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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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deren Existenz selbst bei hellstem Tageslicht den wenigsten bekannt war, nicht mal den Vorbeifahrenden? Aber es passierte nichts. Vielleicht hatten selbst die Bankräuber diese Bank übersehen.
     
    Die brenzligste Situation, wenn man so will, kam nicht in Form eines zweibeinigen Besuchers, sondern mehrerer achtbeiniger. Eine Mitarbeiterin der Landmark Bank machte eines Tages eine Entdeckung, die sie vielleicht sogar mehr mitnahm, als es ein Überfall getan hätte. Sie sah am Eingang der Filiale aus dem Nichts eine Schwarze Witwe auftauchen. Ich glaube, ich muss nicht eigens erwähnen, dass damit keine Einwohnerin von Gainesville gemeint ist, die in jüngster Zeit ihren Gatten verloren hatte, sondern kleine, recht gefährliche Spinnen, denen man äußerst selten und überhaupt eigentlich besser gar nicht über den Weg läuft. Die kleinen, nur etwa zwei Zentimeter langen Tiere zeichnen sich dadurch aus, dass sie pechschwarz sind, mit einem kleinen roten Zeichen auf dem Rücken. Es gibt sie auch ohne das rote Zeichen, das sind dann die Männchen. Diesen begegnet man jedoch noch seltener als den Weibchen, was nicht daran liegt, dass die Spinnenmänner dieser Gattung scheuer sind oder nachtaktiv oder Ähnliches. Nein, sie kommen nicht mal im Namen ihrer eigenen Rasse vor und sind fast nicht zu entdecken, weil die Weibchen das, ähem, starke Geschlecht nach der Begattung auffressen. Man möchte meinen, nach all den Jahren hätte sich das mal eine Generation weiter herumgesprochen, aber nein, die männlichen Witwen tappen immer wieder aufs Neue in die Sexfalle ihrer Frauen.
    Egal, eigentlich sehen die kleinen Achtbeiner nicht wirklich gefahreinflößend aus, aber ein Biss kann für einen Menschen tödlich sein, und in Texas kennt man seine natürlichen Feinde sehr gut. Folglich war Manus Kollegin auch nicht eben begeistert, als sie das Tier sah. Gut, dass sie nicht gleich wusste, dass sich in dem „Gebäude“ sogar mehrere Nester der unwillkommenen Mörderinnen befanden. Die Filial-Managerin rief eine Firma an, die sich um die kleinen Feinde kümmerte, und damit war die Sache erledigt; ein wirklich prima Gefühl resultierte aus dem Nachmittag jedoch nicht. Immerhin sind die Spinnen nicht von sich aus aggressiv, sondern nur, wenn sie sich angegriffen fühlen. Aber weiß man, wann sich ein um so viel kleineres Tier angegriffen fühlt? Auf die kleine Ladung Neurotoxin, die die Weibchen (nicht die wenigen harmlosen Männer) einem verabreichen, kann man zumindest getrost verzichten.
     
    Doch die Witwen waren nicht der Grund für das mäßig laufende Geschäft der Bank in Lindsay. Manus eigene Erklärung für den ausbleibenden Erfolg der Landmark-Filiale scheint einleuchtend: Lindsay ist ein 750-Seelen-Ort, dessen Bewohner auf das Aussehen ihrer Häuser und Gärten sehr achten und denen, wenn sie ihn denn bemerken, ein derartig kleiner Plastikkasten als Zuhause für ihre mühsam erwirtschafteten Kröten eher suspekt erscheint. Zudem: Stirbt jemand in Lindsay, kann es sein, dass ein Großteil der Kundschaft von einem auf den anderen Tag wegbricht. Egal, wie man es betrachtet, die kleine Bank am Freeway hatte täglich einen mühsamen Kampf auszutragen.
     
    Ein wenig mulmig wurde Manu, als sie einmal ihrer Vorgesetzten ausrechnen wollte, wie viele Euro 150 Dollar ergeben. Ohne auch nur den Hauch von Scham oder Selbstzweifeln lächelte die Filialmanagerin Manu an und fragte ungerührt, ob das Ergebnis denn etwas anderes als 150 wäre. Tatsächlich wusste die Hüterin der Geschicke von Landmark II nicht, dass es auch noch andere Währungen als US-Dollar gibt und so etwas wie Wechselkurse existiert. Vielleicht hätte Manu sich ihr Geld fortan direkt von ihrer Chefin in Kuwait-Dinars auszahlen lassen sollen. Auf diese Weise hätte sie immerhin das knapp Vierfache einstreichen können.
     
    Manu hat noch heute ihr Konto bei der Landmark Bank und besucht ab und zu ihre ehemaligen Kollegen, auch wenn bei einer gewissen Rotation der Belegschaft schnell klar war, dass sie schon bald nach dem Ende ihrer Tätigkeit dort bei jedem weiteren Besuch ausschließlich in neue Gesichter blicken würde.
    Da es sich um einen Full-Time-Job handelte, musste Manu damals auch jeden zweiten Samstag arbeiten, insgesamt 40 Stunden pro Woche. Trotzdem hatte sie insgesamt keine schlechte Zeit, aber auch hier war nach knapp einem Jahr wieder Schluss – auf zu neuen beziehungsweise alten Ufern. Denn wie der Zufall es wollte, erfuhr Manu davon, dass im Kasino

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