Kopernikus 2
Wirklichkeit ein ausgefuchstes Computersystem ist, mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattet. Heutzutage kann man bereits ein nur mittelmäßiges Computersystem mit einem aktiven Kommunikator ausstatten, dessen Akustik die Illusion einer menschlichen Stimme hervorruft.“
Royd amüsierte sich über solche und ähnliche Vermutungen.
Der Telepath war ein zerbrechlich wirkender junger Bursche, nervös, ultrasensibel, mit dünnem Flachshaar und wäßrigen blauen Augen. Er suchte Karoly d’Branin in dessen Kabine auf, kam in die schrankgroße Schlafzelle und bat den Universalisten um ein Gespräch. „Ich fühle es“, sagte er, völlig aufgeregt. „Irgend etwas ist hier faul, Karoly, es stinkt förmlich. Ich bekomme es langsam mit der Angst zu tun.“
D’Branin zeigte sich erschrocken. „Angst? Ich verstehe dich nicht, mein Freund. Wovor kannst du dich fürchten?“
Der junge Mann schüttelte seinen Kopf. „Ich weiß es ja nicht, das ist das Schlimme“, stieß er hervor. „Ich weiß es bei Gott nicht. Aber da ist etwas. Ich kann es fühlen, ich bin mir dessen völlig sicher. Hör mir zu, Karoly, ich wittere da etwas. Du weißt genau, daß ich dir nichts vormache. Du weißt, daß ich kein Anfänger in meinem Fach bin, deshalb hast du mich ja auch eingestellt. Ich gehöre zur obersten Kategorie der Telepathen und habe alle Tests bestanden. Du kannst mir wirklich glauben, daß ich Angst habe. Ich kann etwas spüren, etwas sehr Gefährliches. Etwas Schemenhaftes – und sehr Fremdes.“
„Meine Volcryn ?“ fragte d’Branin.
„Ausgeschlossen, völlig unmöglich. Bedenken Sie doch – wir fliegen mit Überlichtgeschwindigkeit, und sie sind Lichtjahre entfernt.“ Sein Lachen klang verzweifelt. „So gut bin ich nun auch wieder nicht, lieber Karoly. Ich habe zwar deine Geschichte von den Crey gehört, aber schließlich bin ich ja nur ein Mensch. Nein, das, was ich fühle, ist sehr nahe. An Bord unseres Schiffes.“
„Einer von uns etwa?“
„Vielleicht“, sagte der Telepath. „Ich kann es nicht herausfinden.“
D’Branin seufzte und legte mit väterlich wirkender Geste dem jungen Mann seine Hand auf die Schulter. „Ich danke dir sehr, daß du mich aufgesucht hast, aber ich kann doch nichts unternehmen.
Mir sind die Hände gebunden, bis du als unser Experte etwas Konkretes herausgefunden hast. Dieses Gefühl, das dich da beschleicht – könnte es nicht sein, daß du einfach nur übermüdet bist? Wir sind ja alle ganz schön gestreßt. Diese Untätigkeit, zu der wir verurteilt sind, kann so etwas schon mal hervorrufen.“
„Ich weiß, daß ich mich nicht täusche“, sagte der Telepath mit Bestimmtheit, verließ dann aber die Kabine, ohne sich weiter zu versteifen.
Kaum war er fort, da stattete d’Branin der Psi-Expertin einen Besuch ab. Sie lag in ihrem Schlafnetz und beklagte sich bitterlich über Kopfschmerzen. Überall in ihrer Reichweite standen Medizinfläschchen herum. „Das ist ja ausgesprochen interessant“, meinte sie, als sie d’Branins Bericht gehört hatte. „Auch ich habe irgend etwas gefühlt, einen Hauch der Bedrohung, sehr diffus und verschwommen. Ich dachte mir jedoch, dieses Gefühl käme aus mir selbst heraus, als Reaktion auf unsere beengte Situation, die Langeweile. Meine Stimmungen sind bisweilen recht trügerisch. Hat er sich denn genauer geäußert?“
„Nein.“
„Ich will mal versuchen, aufzustehen und seinen Geist zu ergründen. Auch bei den anderen will ich es mal probieren. Mal sehen, was dabei herauskommt. Wahrscheinlich nicht viel, denn wenn einer was herausbekommt, ist unter Garantie er es, weil er zur ersten Klasse der Telepathen gehört, ich jedoch nur zur dritten.“
D’Branin nickte. Er fühlte sich beruhigt. Später, als alle anderen bereits schlafen gegangen waren, bereitete er sich eine Tasse Schokolade zu und unterhielt sich mit Royd die ganze Pseudonacht über, allerdings ohne auch nur mit einem Wort den Telepathen zu erwähnen.
„Ist euch schon mal die Kleidung aufgefallen, die er immer trägt, wenn er seine Projektion schickt?“ fragte der Xenobiologe seine Mitreisenden. „Mindestens seit zehn Jahren aus der Mode. Ich glaube nicht, daß er in Wirklichkeit so aussieht. Vielleicht ist er auch verkrüppelt, hat irgendeine Krankheit und schämt sich über sein Aussehen. Es kann doch gut sein, daß seine Krankheit ansteckend ist, vielleicht hat er die schleichende Pest, die – wie ihr sicher wißt – einen Menschen grauenhaft
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