Kopernikus 1
unbeleuchteten Vakuole g e wesen, hatte niemals daran gedacht, ohne von Me n schenhand gefertigtes Licht …
Chaim schaltete seine Gürtellaterne ein, überflutete die lange Röhre mit einer technischen, inkonstanten Illum i nation. „Die Atombatterien müssen schon seit langer Zeit tot sein. Solche Orte sind inzwischen alle so wie dieser.“
„Ich habe noch nie darüber nachgedacht … nie da r über nachgedacht, wie es wirklich war.“ Naiv, nur lan g sam begann sie die enorme Größe von Tod und Vernic h tung, die der Bürgerkrieg über den Hauptgürtel gebracht hatte, zu begreifen.
„Wie es sein wird. Es ist die Zukunft, die du betrachtest, nicht die Vergangenheit. Wir sind die Vergangenheit – wir laufen der Zeit hinterher.“
„Wovon redest du?“ schnappte sie, bemüht, wieder zu ihrem inneren Gleichgewicht zu finden. „All das g e schah, bevor wir geboren wurden.“
„Aber auch wir sind davon betroffen – jeder von uns. Sekka-Olefin wußte das. Deshalb wollte er das Geld für diese Artefakte, die er auf Planet Zwei gefunden hatte, so sehr. Er wußte, daß wir alle sterben, weil wir unsere Technologie nicht aufrechterhalten und im All überleben können. Während er auf Zwei festsaß, entdeckte er, daß die Atmosphäre atembar ist; deshalb wollte er eine Med i enkampagne starten, um Leute zu einer Übersiedlung überreden zu können, ehe es zu spät ist.“
„Zu einer Übersiedlung?“ Ihr Geist wanderte zurück durch Zeit und Raum, bis hin zu jenem letzten Auge n blick, der sie sich den ersti ck enden Helm von den Schu l tern gerissen hatte, in dem blaugrauen Dunst, auf die Knie gekauert und ihre Lunge mit der unglaublich dü n nen, kalten Luft von Planet Zwei gefüllt hatte … „Er war verrückt! Und das bist du auch.“
Chaim runzelte die Stirn. „Dann sag mir einmal, was wir hier machen, wenn nicht die Knochen der Toten au f lesen. Und sag mir, was das Demarchy macht, wenn nichts mehr übriggeblieben ist.“
Sie fühlte den eiskalten Griff seiner Untergangsvision, der sie umklammerte, und schüttelte ihn ärgerlich ab. „Das klingt, als hättest du Angst vor der Dunkelheit.“
„Du hast verdammt recht, das habe ich.“ Doch sie wußte, es war nicht die Dunkelheit dieses Ortes, vor der er sich fürchtete. Er raffte sich auf und stieß in den Tu n nel vor. Sein Licht flackerte über die Wände und griff in den vor ihnen liegenden Weg.
Sie folgte ihm unverzüglich, ihr eigener Lichtstrahl überlappte den seinen.
„Verflucht!“ Sein Fluch rasselte in ihrem Helm, als sie ihn am Ende des Tunnels erreichte. „Was, zum Teufel, ist das für ein Ort?“
Sie sah an ihm vorbei und entdeckte keinen Zugang zu einem größeren Raum, sondern eine plötzliche Barrikade aus einem gefurchten Material. Der Tunnel verengte sich zu einem winzigen wurmlochähnlichen Zugang. Sie griff über seine Schulter und streifte mit dem Handschuh über die Mauer dieses undefinierbaren Materials, sie fühlte eine solide Masse, die ihr standhielt, wenn auch einzelne Stränge nachgaben. Plötzliches Verstehen erfüllte sie, als ihr Gehirn die entsprechenden Querverbindungen zog … „Ausdrucke! Das sind alles Ausdrucke – Kilos und aber Kilos davon.“
„Ich würde fast sagen Tonnen und aber Tonnen.“ Chaim stützte die Beine ab und warf sein Gewicht gegen die Papierwand, doch die große Masse gab nicht nach. „Alles aufgestapelt für den Wiederbenutzer, der nie kam.“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. Er sah sie an. „Es ist viel zuviel hier. Selbst wenn sie jede Nachrichtenme l dung und jede Hyperdepesche des gesamten Hauptgürtels gesammelt haben, könnte dies hier nicht das Werk einer halben Gigasekunde sein. Das können nicht nur Nac h kriegsmeldungen sein.“
„Aber warum? Warum sollte jemand alte Hyperdep e schen sammeln , wenn doch alles in den Info-Speicherbänken war?“
In ihrem Anzug zuckte sie die Achseln. „Vielleicht war es ein Hobby. Gehen wir jetzt weiter?“
Er beugte sich vor und beleuchtete den Korridor inmi t ten des Papiers. „Ich weiß nicht. Ich kann nichts sehen, nicht einmal ein Ende … O Gott, was ist, wenn der ganze verfluchte Fels damit gefüllt ist und wir irgendwo fes t stecken, ohne jemals wieder hinauszukommen?“
„Jemand hat hier gelebt. Also muß es auch noch etwas anderes geben als Papier“, entgegnete sie ungeduldig. „Ich gehe zuerst, wenn du dich fürchtest.“ Feigling. Sie unterdrückte auch nur den Ansatz, hinter seinen Worten echte Gefühle zu
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