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Kontaktversuche

Kontaktversuche

Titel: Kontaktversuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Simon (Hrsg)
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nicht.«
»Aber er hat euch gedroht, wenn ihr mir etwas sagt…«
»Ach, das! Das bezog sich nicht auf dich, sondern auf Wantscho. Er hatte ihn doch hypnotisiert, und da… Es war ein Riesenspaß, ich erzähl’ dir’s nachher. Lauf jetzt, deine Frau wartet auf dich! Wer weiß, was sie für Ängste ausgestanden hat.«
Später erfuhr ich, daß er mir’s nicht geglaubt hat, aber jetzt ging er, wie mir schien, mit sicheren Schritten davon. Und die Lekowa zwickte mich über dem Ellenbogen in den Arm.
»Bist ein Teufelskerl! Mir hatte es regelrecht die Sprache verschlagen! Ist denn diese Erklärung so bindend, Ljubo?«
»Absolut!« knurrte ich sie an. »Wenn du ein Wort verlauten läßt, kannst du was erleben!«
»Gilt das auch für das vom Direktor?« murmelte sie niedergeschlagen.
»Wenn du deine Stelle loswerden willst«, sagte ich, aber sie stieß, zu jedem Opfer bereit, hervor: »Auf die Stelle kann ich pfeifen!«
»Hör zu.« Ich gab ein wenig nach. »Das vom Direktor ist deine Sache, aber über das andere kein Wort! Sonst ist unser Peter…«
»Aber das ist ungeheuerlich! Ein Bulgare ist mit einer fliegenden Untertasse geflogen, und wir sollen das verschweigen! Statt stolz zu sein…«
»Na, na!« sagte ich lachend. »Woher denn so plötzlich dieser Patriotismus bei dir? Ich sag dir’s noch einmal: Wir müssen ihn schonen, wenigstens in der ersten Zeit, bis er ein bißchen zu Kräften kommt. Hin wie her, lange wird das kein Geheimnis bleiben, aber jetzt bitte ich dich auch, wenn dir etwas an Peter liegt…«
»Du brauchst mich nicht zu überzeugen«, verkündete sie auf einmal. »Du weißt, daß ich immer große Stücke auf Petjo gehalten habe.« Und sie sagte das so natürlich, als hätte sie ihm nie mit ihren Stänkereien und der absichtlich schludrigen Arbeit das Leben vergällt, wenn sie einen Auftrag von ihm ausführte, als hätte ihre gegenseitige Feindseligkeit bis zu dem verhängnisvollen Jahr nicht ständig die Atmosphäre in unserem Büro bestimmt.
Halblaut schlug ich ihr vor, zum Dienst zu gehen, doch sie schrie auf: »Aber wenn der Chef da ist?« Ich äußerte meine Zweifel – soweit ich die Männer kenne, werde er heute wohl kaum zur Arbeit gegangen sein. Und sie darauf: »Also hingehn und schweigen? Aber sie werden uns doch alle mit Fragen löchern! Das ist ein Ding!« Und wir einigten uns darauf, daß wir uns heute selbst einen Tag Urlaub bewilligten. Der Chef würde uns deswegen wohl kaum feuern.
Ich hatte mich gerade voller Gram auf die Couch geworfen, weil dieser komische Ausflug nicht mir passiert war (meine Frau war zur Arbeit, das Kind in der Schule), da kam Petrow hereingeschneit. Ganz deprimiert. Seine Frau habe tatsächlich zu Hause auf ihn gewartet, aber keineswegs mit offenen Armen. Obwohl der Professor inzwischen angerufen hatte, um ihr die Art seiner Erkrankung zu erklären, habe sie einfach nichts mehr von ihm wissen wollen. Sie habe während dieses Jahres ihr ganzes Leben überdacht und beschlossen, mit ihm Schluß zu machen. Sie hätte schon einen anderen. Petrow habe ihr erklärt, er wolle ihr alles verzeihen, aber sie sei unerbittlich geblieben.
»Ljubo«, jammerte er, »wo, zum Teufel, bin ich dieses Jahr gewesen? Hat mich denn niemand gesehen, irgendwo muß ich doch gewesen sein! Wenn ich im Irrenhaus gewesen bin, müßte es heißen: Da hatten wir so einen, wir haben ihn entlassen, oder er ist ausgerissen. Und dann dieses Haar? Am Ende fing meine Frau an zu schreien, was ich mir mit diesem Haar vorstelle, ich sehe aus wie eine Vogelscheuche. Auf dem Weg zu dir war ich in einem Salon, wo Haare entfernt werden, sie haben mich kurzerhand rausgeworfen. Ob ich verrückt sei, mir die Haare vom Kopf entfernen zu lassen. Sie wollten sie bloß färben, aber ich schäme mich. Und sie haben gelacht und Fragen gestellt… Ich begreife nichts, aber auch gar nichts, ich werde noch verrückt, sage ich dir, ich werde wirklich noch verrückt! Und auf der Straße drehen sie sich nach mir um…«
Nein, Kantardshiews Vorgehen war absolut richtig!
»Ljubo, du hast mich vorhin angelogen, ich hab’s gemerkt. Warum sagst du mir nicht die Wahrheit? Du weißt, ich bin stark, zumindest vor der Wahrheit hab’ ich mich nie gefürchtet. Was müßt ihr vor mir verbergen?«
Ich versuchte, bei meiner vorherigen Lüge zu bleiben, erzählte ihm die ganze Geschichte von Wantscho und der Frau des Chefs, aber er schmunzelte nicht einmal.
»Der Professor hat gesagt: Wenn Sie dem Patienten etwas sagen… Wantscho

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