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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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wesentlich längere Zeit hierhin verlagerten.
     
    Der vierte und letzte Stopp auf dem Hinweg unserer Reise war Las Vegas. Tagsüber eine mehr oder minder übliche amerikanische Großstadt Nacht sollte sich das Bild jedoch gehörig ändern. Falls noch jemand nach einer gewinnbringenden Tätigkeit Ausschau hält: Das Glühbirnenbusiness in Vegas wäre ein heißer Tipp. Synthetisches Licht wird hier gebraucht wie die Luft zum Atmen.
     
    In Las Vegas sahen wir uns zunächst verschiedene Hochzeitskapellen an. Bereits die zweite war die „Little White Chapel“, die wir am Ende auch auswählten. Nicht wegen Elvis, es war einfach die schönste und jene, die am meisten zu bieten hatte. Denn Amerika wäre nicht Amerika, wenn man nicht auch hier, gerade hier, das ganze Paket buchen könnte. Was wir genommen haben? Ganz genau! Die „Deluxe“-Version dieser Las-Vegas-Hochzeit. Sie enthielt die Zeremonie selbst, eine weiße, ewig lange Limousine mit einem Chauffeur, der einen nach der Heirat noch durch die Straßen kutschieren sollte, einen Frisör, eine Webcam, die alles festhielt, und noch einiges mehr. In Las Vegas gibt es sogar Drive-through-Hochzeiten. Ich weiß nicht genau, wie das abläuft, aber wahrscheinlich wird man von einer rostigen Gegensprechanlage gefragt: „Good evening, welcome at In-and-Out Wedding, my name is Wendy, can I help you?“ Dann sagt man, mit wem man gekommen ist, dass man heiraten will und bitte noch eine große Coke mit Eis dazu möchte. Schließlich wird eine blecherne Stimme fragen: „Ist das alles für Sie, Sir?“, man bestätigt, biegt um die Ecke, zahlt, und eine Frau im Firmen-Outfit und mit Headset-Mikrofon wird freundlich und etwas gelangweilt deklarieren: „Hiermit erkläre ich Sie zu Mann und Frau, Ihre Ringe erhalten Sie an Fenster 2, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“ Oder so ähnlich. Man weiß es nicht. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis es auch Drive-through-Scheidungen geben wird.
     
    Bei unserer Hochzeit klappte jedenfalls alles bestens; es war aufregend, romantisch, wie immer etwas absurd und allein der Nachhall wunderschön. Wir ließen uns nach dem „offiziellen“ Teil noch mit offenen Fenstern durch das seit Jahrzehnten durchgehend hellerleuchtete Vegas fahren, die Kasino-Lichter wetteiferten mit den Sternen, und Manu und ich waren im siebten Himmel. Wir waren derart begeistert von der abendlichen Rundfahrt durch die Stadt, es hätte für uns ewig so weitergehen können. Und selbst bei dieser an sich nach klaren Programmpunkten ablaufenden Zeremonie hatten wir Glück. Wie sich herausstellte, war dies die letzte Fahrt des Chauffeurs an diesem Tag, und er erklärte sich bereit, uns noch die Stadt zu zeigen und einfach weiterzucruisen. Er sah sich mit mir sogar noch den Motor der Limousine an, wir fachsimpelten etwas und sind dann weiter, ab durch die Nacht von Las Vegas. Es war unglaublich – wir fuhren durch die blinkende Stadt, es schien der Anfang von etwas Großartigem zu sein, selbst Passanten jubelten uns zu und applaudierten. Man möchte meinen, die Menschen dort erleben das alle halbe Stunde: Ach, schon wieder Touristen, die heiraten. Aber von Routine keine Spur. Die Leute, an denen wir vorbeifuhren, freuten sich, als würden wir sie auf rosa Elefanten passieren und kilometerlange Schleier hinter uns herziehen. Sie applaudierten und lachten. Wussten sie, woher wir kamen, was wir hinter und vor uns hatten? Für einen Moment schien es so.
     
    Die Rückfahrt war nicht weniger schön als der Hinweg, sie führte uns unter anderem zum Grand Canyon. Wir standen am Rand des Riesenkraters und bekamen ein Gefühl davon, wie Ameisen sich fühlen, wenn sie an einer Baugrube stehen. Ich kann nur jedem empfehlen, sich diesen Anblick zu gönnen. Etwas anders dachte ich über die Cadillac Ranch. Diese passierten wir auf der Route 66, auf der wir auf dem Rückweg ein paar Mal ein Stück langfuhren. Erst dachten wir darüber nach, an der Ranch anzuhalten, und bei meiner Vorliebe für amerikanische Autos wäre das auch nur logisch gewesen. Aber man konnte schon von Weitem erkennen, dass es dann eben doch nichts anderes ist als eine Reihe Karren, die kopfüber in der Erde stecken. Blöd. Amerika hat definitiv mehr zu bieten als das. Die Rückkehr nach Texas war in verschiedener Hinsicht besonders. Wir wussten, dass eine Menge Arbeit vor uns lag, das Erstaunliche war jedoch, dass wir alle, so komisch das klingen mag, schon so etwas wie Heimatgefühle

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