Kopernikus 1
Maschine zu beobachten, als sich ihr kleines Gehirn mit zwei einander widersprechenden Informationen abplagte. Obwohl sie wußte, daß sich Peyton in dem Raum befand, sagten ihr die Augenlinsen, daß dies nicht der Fall war. Sie begann in kleinen Kreisen herumzusausen, bis sich Peyton ihrer erbarmte und vom Steg herabstieg. Sofort hörte die M a schine auf, sich im Kreise herumzudrehen und entbot ihm ihren Willkommensgruß.
„Ich bin A-fünf. Ich führe Sie überall hin, wohin Sie es wünschen. Bitte erteilen Sie mir Ihre Befehle im Norm-Robotvokab.“
Peyton war ziemlich enttäuscht. Das war ein ganz g e wöhnlicher Roboter, und er hatte in der von Thordarsen erbauten Stadt etwas Besseres erwartet. Die Maschine mochte sich jedoch als nützlich erweisen, wenn er sie richtig einsetzte.
„Danke“, erwiderte er unnötigerweise. „Führe mich bitte zu den Wohnräumen.“
Peyton war sich jetzt ziemlich sicher, daß die Stadt vollautomatisch funktionierte, es bestand jedoch noch immer die Möglichkeit, daß sie menschliches Leben en t hielt. Es mochten andere da sein, die ihm bei seiner S u che behilflich sein konnten, doch war vielleicht das Fe h len jeglicher Widersacher das höchste, was er sich erho f fen durfte.
Wortlos drehte sich die Maschine auf den Rädern he r um und rollte aus dem Raum. Der Gang, durch den sie Peyton führte, endete vor einer reichverzierten Tür, die er bereits vergeblich zu öffnen versucht hatte. Anscheinend kannte A-fünf ihr Geheimnis – denn als sie sich näherten, glitt die dicke Metallplatte lautlos zur Seite. Der Roboter rollte in eine kleine kistenförmige Kammer hinein.
Peyton fragte sich, ob sie einen weiteren Materi e transmitter betreten hatten, kam jedoch sehr rasch darauf, daß es sich lediglich um einen gewöhnlichen Aufzug handelte. Aus der Fahrtzeit nach oben zu schließen, mu ß te er sie beinahe bis zur Spitze der Stadt befördert haben. Als die Türen aufglitten, kam es Peyton so vor, als b e fände er sich in einer anderen Welt.
Die Gänge, in denen er zuerst gelandet war, waren nüchtern und ohne allen Schmuck gewesen, ganz auf Nützlichkeit bedacht. Im Gegensatz dazu waren diese geräumigen Gänge und Versammlungszimmer mit ä u ßerstem Luxus ausgestattet. Das 26. Jahrhundert war eine Zeit mit einer Neigung zu überladener Dekoration, auf welche die nächsten Generationen naserümpfend hera b blickten. Die Dekadenzler waren jedoch weit über ihre eigene Zeit hinausgegangen. Bei der Planung Comarres hatten sie sich die Quellen der Psychologie ebenso z u nutze gemacht wie die der Kunst.
Man hätte ein Leben verbringen können, ohne all die Wandgemälde, Schnitzereien, Bilder und verschlungenen Tapeten erschöpfend zu betrachten, die noch immer so farbenprächtig aussahen wie zu der Zeit, da sie angefe r tigt worden waren. Es war eine Schande, daß etwas so Prächtiges völlig verlassen und vor der Welt verborgen war. Peyton hätte beinahe seinen wissenschaftlichen Fo r schungseifer vergessen und eilte wie ein Kind von Wu n der zu Wunder.
Dies hier waren Genieleistungen, vielleicht großartiger als alles, was die Welt bisher gekannt hatte. Es handelte sich jedoch um einen kranken und verzweifelten Genius, einen, der den Glauben an sich selbst verloren hatte, aber noch immer ein ungeheures technisches Können besaß. Zum erstenmal verstand Peyton wirklich, warum die E r bauer von Comarre ihren Namen erhalten hatten.
Die Kunst der Dekadenzler stieß ihn ab und faszinierte ihn zugleich. Sie war nicht böse, denn sie stand allen m o ralischen Maßstäben fern. Ihre beherrschenden Eige n schaften waren vielleicht Erschöpfung und Enttäuschung. Nach einiger Zeit spürte Peyton, der sich selbst nie als für visuelle Kunst empfänglich gehalten hatte, wie eine subtile Depression sich seiner Seele bemächtigte. De n noch war es ihm schier unmöglich, sich loszureißen.
Schließlich wandte sich Peyton wieder dem Roboter zu.
„Lebt jetzt noch jemand da?“
„Ja.“
„Wo sind sie?“
„Sie schlafen.“
Irgendwie sah das nach einer ganz natürlichen An t wort aus. Peyton fühlte sich hundemüde. Die letzte Stu n de war ein Kampf ums Wachbleiben gewesen. Etwas schien ihn beinahe zum Schlafen zu zwingen. Morgen war noch Zeit genug, die Geheimnisse zu ergründen, d e retwegen er hergekommen war. Im Augenblick wollte er nichts als schlafen.
Er folgte automatisch, als ihn der Roboter aus den g e räumigen Sälen in einen langen Gang hinausführte, in dem sich
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