Kontaktversuche
soviel; er
hatte noch Chancen, Helian zu finden.
»Der Mensch Helian hat eine Aufzeichnung hinterlassen«,
sagte der Erste. »Soll ich die Reproduktion einschalten?«
Färn schwankte. Es kam darauf an, sich so bald wie möglich
die Umgebung anzusehen, soweit die Leistung des Stereovisors
ausreichte, doch auch der Vorschlag des Ersten war
zweckmäßig.
»Eine Frage«, sagte Färn. »Warum hat Helian die Station verlassen?«
»Der Mensch Helian wurde von draußen gerufen.«
Färn blickte erstaunt auf die Rubinaugen. Der Erste konnte nicht
lügen. Aber was er sagte, konnte ebensowenig wahr sein.
Draußen gab es nur die Wüste von zitronengelbem Sand und
schwarzen Felsen, und so war der ganze Planet, von der Hitze verbrannt
oder vom Frost zerfurcht. Es gab hier kein einziges Lebewesen, das
jemanden rufen könnte. Draußen war niemand.
Färn hatte den Blick auf die Augen des Ersten geheftet und
überlegte: Helian war wahnsinnig geworden, daran bestand kein
Zweifel. Und der Erste hatte den Wahn für Wahrheit genommen und in
seinem Kristallspeicher festgehalten.
Zehn Stunden. Wohin mochte Hel gegangen sein? In diesen zehn Stunden
konnte er recht weit gekommen sein, aus der Reichweite des Stereovisors
hinaus. Er konnte irgendwo unter dem giftiggelben Wüstensand
verschüttet liegen. Oder zerschmettert unter einer Steinlawine.
Vielleicht aber irrte er auch irgendwo in der Nähe umher, beim
Eingang zur Station, genarrt, im Kreise geführt von den
Ausgeburten seiner kranken Phantasie.
»Ich will die Aufzeichnung hören«, sagte Färn.
Kein Zweifel, es war Helians Stimme, doch so dumpf
und angespannt, wie Färn sie noch nie gehört hatte. Er sprach
– nein, er dachte laut, und seine Gedanken waren verworren und
voller Furcht.
»Ich bin krank. Bestimmt bin ich krank. Ich
verliere den Verstand und will es um keinen Preis wahrhaben.
Verrückte glauben nie an ihren eigenen Wahnsinn.«
Schweigen. Und dann: »Ich muß das
bißchen Verstand, das mir geblieben ist, zusammennehmen und
versuchen, mir über die Ereignisse klarzuwerden. Vielleicht kann
ich dann etwas begreifen, eine Erklärung für das
Unerklärliche finden.
Gestern war noch alles in Ordnung. Ich hatte einen
normalen Flug und eine gute Landung, ich habe auftragsgemäß
die Automaten kontrolliert. Bloß ein bißchen müde bin
ich wohl. Aber nur wenig, ganz wenig! Dann habe ich mich hingelegt und
geschlafen, ein, zwei Stunden vielleicht. Dann bin ich aufgewacht, und
im selben Augenblick begann es, direkt an jener unscharfen Grenze
zwischen Schlaf und Wachsein. Es war, als wäre jemand ins Zimmer
gekommen. Ich hörte nichts, aber ich war überzeugt, daß
jemand gekommen war. Ich blieb liegen, und das war sicher mein Fehler.
Ich hätte vielleicht nur aufzustehen brauchen, und alles wäre
wieder im Lot gewesen. Aber ich blieb liegen. Im ersten Moment fand ich
es sogar interessant. Ich dachte, ein anderer Pilot wäre gekommen
und ich hätte einfach die Landung seiner Rakete überhört.
Dann wurde mir klar, daß es sich ganz in
meiner Nähe befand. Diese Feststellung war derart unwahrscheinlich
und wider alle Vernunft, daß ich zu dem Schluß kam, ich
wäre noch nicht aufgewacht. Es gibt solche Träume. Man
träumt, daß man träumt, aber man wacht nicht auf, und
der Traum wird immer schrecklicher, zumal man überzeugt ist, nicht
mehr zu schlafen. Es bewegte langsam verschiedene Gegenstände, als
wollte es sie betrachten. Zuerst meine Apparate. Dann hob es den Skaphanderhelm an und hielt ihn in der Schwebe. Ich war völlig
sicher, daß ich keiner Täuschung unterlag: Ich hörte,
wie sich Metall auf Glas rieb, als der Helm an seinen Ort
zurückkehrte.
Ich erinnere mich, wie ich in diesem Moment
glaubte, jemand spielte mir einen dummen Streich. Ich beschloß,
darauf einzugehen. Ich sprang auf und schrie irgend etwas, ich
weiß nicht mehr, was, und spielte den Erschrockenen. Mit wilden
Gesten stürzte ich zur Tür. Dann blieb ich stehen und lachte.
›Also dann herzlich willkommen‹, sagte ich. ›Und Schluß mit den blöden Witzen!‹
Ich glaubte, es wären ihrer zwei, und hatte sogar eine Vermutung,
wer es sein könnte: Ivar und Dan von der
›Transorion‹.
Doch da war niemand. Der Saal war leer, wie ich ihn verlassen hatte,
als ich mich schlafen gelegt hatte. Ich wandte mich um. Noch immer
bewegten sich im Zimmer lautlos die Dinge. Der Helm erhob sich vom
Tisch und hing in der Luft, als gehörte er dorthin und als wollte
er für immer dort bleiben. Dann bewegte er sich
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