die Hütte mit den Landstreichern im nächsten Augenblick wieder obenauf. Das sah ja schlimm genug aus, und wir konnten es kaum fassen, daß es uns an Bord dieses Fahrzeuges bisher so gut gegangen war.
Als wir das nächste Mal hinausruderten, um zu einem gesunden Lachen über uns selbst zu kommen, wäre es um ein Haar schief gegangen. Wind und Wellen waren stärker, als wir angenommen hatten, und so glitt die »Kon-Tiki« weit rascher durch die Wogen, als uns klar war. Wir mußten ums Leben rudern, um mitten auf dem offenen Meer das unsteuerbare Floß wiederzugewinnen, das nicht halten und warten konnte und noch weniger wenden und zurückkommen. Wenn auch die Jungens auf der »Kon-Tiki« das Segel in aller Eile einholten, so drückte doch der Wind derart gegen das Hüttendach, daß das Balsafloß rasch gegen Westen trieb. Wir plantschten hinterdrein in dem tanzenden kleinen Schlauchboot mit den winzigen Spielzeugrudern und kamen bei aller Mühe nicht schneller vorwärts als das Floß. Nur ein Gedanke beherrschte uns: zurück zur »Kon-Tiki«! So durfte sich unsere Mannschaft nicht auflösen! Es waren unangenehme Minuten draußen auf dem Meer, bis wir das entlaufene Floß einholten und zu den anderen an Bord krochen, hinauf auf die Balsastämme, die unsere Heimstatt waren. Von diesem Tage an war es streng verboten, im Gummiboot hinauszuziehen, ohne eine lange Leine am Bug befestigt zu haben, so daß die anderen an
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