Kopernikus 1
Chaim Dartagnan, der inkorp o rierte Medienmann, der professionelle Speichellecker, der Lohnschreiber, den Siamang & Söhne ausgeschickt ha t ten, um die Rettung zu filmen. Plötzlich sah sie Dart a gnans Gestalt vor ihrem geistigen Auge, die Hände in g e wohnheitsmäßiger Entschuldigung erhoben, bettelte er um die Vergebung, die sie ihm niemals gewähren konnte. Gemeinsam hatten sie die Reise zum zweiten Planeten unternommen, gemeinsam hatten sie alle Schrecken ertr a gen, die Sabu Siamang über sie gebracht hatte. Und sie hatten begonnen, eine tiefere Gemeinsamkeit zu entwi c kel n, ein Vertrauen, ja fast ein …
Sie schloß ihre Augen und setzte sein Bild in Fla m men, brannte es hinweg. Sie hatte geglaubt, er wäre a n ders: jemand, der die Scheinheiligkeit der Demarchy-Sitten durchschaute, der sie als menschliches Wesen sah, nicht als weiblichen Piloten, als Frau in einer Männe r welt, als Eindringling. Und auch hatte sie geglaubt, die Lüge seines Lebens durchschaut zu haben, geglaubt, sie habe den wahren Mann dahinter entdeckt, einen gefüh l vollen, ehrlichen Mann, der einer Arbeit nachging, die er verabscheute, der hoffnungslose Träume träumte.
Doch Siamangs Schreckensherrschaft hatte ihre Illus i on der Wahrheit zerschlagen, hatte bewiesen, daß Dart a gnan nach allem nichts weiter war als ein selbstgefälliger Feigling, bereit, sie zu verraten, um seine eigene Haut zu retten. Und obwohl er zuletzt doch alles getan hatte, um Siamang seiner gerechten Strafe zuzuführen, konnte sie doch niemals vergessen …
Abrupt sah sie auf von den glühenden Ausdrucken der Konsole, als sie hörte, wie unten jemand das Schiff betrat. Rasch bemühte sie sich, ihrem Gesicht einen a k zeptablen Ausdruck zu geben, und glättete ihre übliche Fluguniform mit den Händen. Das mußte Wadie Ab d hiamal sein. Sie hatte eingewilligt, ihn hier zu treffen, um sich mit ihm über die näheren Bedingungen zu unterha l ten, unter denen sie dieses Schiff zu ihrem Eigentum m a chen konnte. Konnte sie es bekommen? Unwillig verzog sie das Gesicht. Sie hatte ihren Job als Pilot der Siamang-Gesellschaft verloren, weil sie gegen Sabu ausgesagt ha t te, und das, was die Sekka-Olefins-Verwandten von ihr verlangt hatten, war ein unerfüllbarer Traum für sie. Sie war keine Prospektorin – und genau das müßte sie sein; sie müßte sich in einem an Zauberei grenzenden Gestal t wechsel in einen solchen verwandeln, wollte sie den Preis aufbringen, den sie für dieses Schiff verlangten. Dabei war dieses Schiff ihre einzige Chance auf ein L e ben in Freiheit und Würde, nun, da ihr Job als Pilot für immer dahin war. Kein anderer in dieser verdammten, verdrehten Gesellschaft wollte sie die Aufgabe erfüllen lassen, für die sie ausgebildet war, zusätzlich war sie u n verheiratet und steril, die einzigen Alternativen waren tödlich oder erniedrigend. Sie mußte Erfolg haben, sie mußte einfach … Sie rang die Hände.
„Demarch Fukinuki.“ Wadie Abdhiamal tauchte plöt z lich auf, er schwebte im konzentrischen Geländer des Verbindungsschachts im Zentrum des Kontrollraums. Er hatte seinen Druckanzug im unteren Teil zurückgelassen; sein Anzug war makellos wie immer. „Freut mich, daß Sie zur Stelle sind.“
Mythili nickte, es gelang ihr sogar ein dünnes Wil l kommenslächeln. „Demarch, Abdhiamal. Sie sind spät dran.“ Ihr Lächeln wurde breiter und verschwand wieder, als sie sah, daß er nicht allein war.
Abdhiamal stieß sich vom Geländer ab und schwebte zum Rande des Schachtes, der Zugang war wieder frei. Sie sah einen anderen Kopf, der dort sichtbar wurde, Schultern, Arme, der Körper … Dartagnan . Dartagnan. Das Wort hallte wieder und wieder durch ihren Kopf, während sie sich bemühte zu glauben, was ihre Augen ihr zeigten. „Dartagnan!“ Ein Schrei der Überraschung, des Ärgers, des Betrogenseins, als sie erkannte, was seine Anwesenheit nur bedeuten konnte. „Was macht er hier?“ Wütend wandte sie sich Abdhiamal zu; sie wußte die Antwort, was die Frage zu einer Beschuldigung machte.
„ Mythili?“ Chaim hielt sich am Geländer des Schac h tes fest, zwang seinen aufsteigenden Körper zum Inn e halten.
Sie starrte ihn an, der sekundenschnelle Blick in sein ungläubiges Gesicht sagte ihr, daß er ebensowenig eing e weiht war wie sie. Sie blickte zurück zu Abdhiamal, ehe sein Blick sie in seinen Bann schlagen konnte. „Sie hatten kein Recht, uns das anzutun! Ich will nicht mit ihm z u sammenarbeiten …“ Ihre
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