Kontaktversuche
sie
unversehrt dastand, nahm Färn als gutes Zeichen. Die Station war
nicht zu sehen, sie befand sich tief unter der Felsoberfläche.
Färn stieg aus der Luke und schaute sich um.
Er hatte schon viele trostlose Planeten gesehen, aber dieser war
jedenfalls der schlimmste. Gelb und Schwarz, nichts als Gelb und
Schwarz, wie der Rücken einer riesigen Wespe, der sich bis zum
Horizont erstreckte. Und während der Sand von einem
einförmigen kräftigen Zitronengelb war, zeigte das Schwarz
Dutzende von Nuancen: Tuschschwarz, Purpurschwarz, von grünlichen
Wellen durchzogenes Samtschwarz, lebloses Grauschwarz und Schwarz,
glänzend wie die Haut eines feuchten Reptils.
Hier kann man nicht bloß eine Psychose
kriegen, sondern weiß der Teufel was sonst noch, dachte
Färn. Er warf den Riemen des Blasters über den Helm seines
Skaphanders, so daß ihm die Waffe vor der Brust hing, nahm ein
hermetisches Päckchen mit Psychopharmaka und machte sich auf den
Weg zur Station in den Felsen.
Es verlief alles normal.
Die Automaten öffneten die Eingangsschleusen und schlossen sie
hinter ihm wieder. Sie warteten, bis der Druck den Normalwert erreicht
hatte, dann schoben sie die innere Tür zurück und
ließen Färn in die Station.
Dort sah wirklich alles normal aus. An den Wänden des großen
Saals leuchteten die Bildschirme der Stereovisoren und Videophone, die
Augen der Bioautomaten, groß und rot wie Insektenaugen,
betrachteten ihn. Schläfrig summte irgendein Gerät, nur
dieses einzige gedämpfte und monotone Geräusch war in der
Stille zu hören.
Und doch war überhaupt nichts normal, denn Helian war nicht da;
schon beim ersten Blick wurde Färn das bewußt. Die Station
war leer. Der große Saal war erfüllt von jener besonderen
Leere, wie sie nur die Abwesenheit von Menschen hervorbringt.
Färn nahm den Blaster fest in die Hand und ging langsam an der
Wand entlang. Er wußte nicht, was ihn erwartete. Vielleicht hielt
sich der kranke Helian doch irgendwo hier verborgen, um sich wie ein
wildes Tier auf ihn zu stürzen. Vielleicht aber lag er auch tot
irgendwo in der Station, und in seinen weitgeöffneten Augen
spielten die bläulichen Reflexe der Bildschirme.
Färn trat der Schweiß auf die Stirn, er war ganz Auge und
Ohr, als wäre die unsichtbare Gefahr, die Helian verfolgt hatte,
real und nicht nur dessen krankem Bewußtsein entsprungen.
Doch die Station war wirklich leer.
Hinter dem großen Saal mit den Apparaturen gab es noch zwei
Räume. Einer davon war als eine Art Arbeits- und Wohnzimmer
für Menschen eingerichtet, die sich hierher verirren mochten, mit
dem minimalen Komfort, den solch eine Station zu bieten hat: Betten mit
Hypnophonen, ein elektronischer Wissensspeicher und ein Stereovisor.
Der andere Raum diente offensichtlich als Lager, oder exakter: als
geologisches Museum, wo Mineralproben von dem Planeten aufbewahrt
wurden.
Färn ließ den Blaster sinken und kehrte in den Saal zurück.
»Ich bin Färn«, sagte er laut, »Astronavigator zweiten Ranges. Ich rufe den Ersten Bioautomaten.«
»Ich höre Sie«, sagte jemand hinter seinem Rücken.
Färn wirbelte herum und faßte instinktiv den Blaster fester.
Doch es war keine Gefahr. Nur zwei große Kristallaugen blickten
ihn von der Wand her an. Von dort kam auch die Stimme.
»Ich höre Sie«, wiederholte die Stimme. »Erster
Bioautomat, Klasse W-3. Zwei Milliarden Kristallneuronen.«
Färn blickte in die Facettenaugen. Sie waren groß,
unterteilt in rubinfarbene Prismen. Zwei Milliarden Neuronen –
also kein gewöhnlicher Automat, sondern mit eigenem
Bewußtsein begabt. Er mußte alles wissen und analysiert
haben, was hier vorgegangen war.
»Ich habe eine Frage«, sagte Färn.
»Ich höre.«
»In der Station befand sich der Astropilot Helian. Wo ist er jetzt?«
»Der Mensch Helian hat die Station um siebenundzwanzig Uhr
Meridialzeit verlassen. Er ist seitdem nicht zurück gekehrt.«
Färn überschlug die Angaben im Kopf. Die Zeit auf der Medea
wurde nach dem Meridian der Station gemessen, Helian war also schon vor
mehr als zehn irdischen Stunden gegangen.
»Und er hat nicht gesagt, wohin er geht?«
»Nein.«
Färn legte den Blaster auf einen der Wandtische und schaute sich
um. Es mußte hier irgendwo einen Stereovisor geben, der nur
über einen geringen Wirkungsradius, dafür aber über
wesentlich größere Leistung verfügte. Vielleicht konnte
er damit die Umgebung in Augenschein nehmen und Verbindung zu Helian
bekommen. Schließlich waren zehn Stunden nicht gar
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