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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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nichts und würde nie etwas bereuen. Außer vielleicht
die verlorene Zeit.
»Bitte, setzen Sie sich!« ertönte eine von irgendwo bekannte
Stimme, doch Andrej beachtete sie nicht Elena hatte seinen
Arm ein bißchen oberhalb des Ellenbogens ergriffen und
drückte ihn. Durch seine zusammengeschnürte Kehle lief es
heiß, er spürte, wie sich in seinen Augen das Verlangen zu
weinen staute und dieses Verlangen war ebenfalls fast unerträgliches Glück.
»Bitte, setzen Sie sich!« wiederholte die Stimme mit Nachdruck.
7
    Seitdem waren zwei Tage vergangen. Hin und wieder wurde er in das Zimmer gebracht, wo er Elena gesehen hatte. Immer saß dieser Mann hinter dem Schreibtisch, und ehe er noch den Mund aufmachte, stellte er schon Fragen – es fragten seine Augen, sein ganzes Gesicht. Er war groß und hübsch, hatte breite, kräftige Schultern, aber einen traurigen Mund. Andrej hätte ihn gern gefragt, was ihn schmerzte, aber dafür blieb nie Zeit. Der andere war zu sehr mit den Fragen beschäftigt, die er ihm stellte.
    Einmal kam in das Zimmerchen, wo er festgehalten wurde, ein lächelnder Mann mit einem großen Kopf und dickem Hals. Anscheinend war ihm der Hemdkragen zu eng, denn er bewegte unentwegt Hals und Schultern.
»Nur ruhig!« verkündete er, mied aber seinen Blick.
    Er hieß ihn setzen und fragte ihn, wie er sich fühle. Andrej erwiderte, es gehe ihm gut, aber es gefiele ihm nicht, daß er eingesperrt sei. Der mit dem großen Kopf nickte, holte ein glänzendes kleines Hämmerchen aus seiner Aktentasche, klopfte ihm damit leicht ans Knie, danach ans andere und stellte noch ein paar Fragen, noch sinnloser als die des anderen. Er schüttelte ungläubig seinen großen Kopf und ging.
    Wichtig war, daß man dieses Mal Elena nicht herbrachte. Andrej fragte den Mann, der sie gefunden hatte, weshalb man sie nicht mehr hole, aber der zuckte die Schultern.
    »Begreifen Sie nicht, daß alles von Ihren Antworten abhängt?«
»Nun gut, fragen Sie!« Das war schon etwas. »So fragen Sie doch!«
»Sie haben gesagt, Sie seien Ingenieur… Das haben Sie zu dem Mädchen gesagt, nicht wahr? Wir haben es überprüft: Einen Ingenieur wie Sie gibt es nirgends.«
»Das haben Sie mich schon gefragt.«
»Aber Sie haben nicht darauf geantwortet. Was sind Sie nun wirklich?«
»Das habe ich doch schon gesagt: ein Mensch.«
»Na, schön, ein Mensch! Aber bloß ein Mensch, das ist doch gar nichts!«
Andrej erinnerte sich an die Zeit, wo er in Elenas Bewußtsein lesen, den Regen anhalten, einfach geradeaus gehen konnte und Mauern kein Hindernis für ihn waren. Er lächelte. »Sind Sie sicher?«
»Jetzt stelle ich die Fragen!« fuhr ihn der andere ärgerlich an. »In der Konditorei ist ein Mann zu Ihnen gekommen. Er hat zu Ihnen gesagt, daß Sie unverzüglich auf die Baustelle müßten. Wo ist dieser Mann?«
»Den gibt es schon nicht mehr!« antwortete Andrej, der die Geduld verlor. »Das habe ich Ihnen doch schon gestern gesagt!«
»Wie kann es ihn nicht mehr geben!« stöhnte der andere.
Er veränderte sich sehr rasch. Andrej erinnerte sich, wie er am ersten Tag ausgesehen hatte – da war er sehr selbstsicher; und sein Gesicht drückte fast unentwegt Nachsicht aus. Jetzt schien er etwas zu bedauern, und das machte ihn ärgerlich. Sein Mund war immer noch traurig.
»Wie kann es ihn nicht mehr geben? Als man Sie herbrachte, sind Sie vor meinem Kollegen erschrocken, der ihm ähnlich sieht. War das Zufall?«
»Ich kann es Ihnen nicht erklären.«
Der andere schien beleidigt. Er schwieg lange, von einem Gedanken bedrückt, dann blickte er auf den Aktenhefter, der aufgeschlagen vor ihm lag, und sagte fast freundschaftlich: »Wieso bin ich bloß mit Ihnen gestraft? Starrköpfig, uneinsichtig, ohne jedes Verantwortungsgefühl für sich selbst… Sie komplizieren ununterbrochen Ihre Lage! Wo kommen Sie hergeschneit, na?«
»Aus dem Kosmos.«
»Pf!« Der Mann hinter dem Schreibtisch verzog finster das Gesicht. »Der Kosmos ist jetzt in Mode. Das Leben im Kosmos, Signale aus dem Kosmos, fliegende Untertassen, Zeichnungen von Menschen im Skaphander in den Saharahöhlen… Warum strapazieren Sie meine Geduld so?«
»Das tue ich nicht. Ich habe die Wahrheit gesagt.«
»Sie benehmen sich wirklich wie jemand, der von einem anderen Planeten gefallen ist, aber wenn Sie nicht aufhören, mich zu verhöhnen, lasse ich Sie unverzüglich abführen! Und Sie bringen einen Tag länger hier zu, als Ihnen zusteht.« Andrej hatte im voraus gewußt, daß das Ergebnis so

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