Konny Reimann
und seiner Film-Mutter Mrs. Chasen) gelangt: einen durchgeknallten Jungen ohne Kontrolle und seine Mama als „partner in crime“. Die Polizei fand die meisten Sachen schließlich in der Max-Brauer-Allee, wo die beiden die Gegenstände zu einer Bekannten gebracht hatten. Ich identifizierte mein Eigentum, und später kam es zu einer Verhandlung. Mein Wohnungstauschpartner kam juristisch gesehen mit einem blauen Auge davon. Am Ende war jedoch ein Schaden von gut 20.000,– DM für mich entstanden, den die beiden nun irgendwie gutmachen mussten. Viele meiner Sachen waren weg oder kaputt. Seine Mutter sagte, sie würde für alles aufkommen, und ich bot an, dass sie mir die Miete erlassen solle, bis der Geldwert kompensiert sei. Sie schlug ein, und die nächsten fünf oder sechs Jahre lebte ich mietfrei in Schenefeld. Kurz nach Ablauf der mietfreien Zeit kaufte ich das Grundstück plus Haus dann von ihr. Auch hierbei konnte ich einen guten Preis aushandeln. Was aus ihrem verrückten Sohn geworden ist, habe ich nicht mehr erfahren. Das dürfte mindestens eine andere Geschichte sein.
Als ich mir mein Leben in Schenefeld erst mal eingerichtet hatte, kam es einem Aha-Erlebnis gleich. Auf einmal entdeckte ich meinen Hang zur Natur, der nicht mehr nur auf Reisen hervorkam, sondern jetzt auch in meiner Heimatstadt. Die Stille auf einem Gelände, auf dem ich alles machen konnte, was ich wollte, auf dem ich mich austoben konnte und auf dem es nicht mal Größenbegrenzungen gab, war ein Baustein des Lebens, das ich mir später nach und nach zimmerte.
Ich baute mir in Schenefeld eine große Terrasse mit einem kleinen Biotop. Ich hatte 1.600 Quadratmeter mit Bäumen, Büschen, einer Art Werkzeug- und Turnhalle zum Arbeiten und um an Autos zu schrauben; später kamen Sauna und Whirlpool dazu. Es hätte genauso gut auch „Konnyland“ heißen können, so sehr glich das Grundstück einem privaten Erlebnispark, inklusive einem, wie man heute wohl sagen würde, Wellness-Bereich.
Um mir meine Sperenzchen leisten zu können, arbeitete ich zu der Zeit als Handwerker, sanierte Bäder, installierte Kälteanlagen – im Grunde war ich ja überall einsetzbar. Der Genuss an meinem kleinen Anwesen mit den vielen Möglichkeiten verdanke ich einem eisernen Prinzip von mir: Ich habe niemals Überstunden gemacht und auch an Wochenenden nicht gearbeitet. Meine Freizeit war mir heilig. Wenn ein Auftraggeber das von mir verlangte, sagte ich lieber ab, als mir das Leben zu vermiesen. Glücklicherweise war das fast nie notwendig, denn die Kunden waren mit mir zufrieden, und ich lieferte pünktliche und gute Arbeit ab, wenn eben auch ohne Extra-Schichten einzulegen. Später, bei Arbeiten an eigenen Projekten und Häusern, war das natürlich anders. Zum einen war das für mich nie wirkliche Arbeit, zum anderen fieberte ich meistens zu sehr dem Endergebnis entgegen, um auf die Anzahl der Arbeitsstunden zu achten.
Später hat dann Teilzeit als Arbeitsprinzip für mich besser geklappt. Die Firmen, die mich anstellten, wussten exakt die Stundenzahl, die ich zur Verfügung stand, und ich musste keine kleinen Kämpfe um Minuten und Stunden ausfechten. Denn wie überall sonst in meinem Leben versuchte ich, mir auch bei der Arbeit ein größtmögliches Maß an Freiheit und Unabhängigkeit zu sichern. Ich merkte bald, dass es besser war, Aufträge abzulehnen, die mir nicht geheuer waren oder deren Auftraggeber von vornherein schwierig schienen, als sie auf Teufel komm raus durchzuziehen. Die Qualität meiner Arbeit sprach sich herum, es gab also nie die Notwendigkeit, jeder nicht installierten Steckdose hinterherzulaufen.
Interessant war für mich die Entwicklung der Öko-Welle, denn ohne das als Trend zu sehen, hatte ich von Anfang an ökologisch und dadurch auch ökonomisch gearbeitet. Jedoch nicht, weil ich so mehr Aufträge bekam oder weil es „in“ war, sondern schlicht und ergreifend, weil es einfach billiger und effizienter war. Ich habe immer schon mit Holz geheizt oder mit der Abwärme vom Kühlschrank und vom Heizungsraum warmes Wasser gewonnen. Begriffe wie „Öko“ oder „Grün“ hätten für mich genauso gut nie existieren können, und das Leben wäre ohne Veränderung für mich weitergegangen. Für die breite Masse scheint mir diese Etikettierung aber ganz sinnvoll. Irgendwie müssen die Leute ja mitbekommen, was sie alles machen können, um die Natur zu schonen und kostengünstiger zu haushalten, und sei es durch irgendeinen Sticker,
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