Konfliktmanagement
verbreitet. Die Lage spitzt sich immer mehr zu. Irgendwann lehnen die Mitglieder des Teams eine weitere Zusammenarbeit mit Frau P. ab.
Sind diese Handlungen Mobbing? Zweifellos werden hier Personen bei der Arbeit schikaniert, angegriffen oder sozial ausgegrenzt, wird die Ausführung ihrer Arbeitsaufgaben negativ beeinflusst. Um solche Angriffe aber als Mobbing bezeichnen zu können, müssen sie
wiederholt,
regelmäßig (z. B. wöchentlich) und,
über einen längeren Zeitraum (z. B. sechs Monate) hinweg erfolgen sowie
irgendwann zu einer Eskalation führen und
den Betroffenen nach anfänglichem Widerstand in eine unterlegene Position bringen (sofern er sich nicht schon von Anfang an darin befand).
In diesem Sinne kann es sich bei den obigen Beispielen durchaus um Mobbing handeln. Wir kennen zwar nicht die konkreten Gründe für das Verhalten, das der Chef von Herrn S. und die Kolleginnen von Frau P. an den Tag legen. Ein normaler kollegialer Umgang unter Kollegen am Arbeitsplatz liegt aber sicherlich nicht vor. Der deutschstämmige Psychologe Heinz Leymann (der später in Skandinavien forschte) hat den Begriff Mobbing bereits 1993 geprägt. Von ihm stammt auch die Einteilung der Mobbinghandlungen in fünf Kategorien, die in diesem Buch noch geschildert werden. Obwohl der Begriff von dem englischen Wort „to mob“ (in der Bedeutung „herfallen über, sich stürzen auf“) abgeleitet ist, wird im angelsächsischen Sprachraum übrigens meistens ein anderer Begriff benutzt, nämlich „Bullying“.
Abgrenzung zu Konflikten
Wenn es sich um einen isolierten Vorfall handelt (also keine Systematik erkennbar ist) und wenn beide Streitparteien gleich stark sind, liegt ein herkömmlicher Konflikt vor. Meinungsverschiedenheiten, vorübergehende Streitereien oder Auseinandersetzungen, die wieder beigelegt werden, gelten im Arbeitsleben als normal und daher nicht als Mobbing. Eswird allgemein erwartet, dass sich Frust oder Unmut immer mal wieder in Form eines „reinigenden Gewitters“ entlädt.
Beispiel
Herr G. und Frau M. haben eine inhaltliche Auseinandersetzung über die richtige Vorgehensweise bei einem Projekt. Beide vertreten sehr gegensätzliche Standpunkte. Während einer Besprechung kommt es deshalb zum Streit. Herr G. wirft Frau M. fachliche Inkompetenz vor, während Frau M. Herrn G. bezichtigt, das Team zu spalten. Die Sitzung wird abgebrochen und ein neuer Termin vereinbart. Herr G. und Frau M. sind daraufhin mehrere Tage „gekränkt“ und gehen kühl miteinander um. Beide haben in der Vergangenheit aber immer gut zusammengearbeitet. Es finden vermittelnde Gespräche mit verschiedenen anderen Kollegen und Vorgesetzten statt. Schließlich beruhigen sich beide Seiten wieder und vertragen sich. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass es gut war, die unterschiedlichen Standpunkte zur Sprache zu bringen und sie nicht zu unterdrücken. Herr G. und Frau M. arbeiten jetzt wieder konstruktiv zusammen, respektieren aber ihre gegensätzlichen Meinungen.
Man sagt, dass Konflikte auch ihre guten Seiten haben, da sie dazu beitragen, unterschiedliche Interessen und Standpunkte zu klären. Im günstigsten Fall verbessern sich dadurch die Beziehungen sogar erheblich, man spricht dann von einer konstruktiven Streitkultur. Ob zwei Konfliktparteien gleich stark sind, ist schon schwieriger zu beurteilen. Auch wenn man auf derselben Hierarchieebene steht und somit scheinbar gleich stark ist, kann man dennoch unterlegen sein, etwa wenn der Gegner über mehr Erfahrung und Wissen verfügt oder von einer höheren Dienstebene gedeckt wird.
Viele Führungskräfte glauben fälschlicherweise, dass die Streitparteien ihre Konflikte eigenständig regeln könnten, da sie ja erwachsen seien. Ein harmloser Konflikt kann aber schnell in destruktives Verhalten umschlagen – dann will vielleicht eine der beiden Parteien gar nicht mehr den Standpunkt der anderen verstehen, und diese weigert sich womöglich ebenfalls, ein Minimum an Mitgefühl und Verständnis für ihr Gegenüber aufzubringen. Konflikte sollte man daher auf keinen Fall bagatellisieren, denn es besteht immer die Gefahr, dass sie irgendwann eskalieren.
Wichtig
Mobbing ist immer ein Konflikt, aber nicht bei jedem Konflikt liegt auch automatisch Mobbing vor.
Schadet der Begriff Mobbing dem Betriebsfrieden?
Es gibt auch Kritiker des Mobbingbegriffs, die finden, dass er überstrapaziert und zu leichtfertig verwendet wird. Manche Arbeitgeber befürchten z. B., dass sie nun
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