Kontaktversuche
tauchen, den du für verrückt hältst.
»Danke, ich komme bestimmt auf Ihr Angebot zurück. Von dort unten soll die Aussicht ungewöhnlich schön sein. Beschreiben Sie mir bitte kurz die hier existierenden Lebewesen und ihre Entwicklungsstufe.«
»Den zweiten Teil Ihrer Frage zu beantworten fällt mir schwerer. Im allgemeinen wird angenommen, daß der Umfang der von ihnen ausgehenden Informationen äußerst gering ist. Was das Äußere der Lebewesen betrifft, genügt der Anblick eines Exemplars, um zu wissen, wie alle übrigen aussehen. Verworrene Knäuel von hohlen Fäden unterschiedlicher Dicke und Färbung. Das mag wohl die genaueste Beschreibung sein. Durch die Wandungen der Fäden dringen Elemente des sie umgebenden Milieus. Die Wasserschleie sind in fortwährender, sanfter Bewegung, die zarten Luftschleie werden von den ständigen Winden fortgetragen. Dort sehen Sie gerade eins dieser Lebewesen.«
Anton wies mit der Hand nach oben. Sie standen auf der offenen Terrasse der Station. Ein gewaltiger Federball zog über ihren Köpfen seine Kreise. Der Arzt folgte ihm mit einem Blick und wandte sich dann wieder seinem Gesprächspartner zu. »Und die andere Hälfte?«
»Sie meinen die andere Hälfte der Expedition? Das sind Physiker, Planetologen, Meteorologen und so weiter. Ein paar Ingenieure montieren ein Tauchschiff, mit dem wir den Meeresboden erreichen wollen. Bis heute konnte dieser Vorstoß wegen der dort herrschenden ungeheuren Druckverhältnisse noch nicht verwirklicht werden. Anfangs kümmerte ich mich nur um die automatischen Anlagen in der Station, doch seit einiger Zeit beteilige ich mich an den Vorbereitungsarbeiten für das Unterwasserfahrzeug.«
»Seit wann? Seit dem Sturm?«
Anton gab einen kleinen Seufzer von sich. Warum kommt er nicht gleich zum Kern der Frage?
»Jawohl.«
»Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?«
»Ich lese, spiele Schach, treibe Sport, befasse mich mit einem Problem, das mit meinen übrigen Pflichten nicht in Verbindung steht.«
»Welche Sportart üben Sie aus?«
»Boxen und Segeln. Das wissen Sie doch schon. Ich habe mir in der Werkstatt eine Plastjacht zusammengebastelt, von der Erde bekam ich per Versorgungsrakete Segel und Takelage. Die Station verlasse ich entweder allein oder mit meinen Kameraden.«
»Ist das nicht riskant?«
»Ich denke nicht, zumal ich zuvor immer aufs Barometer schaue. Außerdem ist die Jacht ziemlich sicher unter dem Deck mit Ballons ausgerüstet, die sie im Falle des Kenterns über Wasser halten.«
»Und dennoch hat der Sturm Sie überrascht?«
»Er hat sogar die Meteorologen überrascht. Sie müssen dabei berücksichtigen, daß auf der Aqua Stürme eine außerordentlich seltene Erscheinung sind. Der Sturm, in den ich geraten bin, ist seit Errichtung der Station erst der zweite. Und beide brachen plötzlich und unvorhergesehen los.«
»Erzählen Sie ausführlich von der Ausfahrt vor dem Sturm, vom Geschehen während des Sturmes und was Sie beobachtet haben.«
»Ich war allein. Ursprünglich wollte Grischa mit mir fahren, doch Bogdan hatte ihn um irgend etwas gebeten, und er war zurückgeblieben. Ich war ein wenig niedergeschlagen, als ich mich auf die Reise machte, denn ich bin nicht gern allein. Kaum ein Lüftchen. Ein herrlicher Tag. Der Widerschein der weißgoldenen Sonne lag auf dem apfelgrünen Wasser, die Schleie machten Luftsprünge, hin und wieder berührte einer das Segel. Ich hatte mich bequem ausgestreckt und hing meinen Gedanken nach. Allmählich frischte der Wind auf. Als ich mich umblickte, lag die Station weit hinter mir. Ich beschloß umzukehren und drehte bei.«
Ich vermute, du hast niemals Stunden auf dem Wasser zugebracht, dachte Anton schadenfroh. Um so schlimmer für dich!
»Also der Wind wurde zunehmend stärker. Die Jacht krängte stark, ich mußte mich weit hinauslehnen. Solche Tage sind selten auf der Aqua. Das pfeilschnelle Dahingleiten der Jacht, die, das Wasser aufwühlend, ihre Bahn zog, versetzte mich in trunkene Begeisterung. Da vernahm ich zum ersten Mal die Stimme des nahenden Sturmes, einen tiefen Baßton, der in der Luft rundum, in mir selbst geboren zu sein schien. Ich erfaßte, daß etwas Außergewöhnliches bevorstand.«
»Und was taten Sie daraufhin?«
»Was konnte ich tun? Ich hoffte, daß es mir gelingen würde, die Station zu erreichen, und aus diesem Grunde zog ich das Segel nicht ein. Eine Minute danach war es schon zu spät, ich konnte Ruderpinne und Leine nicht mehr für eine Sekunde aus den Händen lassen.
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