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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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auf mich zu, nach
wie vor in Mannshöhe schwebend.
Da erst erschrak ich. Ich schrie auf, warf irgend etwas nach dem Helm und rannte in den Saal.
Jetzt erschrecke ich nicht mehr. Es gibt einfach keinen Grund zu
erschrecken, wenn man ohnehin nicht mehr richtig im Kopf ist. Ich habe
einmal etwas über Halluzinationen gehört. Der Unterschied
zwischen einer Halluzination und einer Illusion besteht darin: Bei der
Illusion weiß man, daß das, was man sieht und hört,
durchaus nicht real ist und nur auf einer Sinnestäuschung oder
einer Bewußtseinstrübung beruht. Eine Halluzination
hält der Kranke für wirklich. Er glaubt. Und ich glaubte, was
ich sah, denn es war unmöglich, nicht zu glauben. Später nahm
ich meinen ganzen Mut zusammen. Ich trat näher zu dem Helm. Er
blieb unverändert in der Luft hängen, von nichts gehalten,
und schwankte nur leicht hin und her.
Levitation! dachte ich da. Eine beispiellose Ketzerei. Allen Naturgesetzen zum Hohn. Übernatürlich.
Wie gut, wenn es sich als etwas
Übernatürliches erwiese! Denn dann wäre ich nicht krank.
Aber es geht mir schlecht, und es wird von Stunde zu Stunde schlimmer.
Danach schwebte der Helm zurück an seinen Platz. Auch die anderen
Gegenstände kehrten ausnahmslos dorthin zurück, wo sie vorher
gelegen hatten. Es machte seine Arbeit
sehr gründlich, so daß ich mich schon nach ein paar Minuten
fragte, ob ich das alles denn wirklich erlebt hatte. Eine Zeitlang
gewann ich sogar meine Ruhe wieder.«
Hier verstummte Helians Stimme. Am leisen Geräusch seiner Schritte
war zu hören, wie er aufstand und hin und her ging. Dann fuhr er
fort: »Ich befragte die Bioautomaten im Saal. Aber sie hatten
nichts gesehen. Also war alles nur ein Produkt meiner Phantasie.
Später wurde mir klar, daß die Bioautomaten ja gar nichts
bemerken konnten, denn die Erscheinungen spielten sich im kleinen
Zimmer ab. Im Augenblick aber war ich nur froh, daß sie nichts
gesehen hatten, denn dann konnte ich meine Halluzinationen eben doch
als Folge einer Überanstrengung deuten. Andernfalls hätte ich
etwas völlig Absurdes akzeptieren müssen. Ich entschied, es
sei Zeit zum Abflug, und begann mit den Startvorbereitungen. Im Grunde
bereitete ich mich psychisch darauf vor; ich muß gestehen,
daß es mir unangenehm war, den Helm vom Tisch zu nehmen, obwohl
ich überzeugt war, daß er sich in Wirklichkeit nie bewegt
hatte, daß ich mir all das nur eingebildet hatte. Und ich redete
mir ein, ein kurzer Erholungsaufenthalt in der Basis würde
genügen, und alles wäre vorbei und vergessen.
Und da begann alles von neuem. Es war hier, war nie fortgewesen. Es befand sich ständig in meiner Nähe, berührte manchmal meinen Körper, ich fühlte es! Ich
wußte nicht mehr, was ich tat; ich stürzte im Zimmer hin und
her, versuchte, die Dinge zurück an ihren Platz zu stellen. Sie
leisteten Widerstand, beharrten, mitunter gaben sie nach. Ich begriff,
daß etwas Unabänderliches geschehen war, daß der
Alptraum so viel Realität besaß, daß es keinen Weg
zurück gab, daß ich nie wieder gesund würde.
Als alles zu Ende war, vernahm ich die Stimme. Sie kam von irgendwo
weither und war zugleich doch in mir. Die Stimme rief und bat. Ich
glaubte nicht an sie, es war die Stimme meiner Krankheit. Mein
Doppelgänger war das. Das Gehirn, das die Kontrolle über sich
selbst verloren hatte.
Nach einer Weile entschloß ich mich, der Basis einen Funkspruch
zu schicken. Ich glaube, ich, kam einigermaßen damit zurecht. Ich
hatte mich ziemlich gut in der Gewalt, aber ich erzählte ihnen von
den Gespenstern. Sie fragten, ob ich bald zum Rückflug starten
wollte. Wahrscheinlich ging es ihnen um etwas anderes – ob ich
noch imstande wäre, die Rakete zu steuern. Ich antwortete, so
verrückt wäre ich noch nicht und sie könnten sich auf
mich verlassen. Die Stimme aber rief immer lauter, sie rief meinen
Namen! Aus der Ferne und ganz nahe, von außerhalb der Station und
in ihr. Ich unternahm einen letzten Test. Ich fragte die Automaten, ob
sie die Stimme hörten. Ich hatte entschieden: Wenn sie verneinen
würden, dann würde ich die Station verlassen und, normal oder
nicht, mit der Rakete starten. Lieber den Flug zur Basis riskieren als
mit getrübtem Verstand hier zu sitzen wie eine wahnsinnige Ratte
in der Falle.
Doch die Automaten antworteten mit ja. Auch sie hörten die Stimme,
ohne genau sagen zu können, woher sie kam. Einmal gaben sie als
Koordinaten anderthalb Kilometer Südsüdost an, in Richtung
auf den Großen

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