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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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ausprobieren, was damit alles zu machen war. Heutzutage gibt es sogar im Fernsehen allerlei Sendungen, die anarchistische Mutproben zum Inhalt haben und den Kids quasi Anleitungen zur Hobbyrebellion geben. Früher waren die Leute, selbst junge, noch weitaus vorsichtiger, was spektakuläre Aktionen anging. Meine Freunde und ich schienen allerdings mehr Albernheiten im Kopf zu haben als Otto Normalverbraucher, und wir zündeten diese Ideen, sobald wir losfuhren – zu irgendeinem Strand, der uns einlud, ihn als Kulisse für unsere Spektakel zu nutzen.
     
    Nicht selten befestigten wir zum Beispiel mit einem Seil eine Holzpalette am Auto, auf der wir anschließend am Strand „surften“; das Auto war das Motorboot, und wir waren die Johnny Knoxvilles der späten Siebziger und frühen Achtziger, die ausprobierten, ob wirklich nicht geht, was eigentlich nicht gehen kann. Meist ging es dann doch irgendwie, wenn auch nicht immer ohne Zwischen- oder gar Unfälle.
    Oder wir banden ein Tau ans Auto, an dessen Ende sich eine Schlaufe befand. Diese Schlaufe hielten wir in der Hand, standen auf einem Surfbrett, und der Fahrer gab Gas. Damit surften wir dann im flachen Wasser am Ufer entlang. Es war wie eine skurrile Form von Wasserski an der Grenze von Meer und Land. Nicht Wellen sollten den Surfer tragen, sondern nur eine Tischdecke aus Wasser, damit man gleiten konnte, wenn der Fahrer losfuhr. Wir erreichten damals auf diese Weise Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h. Es war ein Traum. Wir hatten nur Blödsinn im Kopf, nichts konnte skurril genug sein. Hatten wir eine Sache überlebt, musste eine neue gefunden werden, die der Vorherigen mindestens ebenbürtig war.
     
    Es hatte sich bald herumgesprochen, dass wir zum Äußersten bereit waren und im Prinzip sogar die Erdanziehungskraft in Frage stellten. Einmal war ein Fotograf einer großen Surfzeitung dabei, der uns fotografieren wollte, wie wir den Wellen trotzten. Wie so oft kam es dann aber gar nicht zu einem normalen Surf-Nachmittag. Vielmehr probierten wir mal wieder unser „Ufer-Surfen“, also das Gleiten auf den ausrollenden Wellen am Strand mit einem Surfbrett, gezogen von unserem Auto. Einer meiner Freunde fuhr den Wagen, und ich stellte mich hinten auf das Brett. Alles klappte hervorragend, das Auto und somit auch das Surfbrett und ich gewannen an Fahrt, und ich schlidderte über den Strand mit einer Geschwindigkeit, die Pferde neidisch gemacht hätte. Mit Unebenheiten muss man natürlich immer rechnen, und wenn man nicht mit ihnen rechnet, muss man sich wenigstens spontan mit ihnen anfreunden. Ich war voll in Fahrt, als plötzlich vor mir eine Sandbank auftauchte. Das Brett stoppte, wie es ihm die Sandbank befahl, doch ich hatte noch das Seil in Hand, verbunden mit einem Auto, das Sandbänke überhaupt nicht kannte. Allein aufgrund des immensen Tempos und einer recht guten inneren Steuerung fiel ich jedoch nicht einfach hin, sondern rannte, wenn man das so nennen will, auf dem Sand weiter, was dann ausgesehen haben muss wie eine Art Dreisprung. Als Erstes ließ ich das Seil fallen. Dann machte ich einen Satz und kam mit einem Fuß wieder auf, ein paar Meter weiter mit dem anderen, dann wieder mehrere Meter dahinter mit dem ersten. So ging das ein paar „Schritte“, bis ich krachend und einen rasanten Salto schlagend ins Wasser katapultiert wurde. Der Fotograf hielt während der ganzen, in wenigen Sekunden stattfindenden Szene drauf, und ich schätze, man konnte ein gutes Daumenkino aus seinen Bildern machen. Er schaute am Ende verdutzt hinter seiner Kamera hervor, unsicher, ob ich würde aufstehen können und überhaupt noch bei Bewusstsein oder gar am Leben wäre. Ich war! Ich lachte schon beim Aufrappeln und fand das Ende dieser legendären Surffahrt noch besser, als wenn es einfach weitergegangen wäre. Sicherlich hat mir auch hier meine jahrlange Kunstturnerfahrung geholfen, mich instinktiv halbwegs geschickt ins Wasser fallen zu lassen. Die Fotos und auch die Stunden, die der Fotograf mit uns verbrachte, manifestierten auf jeden Fall unseren Ruf als die wasserdichtesten Spinner, die dänische und südfranzösische Strände je gesehen hatten, mit den undichtesten Ideen, die man besser nicht zu Ende denkt und schon gar nicht umsetzen sollte. Oder wie die Amis sagen: Don’t try this at home, kids!
     
    Mein Gott, wir wussten damals nicht mal, wie viel Benzin wir verfuhren; es war eine aberwitzige Menge. Nach über zwanzig Jahren habe ich mir mit einem Kumpel

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