Konny Reimann
besonders gewiefte Taktik als vielmehr um ein korrektes Gefühl. Ich wollte mich einfach nicht unter Wert verkaufen, ansonsten hätte mir die Arbeit keinen Spaß gemacht. Wenn jemand nur wenig zu geben hatte, aber fair mit seinen Arbeitern umging, gab ich mich auch mit weniger zufrieden. Die Verhältnisse mussten einfach stimmen.
Zunächst verdiente ich mein Geld in Hamburg, später fuhr ich dann zur See und reparierte unterwegs Klimaanlagen. In jener Zeit arbeitete ich für verschiedene Firmen, mit Unterbrechungen war ich immer wieder unterwegs an entlegene Orte, für die man, wollte man sie auf dem Globus suchen, eine halbe Umdrehung benötigte.
Ich genoss diese Reisen damals sehr. Alles, was ich zu der Zeit tat, hatte mit Freiheit zu tun und stillte meine Sehnsucht nach Abenteuer. Ich kam unter anderem auch nach Südamerika und wäre um ein Haar sehr früh schon dort hängengeblieben. Ein Hotel in Santos hatte mir ein Angebot gemacht, dort zu arbeiten, und die Option gefiel mir sehr gut. Zwei Gründe hielten mich davon ab, dort zu bleiben: Zum einen hatte ich in Hamburg zu der Zeit eine Freundin. Zum anderen hatte eben diese Freundin in meiner Abwesenheit einen Unfall mit meinem Chevy Caprice Kombi. Sie erzählte mir davon am Telefon, genau in den Tagen, als ich in Südamerika war. Ich hatte ein schlechtes Gefühl, sie (und den kaputten Wagen) dort so alleinzulassen. Ich liebte meine Freundin, und ich liebte den Wagen. Die Vorstellung, meinen „Ami“ einfach kaputt zurückzulassen, bereitete mir Magenschmerzen. Ich war ziemlich entnervt von der Sache. Ihr war nichts passiert, und später erfuhr ich auch, wieso. Als ich wieder in Hamburg angekommen war, entpuppte sich der Unfall als Lappalie: Meine Freundin hatte gar keinen Schaden davontragen können, weil sie an dem Station Wagon (so nannte man das Modell) lediglich das Gummi an der Zierleiste etwas ramponiert hatte. Eine Macke, die ich mit einem Handgriff wieder beheben konnte. So hielten ein kleines Stück Gummi und meine ausufernde Vorstellungskraft mich davon ab, mein Leben in Südamerika fortzusetzen. War vielleicht besser so.
Auch nach England und Frankreich bin ich gekommen und habe gelernt, dass der alte Spruch tatsächlich stimmt: Reisen bildet. Ich fand es großartig, auf See zu sein und diese unterschiedlichen Länder kennenzulernen. Auch durch den Sport bin ich später noch viel gereist, bin viel herumgekommen, und habe ebenso wissbegierig alles in mich aufgesogen. Noch ein Grund, warum ohne Sport mein Leben definitiv anders verlaufen wäre.
In den letzten Jahren in Hamburg arbeitete ich sogar des Öfteren ohne Arbeitsvertrag. Ich war Subunternehmer, hatte ein gewisses Risiko, konnte das aber immer besser taxieren. Ich wusste schon nach ein paar Jahren, wem ich trauen konnte und wem nicht. Sobald es ernste Schwierigkeiten gab oder Abmachungen nicht eingehalten wurden, ging ich. Bald wussten die Firmen, was sie von mir erwarten konnten und dass sie mich nicht hinters Licht führen konnten. Mit dieser offenen Art und Weise bin ich sehr gut gefahren. Am Ende hatte ich einen guten Kundenstamm mit Firmen, bei denen ich immer wieder mit Aufträgen rechnen konnte.
s muss 1979 oder 1980 gewesen sein, als ich mein erstes amerikanisches Auto, oder „einen Ami“, wie wir es nannten, fuhr. Es war ein Chevy Caprice, an den ich durch Zufall gekommen war. Ich selbst hatte zu diesem Zeitpunkt noch einen Audi 100 mit Automatik. Dann lernte ich das Mädchen kennen, das diesen Chevy fuhr. Ich war wie hypnotisiert. Die junge Frau war in Ordnung, aber der Wagen war eine Wucht. Der Zufall wollte es, dass sie das Ding verkaufen wollte, und ich schlug sofort zu. Weder hatte ich vorher irgendeine Verbindung zu Amerika gehabt noch das Verlangen, dahin zu kommen, aber die Autos von dort waren für mich schon früh etwas Besonderes. Die Größe dieser Gesamtkunstwerke allein hat es mir schon angetan. Auch die Maschine – der 5,7-Liter-V8-Motor –, der Sound, all der Platz unter der Haube und im Wagen ... Diese Autos waren wie für mich erfunden. Vielleicht war dieser amerikanische Duft von Freiheit und Größe aus späterer Sicht der Wegbereiter für die euphorischen Gefühle, die ich hatte, als wir das erste Mal nach Texas einsegelten. Bei dem Chevy konnte man die Sitzbank herunterklappen, und schon hatte man eine wunderbare Ladefläche. Oder man setzte hinter die letzte Sitzreihe noch eine Bank mit zwei Sitzplätzen, von der aus man nach hinten auf die
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