Konigs-Schiessen
Toppe in den Raum hinein.
Ingeborg drehte sich an der Spüle um und sagte schnell: » Heiligabend waren die Eltern bei uns oben. Beim Runtergehen ist er einfach ausgerutscht und die Treppe runtergefallen. Oberschenkelhalsbruch. Im Krankenhaus haben sie ihn gleich operiert, aber es war wohl alles zuviel. Lungenembolie.«
In diesem Augenblick kreischte Hendrina auf. »Mörder!« Und mit einer blitzschnellen Bewegung fuhr sie mit ihren schwarzen Krallen durch Peters Gesicht.
»Oma!« Frank legte ihr den Arm um ihre Schultern und hielt sie fest.
Peter Verhoeven war aufgesprungen.
»Sehen Sie, was ich meine?« stieß er hervor. »Die Frau ist eine Gefahr für sich und für andere. Es ist unverantwortlich. Gleich nach Neujahr werde ich mich darum kümmern.«
Er ging zum Spiegel an der Spüle und untersuchte die beiden dicken roten Striemen auf seiner rechten Wange.
»Papa!« sagte Frank.
Auch der Arm ihres Enkelsohns konnte Hendrina nicht beruhigen. Sie stieß unzusammenhängende Sätze aus, den Blick auf die Tischplatte geheftet. Zuerst war sie kaum zu verstehen, aber mit jedem Wort steigerte sich die Lautstärke, und zwischen jedem Satz holte sie keuchend Luft.
» Alle tot – er ist schuld – noch leben können – Auge um Auge – wenn er gekonnt hätt’, hätt’ er noch nachgetreten – den Teufel im Balg – Mörder – du hast ihn umgebracht – du hast sie alle umgebracht!«
Jetzt verlor selbst Peter Verhoeven die Beherrschung. Dunkelrot im Gesicht fuhr er seinen Sohn an: »Stopf ihr das Maul, oder ich drehe ihr den Hals um.«
Toppe beobachtete ihn gespannt. Verhoeven warf ihm einen schnellen Blick zu und setzte sich wieder hin. Toppe ließ ihn nicht aus den Augen. Irritiert sah Verhoeven auf. »Hören Sie, Sie glauben ihr doch nicht etwa?«
Und dann voller Empörung: »Also, das ist ja wohl..! Hören Sie, ich weiß, daß Sie sich die kranke Idee in den Kopf gesetzt haben, ich hätte was mit Ihrem Mord zu tun, aber es geht doch wohl etwas zu weit, wenn Sie mir jetzt auch noch unterstellen, ich hätte meinen eigenen Vater umgebracht.«
»Ich habe nichts dergleichen gesagt.«
»Gesagt nicht! Und wie soll ich das wohl Ihrer Meinung nach angestellt haben, he? Bin ich ins Krankenhaus geschlichen und habe ihm eine Lungenembolie eingehaucht?«
»Nicht im Krankenhaus.«
»Ach, Sie denken also die Treppe. Da hört sich doch wohl alles auf! Muß ich mir das eigentlich bieten lassen, Frank?«
Aber Frank hörte gar nicht zu. Er hatte seine Großmutter fest am Arm und versuchte, sie zur Tür zu führen, aber sie machte sich ganz steif und schlug nach ihm. »Ich will dabei sein!«
Ingeborg sah ihren Mann lange an. In ihrem Gesicht spiegelte sich Verachtung, aber auch eine Art Triumph. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich Toppe gegenüber.
»Am Heiligen Abend«, begann sie langsam, »hat mein Mann sich mal wieder mit meinem Schwiegervater über den Hof gestritten.«
Peter grunzte drohend, aber Ingeborg fuhr ungerührt fort. »Mein Schwiegervater hat sich schrecklich aufgeregt, seine Frau beim Arm gepackt und sie mit sich zur Tür gezogen.,Nur über meine Leiche’ hat er noch gebrüllt.« Sie strich sich durchs Haar. Die Pause war wohlgesetzt. »Da hat mein Mann sich die Schnapsflasche an den Kopf gesetzt und den Fernseher eingeschaltet. Ich bin hinter meinem Schwiegervater hergelaufen, aber als ich an die Treppe kam, lag er schon unten und stöhnte, und meine Schwiegermutter hielt sich krampfhaft oben am Geländer fest. So ist es gewesen. Und das kann Ihnen mein Sohn bestätigen. Meine Kinder waren nämlich beide dabei.«
Damit wischte sie sich die Hände an ihrem Rock ab, stand auf, schob den Stuhl an seinen Platz zurück, ging zu Hendrina hinüber, faßte sie fest am Arm und führte sie hinaus.
Frank sah sich kurz nach ihnen um, kam dann wieder auf die Bank und beantwortete die nicht ausgesprochene Frage: »Das kann ich bestätigen.«
Peter Verhoeven lachte kopfschüttelnd, immer noch voll Empörung.
»Ist Eugen Geldek ein besonders guter Freund von Ihnen?«
Dieser Punkt ging an Toppe. Das Lachen brach ab, und Peter Verhoevens Blick irrte kurz umher, bevor er sich wieder auf Toppe heftete.
»Wir kennen uns seit etlichen Jahren. Warum?«
»Die Waffe, mit der Ihr Onkel getötet wurde, ist schon einmal bei einer Schießerei benutzt worden, und bei den Ermittlungen ist man auf Geldek gestoßen.«
»Ach, das ist ja interessant. Und? Hatte er was damit zu tun?«
Toppe grinste
»Geldek? Der
Weitere Kostenlose Bücher