Kopernikus 1
um sich.
„Ich habe den Glauben verloren“, erwiderte ich schlicht.
Er blickte mich lange aufmerksam an und blinzelte mit seinen pupillenlosen Augen. Endlich sagte er: „Ihr Gla u be geht nur Sie und Ihren Beichtvater etwas an. Mich interessieren lediglich Ihre Ergebnisse. Sie haben gute Arbeit geleistet, Damien. Sie dürfen sich nicht zur Ruhe setzen, und ich erlaube Ihnen nicht zu resignieren.“
Die Wahrheit wird uns freisetzen.
Aber Freiheit ist kalt und leer und beängstigend, und Lügen können oft warm und schön sein.
Letztes Jahr hat die Kirche mir ein neues Raumschiff zur Verfügung gestellt. Ich habe es Drachen getauft.
Joan D. Vinge
Narrengold
(FOOLS GOLD)
„Entschuldigen Sie … Verzeihung …“
„Warten Sie, bis Sie dran sind, Kamerad. Wir haben genug Arbeit für jedermann.“ Der Schalterbeamte griff nach Bewilligungsformularen, die das ungestüme Hera n nahen des Fremden der niederdrückenden Hand der Gr a vitation entrissen hatte. Er stopfte sie in einen Aktenor d ner, der im Wirrwarr seiner Schreibtischplatte stand. Sein saurer Ausdruck ätzte Löcher in die amorphe Masse der Gesichter, die in einer Reihe vor ihm warteten; er maß den Mann, der die Ordnung gestört hatte, mit einem stahlharten Blick.
„Mein Name ist Wadie Abdhiamal, ich bin ein Regi e rungssprecher.“
„Kein Wunder, daß Sie in Eile sind. Aber Sie müssen warten, bis Sie an der Reihe sind, wie jeder andere …“
„Ich bin in offizieller Mission hier.“ Unwillkürlich hob Abdhiamal seine Stimme. „Ich suche einen Mann namens Dartagnan.“
„Sie haben die Wahl.“ Der finstere Blick des Beamten glitt von dem höflichen Gesicht zu den mit reichhaltigen Stickereien verbrämten Aufschlägen des Jacketts.
„Mir wurde gesagt, er sei hier, aber das ist er nicht. Wo könnte er als nächstes hingehen?“ Ungeduldig packte Abdhiamal den Schalterbeamten an dessen eigenen u n verzierten Aufschlägen.
„Nicht so stürmisch. Diese Richtung …“ Der Beamte fuchtelte mit der linken Hand und stieß den anderen von sich.
Abdhiamal stieß sich von dem Tisch ab, und die hinter ihm aufgereihten Menschen stoben auseinander wie die Formulare bei seiner Ankunft. Seine Flugbahn führte ihn dem Korridorzugang, den der Schalterbeamte angezeigt hatte, entgegen. Er bremste mit der Hand ab, korrigierte seinen Kurs und stob erneut mit unschicklicher Hast d a von.
Der Tunnel führte ihn in einen anderen Raum, ebenso unpersönlich wie der Warteraum und ebenso überfüllt. Abdhiamal erhob sich etwas, um die dichtgedrängte Menge nach dem roten Haar, das er in Erinnerung hatte, abzusuchen, nach dem braunen Gesicht von Chaim Da r tagnan. Er sah ein Dutzend Fremde, alle in Rüstungen, Helme in den Händen, die vor einer schmalen Luke in einer massiven Stahlwand standen – einem wesentlich größeren Zugang zum Unbekannten, wie ihm plötzlich bewußt wurde. Keiner war ihm bekannt. Eine Frau war unter ihnen, beim Gedanken daran, worauf sie wartete, drehte sich ihm der Magen um … worauf sie alle wart e ten, um es sich selbst anzutun.
Er sah sich in dem Raum um, weg von der Luke, zu der Menge der halbangezogenen Arbeiter, die die nächste Schicht erwarteten. Einen der Männer erkannte er i n stinktiv als Aufsichtsperson – einen Mann, der hierhe r gehörte, der niemals durch jene Luke gehen würde -; di e ser starrte zurück zu ihm, über die Menge hinweg. Und halb stehend, halb schwebend, an seiner Seite …
„Dartagnan!“ Abdhiamal hob eine Hand, seine Sti m me echote; er winkte den plötzlich bewegungslosen Kö r per, das erhobene Gesicht, zu sich herüber.
Dartagnan durchquerte den geräumigen Saal; er schleppte einen isolierten Druckanzug hinter sich her, das Gesicht mit Zweifeln umwölkt. „Abdhiamal?“ An Ab d hiamals Seite angekommen, stützte er sich an einer Wand ab, sah den anderen an. Er lachte kurz und rieb sich den Kopf. „Was, zum Teufel? Ihre Arbeit für die Regierung führt Sie schließlich hierher?“
Abdhiamal studierte das Gesicht zurückhaltend. Da r tagnan schien schmaler, als er ihn in Erinnerung hatte, straffer, härter … älter. Es war kaum sechs Megaseku n den her, daß er zum erstenmal sein Augenmerk auf Chaim Dartagnan gerichtet hatte, Zeuge geworden war, wie dieser seine Chance auf eine glückliche Zukunft au f gegeben hatte – Zeuge, wie er alles verloren hatte unter dem gnadenlosen Blick der Medienkameras des Dema r chy – weil er Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit über seine
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