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Kopernikus 1

Kopernikus 1

Titel: Kopernikus 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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wies er sodann auf die naturgetreue Nachbildung der Böcklinschen Toteni n sel mit ihren Felsen und Zypressen. „Ebenfalls aus Pl a stik. Ein Bestattungsort der höchsten Preiskategorie, E x klusivqualität!“
    „Verstehe“, sagte Ulf. „Auch Tote haben ihr Recht auf Disneyland!“
    Der dritte Geschäftsführer überging Ulfs Bemerkung. „Hier nähern wir uns der großen Nischenwand“, erklärte er und führte weiter aus, daß bei der Vorbesichtigung in den Werkstätten Professor Nevart wütend mit dem Ele k tronenmeißel das HIER RUHT von seiner Schmucktafel gestemmt hatte. „Wir mußten leider eine neue Platte in Rechnung stellen. Außerdem bestand der Herr Professor, ein eigenwilliger Herr, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, auf der Eingravierung eines seltsamen Symbols unter seinem Namenszug. Ich würde es für eine mißlungene Sieben halten, da der Querstrich rechts in einer Art Kralle endet.“
    Ulf lachte kurz auf. „Das ist das alte Symbolzeichen für Vitriol!“
    „Vi-tri-ol?“ Der Mann schien unfähig, weiterzugehen.
    „Ja, gemeinhin Säure!“
    „Ein Säure-Symbol auf einer Grabinschrift?“
    „Vielleicht wollte Vater damit seinem beißenden Witz ein Denkmal setzen.“
    „Und koste es das Leben“, meckerte der Herr in Schwarz und hatte es plötzlich wieder eilig. „Da Sie außer Landes waren, wissen Sie wahrscheinlich nicht, daß der Herr Professor einen unserer Metglassärge b e stellt hat. Hart wie Stahl, leicht wie Aluminium und durchsichtig wie Glas. Branchenintern Schneewittche n zigarre genannt. Spaß muß sein! Wir liefern sonst nicht an Privat. Aber was tut man nicht alles für die Wisse n schaft?! Ihr Herr Vater hielt unsere elliptischen Morten-Container – das Weltpatent ist Familienbesitz! – für ein ideales Transportmittel für Ho m… Homi …“ Er wußte nicht weiter.
    „Für Hominiden“, half ihm Ulf aus der Wortklemme.
    „Ganz recht“, strahlte der dritte Geschäftsführer und ließ sich nicht weiter bremsen. „Falls uns wieder einmal eine Moorleiche ins Haus schneit, sagte Ihr Herr Vater. Und jetzt ruht er selbst in der Schneewittchenzigarre! Oh, Pardon. Wir sind da, Sektion N! Wünschen Sie beim Öffnen des Sarges Musik? Unser Angebot reicht vom klassischen Repertoire über Ich hatt’ einen Kameraden bis zu Sphärenklängen. Der Wechselautomat für die M u sikboxen …“
    „Eine Schweigeminute scheint mir am ehesten ang e bracht“, betonte Ulf.
    „Wie Sie wünschen! Stille kostet allerdings das Do p pelte.“ Der Mann in Schwarz schmollte.
    Ulf warf zwei Münzen in den gefräßigen Automaten und bat, allein gelassen zu werden.
    „Bitte betreten Sie unsere computergesteuerte Hebeplat t form. Sie werden hydraulisch hochgefahren. Etage 9!“
    Ulf trat auf den Stahlgitterrost des Besucherlifts. Die Hydraulik summte leise. Jeder Meter, den er zwischen sich und diesen Dauerredner brachte, war ihm willko m men.
    Die Plattform stoppte.
    „Codenummervergleich“, forderte eine Kunststimme.
    „ 17/02/19/50!“ sagte Ulf in die Sprechmuschel, über der eine rote Lampe aufblinkte.
    „Achtung, Schmucktafel schwenkt aus. Sarg wird vo r gefahren. Schutzdeckel kippt hoch“, warnte der Stim m automat.
    Gebannt folgte Ulf dem angekündigten Schauspiel. Der Schutzdeckel des herausgleitenden Sarges klappte wie von Geisterhand bewegt auf, automatisch schaltete sich die Sarginnenbeleuchtung ein. Ulf beugte sich vor, um durch das entspiegelte Sichtfenster zu schauen …
    Er fühlte einen imaginären Faustschlag in die Mage n grube. Was er erblickte beziehungsweise nicht erblickte, verursachte ihm eine jähe Übelkeit. Er mußte sich krampfhaft an den Metallstreben der Plattform festhalten.
    „Großer Gott“, stöhnte er mühsam beherrscht.
    Alles war da! Vaters dunkler Anzug, schwarze Schuhe, Socken, Hemd, Krawatte … nur das Wichtigste fehlte: der Körper des Toten. Anstelle der sterblichen Überreste – wie es so schön heißt – sah Ulf bloß Asche! Plas tikasche auf Sandballast, damit das Körpergewicht bei der Besta t tung stimmte. Plastikasche, wie sie von den neuen Kuns t stoffprodukten mit molekularem Zeitzünder übrigbleibt; den Kunststoffprodukten, zu denen auch die Replikatoren im Holo-Reprintverfahren zählen. Dies war einer von Vaters künstlichen Doppelgängern, einer von vieren!
    Wenn sich das so verhielt, wo war dann Vater abg e blieben?
    Ulf biß die Zähne zusammen. Er würde ihn finden – tot oder lebendig.
    „Ich will jetzt endlich wissen,

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