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Konny Reimann

Konny Reimann

Titel: Konny Reimann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Friedrich
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besser passenden Job, der sich mit unserem Leben und vor allem unseren neuen Plänen mit dem Grundstück vereinbaren ließ. Sie erhielt eine Zusage und schon fünf Tage nach dem Ende im Kasino vier Wochen lang ein Training in einer anderen Landmark-Filiale. Am 23. Oktober konnte sie schon in dem neuen Haus ihre Arbeit anfangen. „Haus“ und „Arbeit“ sind allerdings sehr große Wörter für das, was Manu erwartete.
     
    Am Freeway zwischen Gainesville und dem Kern von Lindsay liegen alle paar Hundert Meter verstreut kleine Kästen, die sich bei näherer Betrachtung als Geschäfte herausstellen. Einer dieser Läden ist „Dieter Bros.“ („Bros.“ Für „brothers“, „Brüder“), ein kleines Restaurant mit typisch amerikanischer Kost und noch typischeren amerikanischen Kunden. Wie überall sonst läuft auch bei den Gebrüdern Dieter, die, wie viele hier, deutsche Wurzeln haben, von morgens bis abends der Fernseher, während die Hamburger auf die Tische verteilt werden. Wir kannten den Laden ganz gut, da wir einige Male dort essen waren. Direkt gegenüber von den Dieters lag nun Manus neue Bank. Dazwischen der vierspurige Freeway mit einem ca. 10 m breiten Gras-Mittelstreifen. Stand man vor Dieter Bros. und sah über die Straße auf die andere Seite, war eine Bank allerdings nur schwer auszumachen. Der Hintergrund: Wie erwähnt war der Plan der Landmark Bank, zunächst mit etwas Kleinerem an dieser Stelle anzufangen und später eine „richtige“ Bank dort zu installieren. Das „kleinere“ war ein Trailer. Eine etwas größere Hundehütte mit einem seitlichen Vordach, unter dem sich eine zapfsäulenähnliche Vorrichtung befand, an der man vorfahren und Geld ziehen konnte. Denn das war die Besonderheit: Die Landmark Bank hatte eine Drive-through-Filiale eröffnet. Dazu muss man wissen, dass die Erfindung des „Drive-through“, speziell für Texaner, vergleichbar mit der Einführung der Glühbirne ist. Es gibt für alles einen Drive-through, sei es eine Reinigung, Apotheke, die Post, Geldautomaten, einen Donut-Laden oder die auch in Deutschland lange etablierten Fast-Food-Ketten. Wie schon erwähnt, kann man in Vegas sogar Drive-through heiraten. Es fehlt nicht viel, und man kann sich im Vorbeifahren beerdigen lassen. Der Gedanke, für irgendetwas das Auto verlassen zu müssen, kommt für den Durchschnittstexaner einer Apokalypse gleich. Die Bank jedoch lag so klein und kaum wahrnehmbar an der Seite des Freeways vor einem Park, versteckt in den Tarnfarben Sand und Dunkelbraun, dass man Mühe hatte, sie mit bloßem Auge zu erkennen, wenn man direkt vor ihr stand. Auch innen bot das Geldinstitut nicht viel mehr Raum als für die darin beschäftigten vier Angestellten: eine Managerin, einen Operation Manager und zwei „teller“. Es stellte sich aber schnell heraus, dass mehr Platz reine Verschwendung gewesen wäre, denn Kunden lockte die Bank kaum an. Der Plan der Landmark-Manager ging nicht auf, aber sie hielten (und halten bis heute) durch. In diesem winzigen Ableger des deutlich größeren, steinernen Mutterschiffes der Bank in Whitesboro verdiente Manu also fortan ihre Brötchen, nicht selten, indem sie sich ein gutes Buch mitnahm und, wenn dieses ausgelesen war, ihren ohnehin gut aufgeräumten Arbeitsplatz neu sortierte, die Filiale umdekorierte oder die sauberen Tische und Counter noch sauberer machte. Ab und zu fiel Arbeit an, Kunden kamen wie früher Fremde in Saloons. Man hatte den Eindruck, alle Gesichter wenden sich ihnen zu, die Musik stoppt und die Saloon-Tür federt einige Male von innen nach außen, während die menschliche Silhouette im Türrahmen stehen bleibt und aus dem Nichts eine einsame Mundharmonika eingespielt wird. Aber es gab auch Tage, an denen sprichwörtlich kein einziger Gast seine Geldgeschäfte in dem kleinen sandfarbenen Kasten gegenüber von Dieter Bros. abwickeln mochte. Der Wechsel konnte für Manu nicht größer sein. Aus dem Trubel des Kasino-Ameisenhaufens, in dem Tausende von Menschen täglich damit beschäftigt waren, ihr Geld auszugeben, so gut es ging, war sie nun in einem Verschlag am Straßenrand gelandet, der das Geld der Menschen sammelte und verwaltete; Geld, das sie wahrscheinlich längst an eben jenem vorherigen Arbeitsplatz von Manu verprasst hatten. Die wenige Kundschaft und die verschwindende Lage der Bank schürten bei Manu und ihren Kollegen aber auch die Angst vor Überfällen. Wo besser hätte man ungestört Geld plündern können als in einer Bank,

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