Kopernikus 1
Bemühungen, sich mit der Bedienung des Schi f fes vertraut zu machen, verspottet und damit sein Ve r trauen in seine navigatorischen Fähigkeiten erschüttert, um seinen Fähigkeiten als Prospektor eine eigene, ges i cherte Position entgegensetzen zu können. Das bewahrte sie davor, ihr Wissen preisgeben zu müssen, und gleic h zeitig bewahrte es sie vor der Verwundbarkeit, die ein gegenseitige Wissensaustausch bedeutet hätte. Mome n tan genoß sie den, wenn auch nur kurzzeitigen Triumph ihrer eigenen Geschicklichkeit, die die seine überragte. Chaim schob seine ruhelose Hand unter seinen Gürtel, seine Augen noch immer auf sie gerichtet, während sie störrisch auch weiterhin auf den Sichtschirm sah, der l e diglich Schotter und Sterne zeigte.
„Gute Arbeit“, sagte er endlich, bemüht, seiner Sti m me einen unbeteiligten Klang zu geben. Die Schleifen seines Gürtels verdrehten sich.
„Ein wenig holprig.“ Sie log, denn sie wußte, niemand hätte es exakter machen können, wußte, daß auch ihm das bekannt war.
Stumm zogen sie ihre Druckanzüge an. Sie vergege n wärtigte sich die verschiedenartigen Stimmungen, die sie in den vergangenen Megasekunden der Stille verbunden hatten … diese Stille war niemals einfach gewesen, und nun schloß sie sich, noch Nuancen unhörbarer geworden, um das Geheimnis, das sie hier erwartete. Mit einer abrupten Bewegung setzte sie ihren Helm auf und schloß ihn, fast wütend – wobei sie dem Geräusch des Saue r stoffs lauschte, der aus dem Rucksack auf ihrer Schulter in ihr neues, selbst verschlossenes Universum einströmte. Noch immer erinnerte sie sich an Siamangs harten Griff, der das Ventil zudrehte, das die Luftzufuhr unterbrach, ehe er sie in die Schleuse gezerrt und hinausgestoßen hatte in den blauen Staub von Planet Zwei, damit sie e r stickte und starb … Jedesmal, wenn sie den Anzug von neuem verschloß, kam die Erinnerung und engte sie ein. Doch die kühle Luft strömte ungehindert ein, kühlte ihr schweißnasses Gesicht, als sie Chaim in die Luftschleuse folgte. Die Stille dehnte sich aus, während das Vakuum sich um sie herum bildete.
In einem langsamen Bogen glitten sie am Tau hinab und landeten auf dem hellen Kies, rings um sie herum wirbelten kleine Gesteinsklümpchen und Staub zu B o den, die der Sturm ihrer Landung aufgewirbelt hatte. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, daß seit dem Bürgerkrieg vor mehr als drei Gigasekunden jemand hier gewesen war. Doch selbst wenn niemand hier gesucht hatte, war dies noch lange keine Garantie, auch etwas zu finden, das man mitnehmen konnte, und kein Grund zu glauben, dies wäre etwas anderes als ein weiterer Meilenstein an der Straße zum unausweichlichen Scheitern … Wunsch und Notwendigkeit aber überschrien die dunkle Stimme der Vernunft, schrien es zur Sonne und zu den Sternen – oh, bitte, dieses Mal, dieses Mal …
Sie fanden die versiegelte Luke, die Zugang verschaf f te zu der bewohnbaren Vakuole dieses privaten Kompl e xes, eine verkleinerte Wiedergabe der Stadtplanetoiden, auf denen sie ihr ganzes Leben verbracht hatten. Chaim drückte die Platte, die das Tor öffnete. Nichts geschah. Die in die Toroberfläche eingelassenen Lampen blinkten nicht einmal, kein Rot und kein Grün, sondern starrten sie nur weiterhin blind an, staubüberzogen, wie die A u gen eines Toten. Er grunzte und preßte seine Füße in die vorgesehenen Halterungen, beugte sich dann vor, um den manuellen Öffnungsmechanismus zu bedienen. Das Rad ähnelte einem zum O geformten Mund unter blinden A u gen.
Nach langem Bemühen öffnete das Tor sich endlich mit einem Knall, und die lang zurückgehaltene, fossile Luft entwich seufzend. Chaim sah sich nach ihr um. Sein Atem rasselte laut in ihren Helmlautsprechern, doch er sagte kein Wort, als er die Torflügel nach außen zog und in dem dahinter liegenden steinernen Rachen ve r schwand.
Mythili sah noch einmal auf und hinaus auf den Hi m mel, der sich langsam und majestätisch über ihr drehte, bevor sie ihm folgte.
Sorgfältig versiegelten sie die Luke wieder und öffn e ten das Ventil, das erneut einen Mundvoll Innenluft in die klaustrophobische Dunkelheit blies. Nachdem der Druckausgleich hergestellt war, öffneten sie das innere Schleusentor und betraten den sich ihnen öffnenden Ko r ridor, betraten undurchdringliche Schwärze.
„Shiva – es gibt kein Licht hier!“ Der Protest brach aus ihr hervor, ehe der bewußte Verstand reagieren kon n te. Sie war noch nie in einer
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