Konfessor - 17
verzweifelt sein Bedürfnis war, endlich loszuschlagen, er musste seinen Verstand gebrauchen und die Augen nach der passenden Gelegenheit offen halten. Die Gefahr, dass diese sich nicht ergeben könnte, war stets vorhanden gewesen, aber aus Verzweiflung einfach irgendetwas zu tun würde seine Chancen womöglich vollends zunichtemachen. Trotzdem, diese Warterei trieb ihn in den Wahnsinn.
Nach der Partie des heutigen Tages hatte er in seinem zerschundenen Zustand nur einen Wunsch: sich hinzulegen und ein wenig auszuruhen. Ihm war jedoch klar, dass er wegen seiner Besorgnis, wie seit Tagen schon, kaum Schlaf finden würde. Trotzdem war er dringend darauf angewiesen, denn am nächsten Tag stand ihre bisher wichtigste Partie an - eine Partie, die ihm hoffentlich die lange gesuchte Gelegenheit bescheren würde.
Als er den Soldaten mit dem Abendessen kommen hörte, hob er den Kopf. Ausgehungert, wie er war, hörten sich sogar die üblichen hart gekochten Eier gut an. Der Soldat bahnte sich einen Weg durch den Ring aus Bewachern um die gefangenen Spieler aus Richards Mannschaft, hinter sich den kleinen Karren, in dem er gewöhnlich ihr Essen transportierte. Die Gardisten würdigten ihn nur eines flüchtigen Blicks. Die Räder des Karrens quietschten im vertrauten Rhythmus, als der Mann über den harten, verkrusteten Boden stapfte. Vor Richard blieb er stehen.
»Die Hände vor.« Er schnappte sich ein Messer und ging daran, irgendetwas in seinem Karren zu zerschneiden. Richard tat, wie ihm geheißen. Der Soldat hob etwas aus dem Wagen und warf es ihm zu. Zu seiner Überraschung war es eine dicke Scheibe Schinken.
»Was hat das zu bedeuten? Eine letzte Henkersmahlzeit vor dem Schicksalsspiel morgen?«
Der Soldat packte die Griffe seiner Karre. »Nachschub ist eingetroffen. Alle kriegen was zu essen.«
Richard starrte auf seinen Rücken, als der Soldat die Karre die Reihe entlangschob, um den anderen ebenfalls ihr Essen auszuhändigen.
Nicht weit entfernt quittierte Johnrock, Gesicht und Körper bedeckt mit dem Liniengeflecht aus roter Farbe, die überfällige Abwechslung im Speiseplan mit einem zufriedenen Pfeifen. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft im Lager hatten sie eine nennenswerte Menge Fleisch bekommen. Ab und zu hatte man ihnen Eintopf mit herzlich wenigen Fleischbrocken darin verabreicht, einmal sogar Rindfleischeintopf. Richard fragte sich, wie die Vorräte bis zum Feldlager hatten durchkommen können, wo doch das Aushungern der D’Haranischen Armee eigentlich genau dies hätte verhindern sollen. Es war ihre einzige realistische Chance, Jagangs Soldaten Einhalt zu gebieten. Als wären seine Sorgen nicht schon groß genug, bedeutete die dicke Schinkenscheibe in seiner Hand einen neuen, ernstzunehmenden Rückschlag. Aber vermutlich war es nur zu verständlich, dass von Zeit zu Zeit ein Nachschubkonvoi durchkam. Angesichts der zur Neige gehenden Vorräte war er gerade noch rechtzeitig eingetroffen. Die Alte Welt war riesig, daher war ihm klar, dass die D’Haranische Armee unmöglich das gesamte Land abdecken konnte. Andererseits fragte er sich, ob das Schinkenstück in seiner Hand womöglich ein Anzeichen dafür war, dass es für General Meiffert und die unter seiner Führung gen Süden marschierenden Truppen nicht so gut lief. Johnrock, seine Kette hinter sich herschleifend, robbte näher heran. »Rüben! Wir kriegen Schinken! Ist das nicht wunderbar?« »Wunderbar wäre es, frei zu sein. Als Sklave ordentlich zu essen entspricht nicht meiner Vorstellung von einem Wunder.« Johnrocks Züge erschlafften leicht, ehe erneut ein Strahlen über sein Gesicht ging. »Aber ein Schinken essender Sklave zu sein ist doch wohl besser als ein Eier essender, oder etwa nicht?« Richard war nicht in der Stimmung für diese Diskussion. »Ja, vielleicht hast du recht.«
Johnrock grinste. »Das will ich meinen.« Die beiden Männer aßen schweigend, während sich langsam die Dämmerung über sie herabsenkte. Richard kostete vom Schinken und musste zugeben, dass Johnrock tatsächlich nicht ganz unrecht hatte. Er hatte fast vergessen, wie gut etwas anderes als Eier schmecken konnte. Außerdem würde der Schinken ihm und seiner Mannschaft frische Kräfte verleihen. Und die hatten sie bitter nötig. Johnrock, den Mund voll Schinken, rutschte ein Stück näher. Er schluckte den Bissen hinunter und lutschte den Saft von seinen Fingern. »Sag mal, Rüben, stimmt irgendwas nicht mit dir?« Richard sah zu seinem massigen rechten
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