Kopernikus 2
Passagieren beim Kartenspiel saß. „Warum kommt er niemals aus seinem Loch heraus? Warum schottet er sich von uns anderen ab?“
„Frag ihn doch einfach“, schlug ihm der Linguist vor.
Keiner tat es.
Wenn er sich nicht mit Karoly d’Branin unterhielt, beobachtete Royd Melantha Jhirl. Sie war einfach eine Augenweide: jung, gesund, attraktiv aussehend, besaß sie eine Ausstrahlung, die keiner der übrigen Passagiere übertraf. Sie stach einfach unter ihnen hervor, überragte den Rest fast um Haupteslänge, ein langbeiniges und vollbusiges Geschöpf, kräftig gebaut, aber zugleich muskulös, mit glänzender kohlpechrabenschwarzer Haut. Auch ihre körperlichen und geistigen Bedürfnisse konnten sich sehen lassen: Sie verdrückte doppelt soviel wie der stärkste Esser an Bord, konnte einen Stiefel vertragen, ohne jemals auch nur einen angetrunkenen Eindruck zu machen und war täglich über viele Stunden hinweg mit ihrer Arbeit beschäftigt.
Am Ende der dritten Woche hatte sie bereits mit allen vier Männern an Bord geschlafen und zwei der Frauen verführt. Sogar im Bett war sie immer aktiv und erschöpfte nahezu alle ihre Partner. Royd beobachtete sie nahezu ständig bei allen ihren Aktivitäten und fühlte sein Interesse ständig wachsen.
„Ich bin ein veredeltes Modell“, meinte sie eines Tages zu ihm, als sie gerade am Barren turnte, ihre nackte Haut mit winzigen Schweißperlen bedeckt. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem praktischen Knoten zusammengebunden.
„Veredelt?“ fragte Royd verblüfft. Aus technischen Gründen war es ihm nicht möglich, seine Projektion in den Frachtraum zu senden, in dem Melantha ihre Sportgeräte aufgebaut hatte, aber Melantha hatte ihn aufgefordert, sich mit ihr über den Kommunikator zu unterhalten, während sie ihre Übungen absolvierte, und er war diesem Wunsch nur zu gern nachgekommen. Was sie nicht wußte, war, daß er sie ohnehin beobachtet hätte.
Sie hielt mitten in einer Übung am Gerät inne, ohne auch nur die Spur einer Anstrengung zu zeigen – mühelos verharrte sie im Handstand. „Ich bin verändert worden, Kapitän“, plauderte sie munter. Sie hatte sich diese Anrede angewöhnt. „Ich wurde auf Prometheus in die dortige Elite hineingeboren. Hinzu kommt, daß meine beiden Elternteile genetische Wunderwerke darstellen, von daher kann man mich wohl als veredelt bezeichnen. Ich benötige doppelt soviel Energie wie Sie, Kapitän, und verbrauche die zugeführten Mengen vollständig. Ich verfüge über einen leistungsfähigeren Kreislauf, einen stärkeren und dauerhafteren Körper, und meine Lebenserwartung übertrifft die eines normalen Sterblichen um fünfzig Prozent.
Mein Volk hat mit genetischen Experimenten einige scheußliche Böcke geschossen – besonders, als man versucht hat, Leute mit schwächerer Konstitution drastisch zu verbessern, aber im Detail, wie in meinem Falle, ist bei den Versuchen eine Menge herausgekommen.“
Sie nahm ihre Übung erneut auf, bewegte sich leicht und schnell. Nicht ein Laut kam währenddessen über ihre Lippen. Nach dem Absprung verschränkte sie schwer atmend ihre Arme vor der Brust, warf den Kopf kurz zurück und begann zu grinsen. „Na, jetzt kennen Sie ja fast schon meine Lebensgeschichte, Kapitän, es sei denn, Sie interessieren sich noch für meine Treulosigkeit gegenüber Avalon, meine außergewöhnliche Arbeit, die nichtmenschliche Abstammungslehre betrifft, und für mein heißes Liebesleben, in dem es drunter und drüber geht. Würden Sie gerne was darüber hören?“
„Vielleicht ein andermal“, sagte Royd höflich.
„Auch gut“, erwiderte Melantha. Sie griff nach einem Handtuch und begann sich trockenzurubbeln. „Ich würde auch lieber was über Ihr Leben erfahren, Kapitän. Unter meinen bescheidenen Eigenschaften steht Neugier mit an erster Stelle. Na los, Kapitän, wer sind Sie denn nun wirklich?“
„Jemand mit Ihren Fähigkeiten sollte doch keine Probleme haben, das selbst herauszufinden“, gab er zurück.
Melantha lachte auf und warf mit ihrem Handtuch nach dem Lautsprecher an der Wand.
Mittlerweile rätselten alle Passagiere an Royds Identität immer dann herum, wenn sie der Meinung waren, er könne sie nicht hören. „Da redet er nun mit uns, aber wir können ihn nicht mal sehen“, beklagte sich der Kybernetiker. „Außer ihm gibt es keine anderen Besatzungsmitglieder mehr. Warum ist dieses Schiff dann nicht überhaupt vollautomatisiert? Ich bin der Meinung, daß Royd in
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