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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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Straße hinaussah. Auch für die Wochenendfahrten war die Kiste wie geschaffen. Nahm man die Sitze wieder weg, hatte man automatisch eine Liegefläche von 2,60 Metern. Das Ding war sehr komfortabel, es hatte einen Tempomat und eine sich selbstständig regelnde Klimaanlage, so dass man selbst nach langen Fahrten topfit war.
     
    Seit diesem Chevy hatte ich immer wieder US-Karossen. Bei einem der späteren Amis, die ich aus den USA bezog, einem schwarzen Pick-up Crew Cab (im Prinzip ein großer PKW mit Ladefläche), fand ich kurz nach dem Kauf ein paar leere McDonald’s-Ketchup- und Pfeffertüten im Innenraum. Ich weiß noch genau, dass mir komisch zumute wurde. Wenige Tage zuvor hatte noch jemand am anderen Ende der Welt versucht, seinen in irgendeinem Fast-Food-Restaurant gekauften Hamburger mit Pommes zu würzen, und jetzt stand die Kiste mit diesem stummen und seltsam beiläufigen Gruß einer Hinterlassenschaft vor mir. Aber damit noch nicht genug: Ich fand auch noch Bohnenspuren und einen feinen, farbigen Rand am Tacho. Wenn man sich etwas mit derlei Fahrzeugen und ihrer Nutzung beschäftigt, weiß man, dass der Vorbesitzer seinen Wagen nicht geschont hatte und in einer Gegend unterwegs gewesen war, die vom Verlauf des Weges so manche Überraschung parat hatte. Man musste kein Sherlock Holmes sein, um zu erkennen, dass dem Mann das Auto sehr wahrscheinlich wenigstens einmal abgesoffen war, im wörtlichen Sinne – das Auto also untergegangen war oder zumindest bis unter die Halskrause im Feuchten gesteckt hatte. Der Verkäufer hatte es vor dem Verkauf gereinigt und am Ende, nach dem Trocknen, blieb schließlich nur der feine Rest am Tacho übrig. Neben dem Staub und den Essensresten fand ich noch roten Sand.
    Es war meine erste, noch sehr lose Verbindung zu Amerika, einem Land, das mir zu jenem Zeitpunkt außer seinen Autos nicht viel zu sagen hatte. Während jeder Amerikaner sich in seinem Leben ein deutsches, möglichst schnelles Auto wünscht, ging meine Sehnsucht schlicht in Richtung Größe. Heute überfluten die Japaner sowohl Europa als auch Amerika mit Fahrzeugen, die sich eher an der asiatischen Körpergröße orientieren. Nichts für mich. Man stelle sich nur mal vor, wie ich in einem kleinen Mazda aussehen würde!
    Als wir bereits in Amerika wohnten, waren wir einmal beim Red River im Norden von Texas. Ich sah den flach und breit vor mir liegenden rostig-roten Boden und musste urplötzlich wieder an den roten Sand aus dem schwarzen Pick-up denken. Vielleicht hatte ich, ohne es zu wissen oder auch nur zu ahnen, bereits lange bevor wir nach Amerika übersiedelten, ein Auto gefahren, das kurz zuvor durch die Straßen von Texarkana, Clarksville, Dallas, Plano und Wim Wenders’ Paris, Texas gescheucht worden war. Wer weiß, vielleicht sogar durch Gainesville und am Moss Lake vorbei? Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber es könnte so gewesen sein.
     
    Vor dem Pick-up war ich einen Suburban gefahren, dessen Hinterteil ich kurzerhand abflexte, so dass aus ihm ebenfalls eine Art Pick-up wurde. Einfach so lassen, wie sie waren, konnte ich Autos generell eher schlecht. Mir fiel immer etwas ein, was man mit ihnen machen konnte, was sie noch geiler machte, noch brauchbarer für meine Zwecke.
     
    Den Chevy hatte ich mir damals wegen seines großen Heckfensters gekauft. Ich war ungefähr seit dem Jahr 1979 leidenschaftlicher Surfer, und mit diesem Auto konnte ich an die Garage heranfahren und alles direkt ausladen, was ich in die großen Backentaschen am Ende des Autos gepackt hatte. Herrlich! Für mich fühlte sich das an, als könne ich auch noch drei Elefanten hinten im Auto verstauen und mit zum Surfen nehmen.
    Ansonsten gab es im Grunde für mich vor der Auswanderung fast keinen Bezug zu den USA. Ich hörte kaum Musik, und wenn, hatte mich nie interessiert, woher sie kam. Meine Reiseziele waren lange Zeit klar umrissen: Sie mussten nicht allzu weit weg sein, und man musste dort ungestört seine Spleens ausleben können. Man musste mit dem Auto hinkommen und günstig übernachten können. Es schadete auch nichts, wenn ich mich etwas auskannte, um gleich die besten Stellen für unsere improvisierten Stunts und das Surfen zu finden. Die USA meiner frühen Jahre waren entweder Südfrankreich oder Dänemark, Letzteres noch etwas öfter.
     
    Ich bin mir sicher, dass ich der Erste war, der mit einem Geländewagen auf Stränden herumgefahren ist. Ich hatte diese großen Schlitten, also musste ich auch

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