Kopernikus 1
flammten auf …
Im Livingroom des Privattraktes brodelte der Kaffeeautomat. Müde und zerschlagen hockten Gunda und Ulf in den Rattansesseln und starrten durch das Panoramafenster in die Landschaft hinaus, die wie mit dunkler Tusche gemalt erschien; diese abweisende Urlandschaft, die für die Thyrsfeldner so anziehend und geheimnisvoll blieb wie Huldre, das hohle Elfenwesen.
„Groteske Vorstellung“, lachte Ulf plötzlich auf, „daß irgendwo da draußen im Moor – infolge eines Schaltfehlers – Vaters mechanischer Silikondoppelgänger herummantscht.“
„Mit uns unbekannter Akustik-Programmierung“, ergänzte Gunda. „Hoffentlich aktivieren ihn die Balzrufe meines Capeila gallinago- Pärchens nicht zum Torf-Dracula!“
„Das Interview!“ rief Ulf. „Jetzt haben wir doch den Anfang verpaßt.“
Gunda schnipste die Holoprojektion an. Der Stereoregler schaltete die Stimmen automatisch auf Zimmerlautstärke.
Der Reporter fragte: „Herr Doktor Nevart, die Affäre um den Mann im Hundefleisch hat überraschend ihren vorläufigen Abschluß gefunden. Genauer gesagt: Alle Spuren von dem Hominidenfund und dem Hundefleisch sind über Nacht aus Ihrem Museum getilgt worden.“
Olaf nickte: „Ja, dies alles geschah auf höhere Weisung.“
„Soll das heißen – der Rest ist Schweigen!“
Olaf lächelte hintergründig: „Schauen Sie, Moorlandschaften gibt es seit vierhundert Millionen Jahren. Unsere deutschen Moore sind zehntausend Jahre alt. Höchste Zeit, daß aus dem alten Sumpf neue Legenden erstehen!“
George R. R. Martin
Der Weg von Kreuz und Drachen
(THE WAY OF CROSS AND DRAGON)
„Häresie“, erklärte er mir. In dem Schwimmbecken, in dem er lag, schwappte das brackige Wasser hin und her.
„Noch eine?“ entgegnete ich voller Überdruß. „Heutzutage sind es ihrer so viele.“
Mein Lordkomtur war von dieser Bemerkung nicht angetan. Er veränderte unwirsch seine Lage und brachte das Wasser erneut in Bewegung. Es stieg über den Beckenrand und ergoß sich über die Fliesen des Empfangszimmers. Wieder einmal wurden meine Stiefel naß. Ich nahm es mit philosophischer Gelassenheit. Ich trug die schlechtesten Stiefel, die ich besaß, da mir klar gewesen war, daß nasse Füße zu den unausweichlichen Folgen eines Besuches bei Torgathon Nine-Klariis Tun gehörten, dem Ältesten des Volkes von ka-Thane und zugleich Erzbischof von Vess, Heiligstem Vater der Vier Gelübde, Groß-Inquisitor des Kampfordens der Ritter Jesu Christi und Berater Seiner Heiligkeit, Papst Daryn XXI. von Neu-Rom.
„Und gibt es auch so viele Häresien wie Sterne am Himmel, Pater, so ist doch jede einzelne nicht weniger gefährlich“, erklärte der Erzbischof feierlich. „Als Ritter Christi ist es unsere vornehmste Aufgabe, sie allesamt zu bekämpfen. Und ich muß hinzufügen, daß diese jüngste Häresie besonders abscheulich ist.“
„Sehr wohl, mein Lordkomtur“, erwiderte ich. „Ich hatte nicht die Absicht, sie auf die leichte Schulter zu nehmen. Ich bitte um Vergebung. Die Mission auf Finnegan war überaus anstrengend. Ich hatte mir vorgenommen, Sie zu ersuchen, mich für einige Zeit von meinen Pflichten zu entbinden. Ich brauche Ruhe, Zeit zum Nachdenken und zum Ausspannen.“
„Ruhe?“ Erneut bewegte sich der Erzbischof in seinem Wasserbecken, und obwohl es nur eine leichte Verlagerung seiner gewaltigen Körpermasse war, reichte sie aus, um eine weitere Flutwelle über den Fußboden zu senden. Seine pupillenlosen schwarzen Augen blickten mich verständnislos an. „Nein, Pater, ich fürchte, das ist gänzlich unmöglich. Ihre Fähigkeiten und Erfahrungen sind für diese neue Mission unerläßlich.“ Dann schien sein Baß etwas weicher zu werden. „Ich hatte noch nicht die Zeit, Ihre Berichte über Finnegan durchzugehen“, sagte er. „Wie lief die Arbeit?“
„Schlecht“, berichtete ich ihm, „wenn ich letzten Endes auch glaube, daß wir obsiegen werden. Die Kirche ist stark auf Finnegan. Als unsere Versuche zur Aussöhnung zurückgewiesen wurden, legte ich einige Maßnahmen in die richtigen Hände, und wir konnten die Zeitung und den Rundfunk der Häretiker schließen. Unsere Freunde haben überdies dafür gesorgt, daß die rechtlichen Schritte der Gegner zu nichts führten.“
„Das ist doch nicht schlecht“, meinte der Erzbischof. „Sie haben einen beachtlichen Sieg für den Herrn und die Kirche errungen.“
„Es kam zu Ausschreitungen, mein Lordkomtur“, fuhr ich fort. „Über
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