Konny Reimann
uns dort niederlassen würden.
Aber damit war trotzdem lange nicht alles in trockenen Tüchern, und es gab noch Millionen Dinge zu erledigen. Als Allererstes war klar, dass wir heiraten müssen, um den Auswanderungsplan mit der ganzen Familie umsetzen zu können. Bisher war das all die Jahre zwischen Manu und mir kein Thema gewesen. Wieso heiraten? Es war logisch, dass wir zusammenbleiben würden, wir waren eine Familie, hatten alles, was wir brauchten, alle Freiheiten, jeden Spaß, den wir möglich machen konnten – wieso mussten wir dafür ein Papier haben, auf dem uns das noch mal in hölzerner Amtssprache bescheinigt wird? Es gab keinen Grund. Jetzt aber gab es einen. Mehr noch, es gab einen Zwang – ohne Heirat kein Übersiedeln nach Amerika, denn Manu hatte die Green Card gewonnen und ich war offiziell kein Familienmitglied, so absurd sich das auch anfühlte.
„Ist doch völlig unromantisch, menno“ – Manu war wenig begeistert von der Idee, dass uns ein administrativer Akt eine zentrale Handlung des Lebens diktieren würde. Papiere und Paragraphen sollten für mich um ihre Hand anhalten? Das konnte nicht sein.
Wir waren gerade auf dem Rückweg von einem Gespräch bei der Evangelischen Auswanderungsberatung, die ihr Büro in der Nähe vom Hauptbahnhof hat, und fuhren, wie immer, wenn wir aus der Innenstadt kamen, die Elbchaussee hinunter. Ich stoppte den Wagen an einer roten Ampel und drehte mich zu Manu um.
„Willst du mich heiraten?“
Natürlich gibt es romantischere Orte, an denen man diese Frage stellen kann. Aber für Manu und mich war genau diese Ampel, auf genau dieser Straße, die wir immer nahmen und kannten wie unsere eigenen Beine – all das war in jenem Moment der romantischste Ort, den man sich vorstellen kann. Niemand auf der Welt und schon gar kein Zettel mit Zahlen und Buchstaben darauf würde uns vorschreiben, wann und wie wir zu heiraten hatten. Nichts und niemand würde uns einen liebevollen und einmaligen Antrag vermasseln. Ich saß dort mit Manu in unserem schwarzen Pick-up und wollte dem Ganzen etwas Selbstbestimmtes und Überraschendes geben. Das gelang. Ich überraschte sie und irgendwie auch mich selbst, und letztlich wurde es tatsächlich ein einmaliger Ort, um dieser Situation eine groteske Besonderheit zu verleihen. Irgendeine rote Ampel am unteren Ende der Elbchaussee in Hamburg. Der perfekte Ort für einen Heiratsantrag, würde ich sagen.
Am 29. Juli 2003 haben wir dann wirklich und richtig geheiratet, aber das ist eine andere Geschichte, die ich gleich erzählen will.
4. DIE VORBEREITUNG
ach Manus und meinem Kurzurlaub bei Jan und dem ersten Urlaub mit den Kids im Jahr 2002 hatten wir bereits für den Sommer 2003 weitere Ferien in Texas geplant, als wir wenige Wochen vorher von der Nachricht überrumpelt wurden, dass wir wirklich „Siedler“ werden. Der Urlaub war schon gebucht, stand nun aber natürlich unter ganz anderen Vorzeichen. Nach dem Elbchaussee-Antrag mussten wir jetzt auch noch tatsächlich heiraten und viele verschiedene organisatorische Dinge klären.
n Amerika hatten wir, wie bereits erwähnt, als Erstes einen Pick-up und einen Wohnwagen gekauft, damit wir uns künftig nicht immer bei Jan einquartieren mussten. Auch hier war mir unsere Unabhängigkeit sehr wichtig. Als wir das zweite Mal mit den Kindern nach Texas zurückkamen, freuten wir uns schon auf diese „vorbereitete“ Freiheit. Allerdings hatte Jan nicht, wie verabredet, den Wagen einfach stehen lassen, sondern war sehr wohl damit herumgefahren, ohne uns Bescheid zu geben oder zu fragen. Aber das Auto war noch in Ordnung, es gab also keinen Grund für Ärger. Mir fiel dennoch auf, dass Jan sich bei unserem dritten Besuch bei ihm in Amerika für meine Begriffe wieder stark zu seinem Nachteil veränderte. Irgendwie war er scheinbar für einen gewissen Hang zur Unzuverlässigkeit und Umgehung gewisser schwieriger Situationen anfällig. Als wir am Ende dieses Urlaubs beides, den Wohnwagen und den Pick-up, erneut stehen lassen mussten, bevor wir endgültig wiederkommen würden, wollten wir beide Fahrzeuge lieber in einem Storage unterbringen, einer mietbaren Unterkunft also, die vor jeglichem Schabernack sicher war. Jan vermittelte uns einen deutschen Kumpel in Wylie, einem Vorort von McKinney, ganz in der Nähe der berühmten Southfork Ranch. Dieser Freund hatte ebenfalls eine Pferderanch, und er bot uns großzügig an, zumindest das Auto bei ihm zu lassen. Direkt
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