Konfessor - 17
einfach aus der Unterwelt zurückholen. Richard ist für uns verloren.«
Cara, außerstande, diese Äußerung einfach hinzunehmen, unterdrückte blinzelnd ihre Tränen.
»Kaiser Jagang wird in diesen Palast eindringen«, erklärte Nathan. »Es ist nur eine Frage der Zeit. In Kürze wird die große Leere über uns hereinbrechen. Jetzt können wir nur noch hoffen, das so vielen Palastbewohnern wie möglich zu ersparen.« Nicci reckte ihr Kinn vor. »Verstehe.«
»Und das ist nur zu schaffen, indem wir den Palast sofort bei Neumond aufgeben - und zwar zu den von Jagang genannten Bedingungen.« Nicci schluckte. »Ich kann nicht behaupten, dass ich einen anderen Weg wüsste.«
»Tut mir leid, Nicci.« Seiner Stimme war anzuhören, wie ernst es ihm war. »Allerdings muss ich noch einige Vorbereitungen treffen, deswegen werde ich Euch in Gewahrsam nehmen und einsperren müssen, bis Euch Jagang bei Neumond holen kommt.«
Nicci fühlte eine Träne über ihre Wange rinnen, nicht ihretwegen, sondern weil Richard für all die Menschen verloren war, die sich darauf verlassen hatten, dass er für sie das Blatt wenden, die letzte Schlacht schlagen und letztendlich tun würde, was ihm allein vorherbestimmt war. »All die Wachsoldaten mit ihren Pfeilen sind vollkommen überflüssig.« Nur mit knapper Not konnte sie verhindern, dass ihre Stimme brach. »Ich werde widerstandslos mitgehen.«
Nathan nickte. »Danke, dass Ihr es nicht noch schwieriger macht, als es ohnehin schon ist.«
56
Ein blitzartiger Schauder eiskalter Angst ließ Kahlan aus dem Schlaf hochschrecken.
Etwas auf der rechten Seite liegend, den Kopf ganz nach rechts gedreht, während ihr Kinn auf der als Kopfkissen dienenden Satteltasche ruhte, riskierte sie einen vorsichtigen Blick durch den schmalen Spalt ihrer Lider. Die aufkommende Dämmerung verlieh dem wolkenverhangenen Himmel soeben den ersten Hauch von Morgenröte. Zuerst noch ahnungslos, was sie so unvermittelt geweckt hatte, erkannte sie schon bald den Grund.
Unmittelbar über sich konnte sie aus den Augenwinkeln Samuel erkennen, der sich - vollkommen regungslos verharrend, lautlos und nur wenige Zoll entfernt - über sie beugte wie ein Berglöwe über seine Beute. Er war vollkommen nackt.
Kahlan war so verblüfft, dass sie einen Moment lang in völliger Verwirrung erstarrte. Und sich fragte, ob sie tatsächlich wach war oder einen absonderlichen Albtraum hatte. Ihre Verwirrung schlug um in nachdrückliche Angst, als ihre Instinkte das Kommando übernahmen. Ohne sich anmerken zu lassen, dass sie wach war, schob sie ihre Hand Zoll für Zoll Richtung Gürtel, um an ihr Messer zu gelangen. Da sie leicht nach rechts verdreht lag, befand sich ihr Messer halb unter ihrem Körper, so dass sie ihre Finger unter ihren Körper zwängen musste, um heranzukommen. Sie vertraute darauf, dass ihre Decke ihre Bewegung zumindest ein wenig verdecken würde. Das Messer war nicht an seinem Platz.
Sie schielte an sich herab, in der Hoffnung, es sei irgendwie herausgerutscht und liege irgendwo nahebei auf dem Boden. Als sie suchend unter der Decke umhertastete, erblickte sie unweit Samuels Kleiderhaufen. Dann sah sie das Messer. Es war zwischen seine Kleider geworfen worden - für sie unerreichbar.
Ihr wurde schlecht bei der Vorstellung, dass er sich heimlich ausgezogen und sie dabei im Schlaf beobachtet hatte. Sie fand es abstoßend, dass er ihr so nahe gekommen war, sie angestarrt und ihr in Vorbereitung auf die obszönen Dinge, die er offenbar mit ihr zu tun gedachte, unbemerkt das Messer abgenommen hatte. Und sie war wütend auf sich selbst, weil sie ihn so weit hatte gewähren lassen.
Obwohl er immer schüchtern und verängstigt gewirkt hatte und oftmals geradezu versessen darauf war, ihr zu schmeicheln, war sie von seinem Verhalten nicht völlig überrascht. Nur zu gut waren ihr die vielen Male in Erinnerung, als sie ihn dabei ertappt hatte, und stets hatte in seinen Blicken ein kriecherisches Verlangen gelegen, das er sonst niemals an den Tag legte.
Samuel war nicht groß, aber muskulös und ihr kräftemäßig zweifellos überlegen. Kampflos würde sie sich ihm unmöglich entziehen können, zudem befand sie sich für eine körperliche Auseinandersetzung mit ihm in einer denkbar ungünstigen Lage. Auf diese kurze Distanz konnte sie nicht einmal wirkungsvoll zuschlagen. Ohne Messer, ohne Aussicht auf fremde Hilfe, konnte sie kaum darauf hoffen, sich seiner zu erwehren. Trotz seiner deutlichen körperlichen
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