Konigs-Schiessen
wie Sie es nennen, neuen Ansatzpunkt entdecken. Was mir bei Ihren Berichten ins Auge fällt, ist ein Konglomerat aus Intuition, Vermutungen und Ihrer privaten Empirie.«
Dabei schaffte er es, ganz jovial zu lächeln.
»Aber lassen wir das. Ich möchte gar nicht näher darauf eingehen. Ich verlange ja nicht, daß Sie den Fall endgültig abschließen. Legen Sie ihn einfach ganz oben auf den Stapel der ungeklärten Fälle. Dann können Sie sich später immer noch mal wieder damit befassen.«
»Nein.«
»Herr Toppe«, das joviale Lächeln verwandelte sich in einen schmalen Betonmund, und Toppe fragte sich, wie lange der Alte das wohl geübt hatte, »ich kann es mir derzeit nicht leisten, auf einen erfahrenen Mitarbeiter zu verzichten. Ich sehe, Sie haben sich zwischen den Jahren freigenommen. Das ist eine ausgezeichnete Idee. Es wird Ihnen gut tun.«
Toppe wußte nicht, ob er lachen oder brüllen sollte, als er so in die,Armer Irrer’-Ecke gestellt wurde. Er fing sich aber schnell.
»Konstruktive Kritik eines erfahrenen, kompetenten Vorgesetzten kann für jeden Mitarbeiter durchaus nur erbaulich sein. Falls Sie darüber hinaus auch noch an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert sein sollten, würde ich Ihnen mitteilen, daß ich wichtige Informationen aus Duisburg und s’Heerenberg erwarte.«
Siegelkötters gnädiges Lächeln rutschte seitlich weg.
»Glauben Sie mir, Herr Toppe, Sie haben sich verrannt. Das passiert uns allen manchmal, das kennt man doch aus eigener Erfahrung. Was man dann braucht, ist ein wenig Abstand.
Nach den Feiertagen arbeiten Sie in der SOKO mit. Die benötigt dringend einen Mann mit Ihren Fähigkeiten, denn auch deren Ergebnisse sind ausgesprochen..«
» … karg«, unterbrach ihn Toppe. »Bis zum 2. Januar werde ich an meinem Fall weiterarbeiten.«
Siegelkötter schüttelte besorgt den Kopf. »Nun, wenn Sie in Ihrer Freizeit nichts Besseres vorhaben. Aber hören Sie auf meinen Rat: verabschieden Sie sich innerlich von diesem Fall.«
Toppe winkte nur wortlos ab und wandte sich zur Tür.
Er war zu seinem eigenen Erstaunen nicht einmal besonders wütend, als er zum Büro zurückging. Er nahm sich vor, bis zum 2. Januar nicht mehr über dieses Gespräch nachzudenken.
Breitenegger wedelte mit einem Blatt Papier. »Fax aus Duisburg.«
»Alle Achtung, ganz schön fix, der Junge.«
Die,ehrbaren Bürger’, mit denen Peter Verhoeven, übrigens auch heute noch, regelmäßig jeden Freitag spielte, entpuppten sich als zumeist schon einschlägig bekannte Halbwelt-Mitglieder: ein Barbesitzer war dabei, ein Tankstelleninhaber, ein Fotograf..
»Geldek«, murmelte Toppe, »Geldek, der Name ist doch schon mal aufgetaucht..« »Der Baulöwe?« wollte Breitenegger wissen.
»Mmh, Bauunternehmer steht hier.«
»Den kennst du nicht?«
»Nö.«
»Mensch, der steht doch dauernd in der Zeitung. Ganz schräger Vogel. Erst seit ein paar Jahren in Kleve, aber von Anfang an gut im Geschäft. Gleich den richtigen Draht zur Stadt, zieht sich jeden dicken Auftrag an Land, alles ganz legal, versteht sich. Dem gehört doch jetzt schon halb Kleve.«
» Ach der! Klar, jetzt weiß ich. Ich dachte immer, der käme von hier.«
»Ach was, der ist erst vor sieben, acht Jahren aus dem Ruhrpott hier runtergekommen. Aber dann weißt du ja auch, was so alles über den erzählt wird.«
»Ja, ja, warme Abbrüche, eigener Schlägertrupp, jetzt fällt’s mir wieder ein. Was würde Ackermann dazu sagen: Die Leute quatschen viel, wenn der Tag lang ist. Aber ich bin ganz sicher, daß ich den Namen im Verhoevenfall schon einmal gelesen habe.«
Er brauchte genau zwei Stunden, bis er den Namen wiedergefunden hatte: Im Zusammenhang mit der Schießerei im Duisburger Hauptbahnhof, bei der die jetzige Tatwaffe benutzt worden war, war von Geldek die Rede gewesen. Einen seiner damaligen Handlanger am Bau, der Geldeks Ziehkind gewesen war, hatte man bei der Schießerei identifiziert, aber Geldek hatte ihm ein wasserdichtes Alibi besorgt.
Der Kollege in Duisburg rutschte fast vom Stuhl, als Toppe anrief, hatte aber, als der Name Geldek fiel, schnell ein Einsehen, und nach einer weiteten Stunde Faxerei und Computerbefragung wußte Toppe eine ganze Menge mehr:
Eugen Geldek, geboren 1938 in Duisburg, drei Kinder aus erster Ehe; in zweiter Ehe verheiratet mit Martina Marx, Architektin. Wohnhaft in Kleve-Brienen, Am Deich 1. Die Ehefrau war Inhaberin eines großen Baugeschäftes in Duisburg-Obermarxloh und einer
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