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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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Sagen, weil es allzu banal, geradezu primitiv banal und uninteressant ist, aber meine Gewissenhaftigkeit als Chronist macht es mir dennoch zur Pflicht, es wiederzugeben, wenn auch in aller Kürze.
Kantardshiew hypnotisierte ihn auf dem Stuhl, so wie er dasaß, viel rascher als Petrow, und forderte ihn sofort auf, zu erzählen, wo er am Vortag gewesen war und was er gemacht hatte.
»Ich war den ganzen Tag mit der Madam beisammen«, antwortete der Fahrer.
»Mit welcher Madam, Wantscho?« mußte der Professor nachbohren.
»Mit der Frau vom Chef. Wir waren bei ihrer Mutter«, erzählte der Hypnotisierte ohne sonderliche Lust.
»Fahren Sie oft dorthin?« fragte der Professor weiter, und sein Wunsch, sich zu rächen, war mehr als augenscheinlich.
»Recht oft in letzter Zeit«, erklärte unser Direktor. »Sie ist krank, das alte Weiblein, deshalb…«
»Scht!« zischte Kantardshiew warnend, und der junge Fahrer erzählte inzwischen mit Behagen: »Ein süßes Frauchen! Seit sie sich diese kranke Mutter ausgedacht hat, haben wir’s prima!«
»Ihr seid also nicht bei ihrer Mutter gewesen, Wantscho?«
»Doch, doch, haben mal für fünf Minuten reingeschaut, als Alibi, wie sie sagt, und dann ab in den Wald.«
An dieser Stelle hielt sich die Lekowa wieder den Mund zu, um den Schluckauf zu unterdrücken, und ich begann mir die Instrumente im Glasschrank anzusehen, aber dieser rachsüchtige Professor schien jedes Taktgefühl vergessen zu haben.
»Und was macht ihr dort, Wantscho? Erzähl der Reihe nach.«
Die Einzelheiten erfuhren wir nicht, denn die Tür wurde mit einem solchen Krach zugeschmissen, daß der Hypnotisierte mitsamt seinem Stuhl in die Höhe sprang. Der Direktor war hinausgestürmt, kam aber sofort wieder herein und schrie von der Tür aus: »Ihr unterschreibt noch eine Erklärung! Alle!«
Petrow war ebenfalls erwacht und sah uns verwundert an.
»Lassen Sie mich in Ruhe, und machen Sie, daß Sie rauskommen!«
Jetzt explodierte auch Kantardshiew. »Sie haben bereits unterschrieben. Ich bring’ Sie vor Gericht, daß Sie’s wissen, wenn der Patient etwas erfahrt! Ist das klar? Raus! Alle! Ach, Petrow, sind Sie aufgewacht?« sagte er verwirrt. »Für Sie gilt das nicht, bleiben Sie noch liegen, ruhen Sie aus.«
Als wir auf den Korridor kamen, war unser Direktor fort, wie von einer fliegenden Untertasse weggeholt, und der Fahrer fragte blaß: »Aber was is’n los, Leute, was ist denn geschehn?« Die Lekowa hielt sich abwechselnd die Nase und den Mund zu und kämpfte mit einem neuen Schluckauf, doch ihre Augen frohlockten. Ich war es, der dem Burschen eine Antwort geben mußte, konnte ihn ja nicht so unvorbereitet lassen. Er stieß einen Pfiff aus, sagte dann »Au weia!«, schließlich lachte er.
»Ach, zum Teufel, wußte ohnehin nicht, wie ich diese Kobra loswerden sollte. Los, ich fahr’ euch zurück, zum letzten Mal. Stell ihm den Wagen vor die Tür und ciao!«
Ich mußte auf Petrow warten, und die Lekowa verkündete, sie könne ihren Kollegen nicht der Willkür des Schicksals überlassen, als hätte sie sich früher nur soviel für sein Schicksal interessiert. Sie gab dem Fahrer einen Kuß auf die Wange: »Ciao, Wantscho! Und vergiß deine Freunde nicht, mein Junge!« Und Wantscho sagte, sowie er eine neue Stelle habe, werde er uns sofort an einem Abend zum »Kopito« fahren.
Kantardshiew kam bald heraus – ich hatte mit der Lekowa wegen ihres verwünschten Schluckaufs noch kein Wort wechseln können – und der Professor war überrascht, aber auch erfreut: »Ach, ihr seid noch da! Ich wollte ihn nach Hause fahren, aber wenn ihr da seid… Also, Petrow, wir haben uns verstanden, ja? Seien Sie ganz ruhig, es ist nichts Schlimmes passiert. Das wichtigste ist, daß Sie jetzt völlig gesund sind. Dafür verbürge ich mich mit meinem Wort als Arzt.«
Wir hakten unseren »völlig gesunden« Petrow unter und zogen mit ihm durch die Straßen von Sofia. Die Lekowa flötete ununterbrochen so zärtlich und verliebt auf ihn ein, daß ich so etwas wie Eifersucht verspürte. Aber er, der Arme, war noch völlig abwesend, als sei er im Geist noch in der fliegenden Untertasse. Sonst zeigte er keine Anzeichen gesundheitlicher Störung, aber ich machte mir noch Sorgen und bestand darauf, ihn nach Hause zu begleiten. Er lehnte ab – er würde mich am Abend anrufen –, und dann kam seine Frage, bei der ich vor Schreck erstarrte.
»Ljubo, was hat euch der Professor verboten, mir zu sagen?«
»Er hat was verboten? Ich wüßte

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